Diego Maradona hat einen neuen Job. Und große Ziele. Die Vorstellung bei seinem neuen Arbeitgeber lässt allerdings Zweifel aufkommen.
Wenn Diego Armando Maradona irgendwo Präsident ist, dann in seinem ganz eigenen Reich. Diesem Absurdistan, das in seinem Kopf zu herrschen scheint, das ihn von einem skurrilen, bemitleidenswerten Auftritt zum nächsten wanken lässt.
Eben noch spukte er, einer der größten Fußballer der Geschichte, dieser 1,65 Meter winzige Gigant, in den Ehrenlogen der WM-Stadien in Russland umher. Ließ seinen zur schwerfälligen Tonne mutierten, 57 Jahre alten Körper über die Brüstung hängen, verteilte Mittelfinger und erlitt Schwächeanfälle.
Präsident ist nur einer
Jetzt trat er die nächste Etappe seiner ganz persönlichen Tour de Farce an. Willkommen in Weißrussland. Und Glückwunsch zum neuen Job als Vorstandsvorsitzender in Brest.
Dort, wo er nicht Präsident genannt werden darf, weil sich in Weißrussland so nur einer nennt: Alexander Lukaschenko, den Kritiker „Europas letzten Diktator“ schimpfen. Mit so einem legt man sich besser nicht an. Selbst dann nicht, wenn man über die Hand Gottes verfügt.
Funkelnde Ringe
Maradona wird es auch herzlich egal sein, wie sein neuer Posten beim eher durchschnittlichen Team von Dinamo Brest nun offiziell benannt ist. Hauptsache die Kasse stimmt. Und die Kasse stimmt. 20 Millionen Dollar soll er für den Dreijahres-Vertrag erhalten. Hauptsache er muss nicht mehr den Trainer mimen. Lief zuletzt auch eher so mittel bei Al-Fujairah SC, zweite Liga in Saudi-Arabien. Aufstieg um jeden Preis? Verpasst.
Also freute er sich bei der Pressekonferenz, zu der er nach der Landung mit dem Privatjet chauffiert wurde, auch pflichtschuldig über die ihm nun gestellte Aufgabe, nämlich den Klub durch seine Führung dorthin zu bringen, wo er nie zuvor war: ganz nach oben. Viel mehr allerdings freute sich Maradona noch über die zwei mächtig funkelnden Ringe, die ihm im Rahmen der PK an die schwülstigen Finger gehauen wurden. Da war er wieder, der Genussmensch Diego, der sich so wunderbar kindisch und rein freuen kann. Und sei es über ein Stück Fleisch:
Womöglich täuscht der Eindruck ja auch, hier wolle sich ein Verein mit aller Macht und viel Geld ein bisschen Aufmerksamkeit kaufen. Womöglich nimmt es Maradona auch Ernst. Er wolle durchaus in Weißrussland leben, sagt er: „Als ich klein war, hatte ich keine Schuhe und bin barfuß gegangen. Also habe ich keine Angst vor Schnee.“ Und fleißig Russisch übe er auch.
Bis Maradona kam
Womöglich weiß der Verein aber auch einfach nicht, was er tut. Bevor Maradona nach Brest kam, sicherte sich der Klub bereits die Dienste eines weiteren weltbekannten Ex-Profis – Valdas Ivanauskas, Stürmer-„Legende“ des Hamburger SV. Der nun als Sportdirektor fungiert. Und für die ersten sechs Spiele der bereits laufenden Saison Chef welchen Trainers war? Richtig, Radek Latal, Schalker Legende und auch heute noch das große Idol aller Nachwuchsschreckgespenster. Der Fall, könnten Spötter meinen, ist also klar: In Brest kauft man nur nach Namen ein.
Maradonas Einstand immerhin war ein Hingucker. Bisschen weißrussischen Boden küssen, bisschen Winke-Winke, bisschen Parade abnehmen lassen – in einem Auto, so absurd wie Maradona selbst. Später kam er damit im Stadion von Dinamo Brest an, dem GOSK Brestskiy. Fassungsvermögen: 10.169 Plätze. Zustand: fragwürdig. Er kam zum Spiel seines neuen Klubs, aktuell auf Platz 6 der Liga. Seit zehn Spielen hatte es keine Niederlage mehr gegeben. Bis Maradona kam. Und Brest gegen Soligorsk mit 1:3 verlor.
Viel Arbeit in Absurdistan.