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Tor­wart: Holger Gehrke

In den ersten Jahren der Fuß­ball­be­geis­te­rung ver­strömen alle Fuß­baller für kleine Kinder noch eine unheim­liche Magie – selbst wenn sie Holger Gehrke heißen. Der Tor­wart von Schalke hatte im Herbst 1993 einen gewissen Jens Leh­mann im Tor abge­löst und er war in meinen Erin­ne­rungen vor allem eines: unglaub­lich groß. Damals schätzte ich ihn auf unge­fähr drei­ein­halb Meter. Als ich einmal im Sta­dion war, bil­dete ich mir ein, dass er aus dem Stand den Schnee von der Tor­latte gewischt hatte. Ich weiß nicht, wie ich darauf kam, aber meine Klas­sen­ka­me­raden in der Grund­schule glaubten mir aufs Wort. Dieser Holger Gehrke musste der wohl größte Mensch der Welt sein.

Wir schossen zu dieser Zeit mit einem Leder­ball auf ein Gara­gentor und spielten die Bun­des­liga nach, die wir kurz zuvor im Radio gehört hatten (und allein dieser Satz lässt mich schon wie einen sehr alten Mann wirken). Schalke verlor in Stutt­gart mit 0:3 und wir pöhlten uns die Seele aus dem Leib. Das Gara­gentor jaulte, ein Schild daneben für eine Ha-Ra-Ver­triebs­stelle (es war die Zeit, in dem in Wohn­zim­mern Tup­per­par­ties und Rei­ni­gungs­mit­tel­ver­käufe statt­fanden) ging zu Bruch. Doch Schalke drehte die Partie in unserem Nach­spiel sen­sa­tio­nell noch mit 9:3. Und Holger Gehrke hielt wieder einmal sen­sa­tio­nell.

Ver­tei­diger: Roberto Carlos

Mus­tafa, Philipp, Rafael und ich kickten in den Ferien tage­lang im Hof auf kleine Holz­tore, die Phil­ipps Vater zusam­men­ge­zim­mert hatte. Immer 1 gegen 1 oder 2 gegen 2. Das ging teil­weise den ganzen Tag so, jeder bekam mor­gens vier oder fünf Teams zuge­wiesen, für die er stell­ver­trend das WM-Tur­nier durch­spielte. Pause gab es nur, um an der Bude Ess­pa­pier, Cola, Lakritze, Fuß­ball-Bil­ders und für fuff­zich Pfen­nich von der Nummer 23“ zu holen. Mus­tafa war ein unglaub­lich guter Dribbler, Fum­mel­kö­nich“ sagte man auch. Den­noch spielte er damals noch bei uns im Verein in der Abwehr – eben wie Roberto Carlos. Ich erin­nere mich noch, wie wir stun­den­lang pro­bierten, das Tor von Roberto Carlos gegen Frank­reich nach­zu­ahmen. Ein Tor, das man nunmal nicht kopieren kann. Wir schossen alles kaputt, was irgendwo her­um­stand. Dann irgend­wann gaben wir auf und holten noch eine Runde Ess­pa­pier.

Ver­tei­diger: Johan de Kock

Johan de Kock steht an dieser Stelle für all die anderen Euro­fighter, mit denen diese Wunschelf eigent­lich gespickt sein müsste: Thon, Wil­mots, Nemec, Büs­kens usw. Eigent­lich ist es noch heute ein Rätsel, wie diese Mann­schaft der Nobodys 1997 mit Schalke den Euro­pa­pokal gewinnen konnte. Das Wort Sen­sa­tion“ ist eigent­lich nicht aus­rei­chend. De Kock schmiss sich in jeden Zwei­kampf, er schaffte es in der Abwehr mit Linke, Thon und Leh­mann, in allen Heim­spielen des Uefa-Cups ohne Gegentor zu bleiben. Und: Er spielte trotz Schmerzen. Marc Wil­mots sagte einmal: Alle haben den Körper hin­ge­halten. Dieser Euro­pa­pokal hat vier bis fünf Inva­lide her­vor­ge­bracht.“ Er meinte auch de Kock damit.

So etwas ver­gessen die Leute nicht. Beim Cham­pions Legue-Vier­tel­fi­nal­spiel von Schalke in Bar­ce­lona 2008 (lange nach de Kocks Kar­rie­ende) sah ich, wie er von den Fans auf Schul­tern getragen wurde. Sie schenkten ihm ihr Bier, manche wollten los­rennen und extra neues Bier kaufen, um es ihm zu schenken. Ich muss häufig noch an diese Szenen denken, wenn Spieler den Verein wech­seln mit der Begrün­dung, sie suchten neue Her­aus­for­de­rungen und Ziele, sie wollten Titel holen. Johan de Kock war kein großer Tech­niker, kein Star, kein Tro­phä­en­sammler – und trotzdem wurde er lange nach seiner Kar­riere noch derart auf­richtig ver­ehrt. Ich glaube, so etwas kann man in Titeln gar nicht auf­rechnen. Höchs­tens in Frei­bier.

Ver­tei­diger: Vin­cent Kom­pany

2006 war ich mit einigen Freunden im Spa­nien-Urlaub. In einer Kneipe trafen wir auf sechs rot­ze­volle Bel­gier, die sämt­liche Geträn­kevor­räte leer­ge­trunken hatten und von denen einer ver­suchte, mit dem Bar­ho­cker die Decken­lampe aus­zu­knipsen. Mit einem der Bel­gier kamen wir tat­säch­lich in eine Art Gespräch“, in dem er immer wieder einen Namen wie­der­holte: Kom­pany! Kom­pany! Kom­pany!“ Der war gerade zum HSV gewech­selt und laut unserer Bekannt­schaft der begna­detste Fuß­baller über­haupt. Doch ich zwei­felte: Zum einen war der Mann sturz­be­soffen, zum anderen ging es hier um den HSV.

Ich habe in den fol­genden Jahren meine Mei­nung geän­dert. Kom­pany ist ein unglaub­li­cher Spieler. Ich finde, er hat etwas, das sehr gute Abwehr­spieler von guten unter­scheidet: Timing. Er dreht sich zum rich­tigen Zeit­punkt, er setzt den Körper zum rich­tigen Zeit­punkt ein, er steht fast immer richtig. Es wirkt, als hätte er das Spiel und die Bewe­gungen seiner Gegen­spieler ein­fach aus­wendig gelernt. Als könne ihn nichts über­ra­schen. Irgend­wann stimme ich viel­leicht mit dem besof­fenen Bel­gier aus Spa­nien an: Here is to you, Vin­cent Kom­pany, Bel­gium loves you more than you will know.“

Defen­sives Mit­tel­feld: Patrick Vieira

Wie Johan de Kock steht auch Vieira in dieser Elf für all die Aus­nah­me­spieler einer ganzen Mann­schaft: die Invin­ci­bles“. Arsenal 2004 mit Henry, Pires, Ljung­berg usw. Vieira ver­band Ath­letik mit Technik, die (Blut-)Grätsche mit dem feinen Pass in die Spitze, er war die Antriebs­feder hinter all den Künst­lern, das Herz der Unbe­sieg­baren“. Man musste kein Fan von Arsenal sein, um von diesem Team und eben von Vieira voll­ends fas­zi­niert gewesen zu sein. Und die außer­ge­wöhn­lich gute Doku über Vieira und Roy Keane Best of Enemies“ ver­deut­licht, wie sehr sich der Fran­zose mit Arsenal iden­ti­fi­ziert. Beim Tisch­ge­spräch mit Keane ist die Luft zum Schneiden, als es um den fast zehn Jahre zurück­lie­genden van-Nis­tel­rooy-Vor­fall geht. Keane sti­chelt immer wieder, pro­vo­ziert – und Vieira gibt ihm beharr­lich Contra. Kein Wunder, schon auf dem Platz hat keiner der beiden je zurück­ge­zogen.