Ich weiß, dass ich ein Fuß­baller bin, der in den drei wohl här­testen Ligen der Welt gespielt hat. Ich hatte das Glück, sowohl von meinen Mit­spie­lern als auch meinen Trai­nern große Unter­stüt­zung zu erfahren, wäh­rend ich in der Bun­des­liga, La Liga und der Pre­mier League spielte. Und zusätz­lich dazu, über meine gesamte Kar­riere, habe ich gelernt, mit den Medien umzu­gehen.

Eine Menge Men­schen reden über meine Leis­tungen – viele applau­dieren und viele kri­ti­sieren. Wenn eine Zei­tung oder ein Experte einen Fehler in meinem Spiel findet, dann kann ich das akzep­tieren – ich bin kein per­fekter Fuß­baller, oft­mals moti­viert mich das, härter zu arbeiten und zu trai­nieren. Was ich aber nicht akzep­tieren kann, sind deut­sche Medien, die wie­der­holt meine dop­pelte Her­kunft und ein ein­fa­ches Bild als Schul­digen aus­ma­chen für die schlechte Welt­meis­ter­schaft einer ganzen Mann­schaft.

Gewisse deut­sche Zei­tungen benutzen meine Her­kunft und ein Foto mit Prä­si­dent Erdogan für Pro­pa­ganda vom rechten Flügel und um ihre poli­ti­schen Absichten vor­an­zu­treiben. Warum sonst benutzten sie Bilder und Über­schriften mit meinem Namen als direkte Erklä­rung für die Nie­der­lage in Russ­land? Sie haben nicht meine Leis­tung kri­ti­siert, sie haben nicht die Mann­schafts­leis­tung kri­ti­siert, sie haben ein­fach nur meine tür­ki­schen Wur­zeln kri­ti­siert und meinen Respekt vor meiner Erzie­hung. Damit ist eine Grenze über­schritten, die nie­mals über­schritten werden sollte, da Zei­tungen ver­su­chen, die deut­sche Nation gegen mich auf­zu­bringen.

Was mich ebenso ent­täuscht, ist die Dop­pel­moral der Medien. Lothar Mat­thäus (ein Ehren-Kapitän der deut­schen Natio­nal­mann­schaft) hat sich vor ein paar Tagen mit einem anderen Welt-Führer getroffen (Vla­dimir Putin, Anm. d. Red.) und so gut wie keine mediale Kritik geerntet. Trotz seiner Rolle im DFB hat man ihn nicht auf­ge­for­dert, sich öffent­lich zu erklären und er reprä­sen­tiert wei­terhin die deut­schen Spieler, ohne irgend­einen Ver­weis. Wenn die Medien finden, dass ich aus dem Welt­meis­ter­schafts­kader hätte aus­ge­schlossen werden sollen, sollte er doch sicher­lich seine Ehren­spiel­füh­rer­schaft ver­lieren? Machen mich meine tür­ki­schen Wur­zeln zu einem loh­nens­wer­teren Ziel?

Ich habe immer gedacht, dass eine Part­ner­schaft“ Unter­stüt­zung ein­schließt, sowohl in guten als auch in schwie­ri­geren Situa­tionen. Neu­lich plante ich, meine frü­here Schule Berger-Feld in Gel­sen­kir­chen zu besu­chen, zusammen mit zwei wohl­tä­tigen Part­nern. Ich finan­ziere ein Pro­jekt über den Zeit­raum von einem Jahr, in dem Immi­granten-Kinder, Kinder aus armen Fami­lien und andere Kinder mit­ein­ander Fuß­ball spielen können und soziale Regeln für das Leben lernen. Aller­dings, ein paar Tage vor dem Termin ver­ließen mich meine soge­nannten Partner“, die nicht länger mit mir zusam­men­ar­beiten wollten. Zusätz­lich teilte mir die Schule mit, dass sie mich nicht länger vor Ort haben wolle, weil sie die Medien fürchten würden“, in Folge meines Bildes mit Prä­si­dent Erdogan, ganz beson­ders, da die Partei vom rechten Flügel in Gel­sen­kir­chen auf dem Vor­marsch sei“. Um ganz ehr­lich zu sein, das tut wirk­lich weh. Obwohl ich ein Schüler von ihnen war, fühle ich mich unge­wollt und nicht würdig ihrer Zeit.

Zusätz­lich ent­sagt sich ein wei­terer Partner. Da sie auch ein Sponsor des DFB sind, wurde ich gebeten, an Promo-Videos für die Welt­meis­ter­schaft mit­zu­wirken. Direkt nach dem Bild mit Prä­si­dent Erdogan wurde ich aus der Kam­pagne ent­fernt und alle Pro­mo­tion-Akti­vi­täten, die mit mir geplant waren, wurden gestri­chen. Für sie war es nicht länger gut, mit mir gesehen zu werden und sie nannten die Situa­tion Krisen-Manage­ment“. Das ist alles iro­nisch, weil ein deut­sches Minis­te­rium erklärte, dass ihre Pro­dukte ille­gale und unaut­ho­ri­sierte Soft­ware beinhalten würden, die Kunden gefährden würden. Hun­dert­tau­sende ihrer Pro­dukte werden zurück­ge­rufen. Wäh­rend ich kri­ti­siert wurde und gebeten, mich gegen­über dem DFB zu recht­fer­tigen, wurde keine offi­zi­elle und öffent­liche Erklä­rung vom DFB-Sponsor ver­langt. Warum? Liege ich richtig mit der Annahme, dass das schlimmer ist als ein Bild mit dem Prä­si­denten des Landes meiner Familie? Was hat der DFB zu all dem zu sagen?

Wie schon gesagt, Partner sollten immer zu einem halten. Adidas, Beats und BigShoe waren extrem loyal und es war groß­artig mit ihnen in dieser Zeit zu arbeiten. Sie stehen über dem Unsinn, den deut­sche Medien krei­iert haben, und wir setzen unsere Pro­jekte in pro­fes­sio­neller Art und Weise fort, von der ich wirk­lich froh bin, ein Teil zu sein. Wäh­rend der Welt­meis­ter­schaft arbei­tete ich mit BigShoe und half, 23 jungen Kin­dern eine lebens­wich­tige Ope­ra­tion in Russ­land zu ermög­li­chen, was ich zuvor schon in Bra­si­lien und Afrika getan habe. Das ist für mich das aller­wich­tigste, was ich als Fuß­ball­spieler tue, doch die Zei­tungen finden keinen Platz, dafür eine Auf­merk­sam­keit zu schaffen. Für sie ist es von mehr Bedeu­tung, wenn ich aus­ge­buht werde oder ein Bild mit einem Prä­si­denten mache, als wenn ich Kin­dern welt­weit helfe, eine Ope­ra­tion zu bekommen. Auch sie haben eine Platt­form, Auf­merk­sam­keit und Geld zu gene­rieren, doch sie ent­scheiden sich, es nicht zu tun.

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Hier geht es zum ersten Post, in dem sich Özil zum Foto mit dem tür­ki­schen Prä­si­denten Erdogan äußert »>