Lars Stindl, Sie sind als Fan des KSC Mitte der Neun­ziger groß geworden. Wir haben Ihnen mal ein Mann­schafts­bild von 1994 mit­ge­bracht…

Ah, da sind sie ja alle. Rainer Schüt­terle. Rainer Krieg, der war später noch mein Trainer. Gun­ther Metz, Sergej Kir­jakow, der beste Zeit­spieler der KSC-Geschichte! Winnie Schäfer, Doc Löhr, Heiko Bonan …

Sie erkennen immer noch alle Spieler?
Ja sicher, Burk­hard Reich, Slaven Bilic, Euro-Eddy, Schnibbel-Manni, ach, Wittel. (Michael Wittwer, d. Red.) Und natür­lich Icke“ Häßler. Die Tri­kots mit seinem Namen hinten drauf habe ich bis heute auf­be­wahrt. Ich hatte zum Glück immer im Sommer Geburtstag, also schenkten mir meine Eltern jedes Jahr das neue Trikot. Hier, Schmider, den kennt man natür­lich, Stich­wort Pro­jekt KSC 2000“, die großen Pläne – und dann war der Klub im Jahr 2000 in der dritten Liga.

Wann waren Sie zum ersten Mal im Sta­dion?
Das muss 1996 gewesen sein, an die Begeg­nung erin­nere ich mich nicht mehr genau. Aber es war die Zeit, als Icke jeden Frei­stoß rein­zim­merte. Da war ich natür­lich begeis­tert, obwohl ich das Spiel an sich noch gar nicht richtig ver­standen hatte. Wir unter­nahmen Sam­mel­aus­flüge“ mit der gesamten Familie: Opa, Papa, Onkel, mein Cousin, ich. Nach den Spielen habe ich dann alle auf dem Bolz­platz nach­ge­ahmt, Häßler und Kiki“ natür­lich. Später wurden dann Zidane und Figo meine ersten Vor­bilder, die nicht vom KSC kamen.

Heute tragen die Kinder auf dem Bolz­platz sel­tener Tri­kots von ihren regio­nalen Teams, son­dern direkt die von Messi und Ronaldo.
Das stimmt, Kinder werden auch durch die mediale Beglei­tung vor allem auf die Super­stars getrimmt, auf die Cham­pions League. Die Sender stellen sie nicht mehr nur als Fuß­baller, son­dern als Pop­stars dar. Ich hoffe trotzdem, dass die regio­nale Bezie­hung zum Verein erhalten bleibt. Die Kinder sollten auch von anderen Fak­toren eines Ver­eins ange­zogen werden, bei­spiels­weise der Tra­di­tion beim KSC oder bei der Borussia. 

Viele haben viel­leicht auch des­wegen inter­na­tio­nale Lieb­lings­klubs, weil die Spiele von überall und zu jeder Tages- und Nacht­zeit im Fern­sehen über­tragen werden.
Als ich auf­wuchs, habe ich mich sams­tags auf ran“ und sonn­tags auf ranis­simo“ gefreut. Nur ein Spiel wurde live über­tragen. Wäh­rend­dessen gab es ledig­lich bei Toren Ein­blen­dungen von anderen Spielen. Eine Lauf­schrift: Die Mann­schaft, die getroffen hatte, war orange unter­legt, die andere weiß.

Glauben Sie, dass heute zu viel Fuß­ball über­tragen wird?
Wäh­rend der Olym­pi­schen Spiele in Rio habe ich auch die Ver­gleiche gesehen, wie viel an TV-Prä­mien im Fuß­ball und im Gegen­satz dazu in anderen Sport­arten aus­ge­schüttet wird. Natür­lich leiden die anderen Sport­arten unter dem Hype, der um den Fuß­ball herrscht. Auf der anderen Seite ist es für die Fans doch cool, jeden Tag ein Spiel sehen zu können. Aber Sie wollen sicher­lich auf das Allein­stel­lungs­merkmal“ hinaus … (Grinst.)

Das wäre die nächste Frage gewesen. In einem Inter­view mit dem Blog Mit­Ge­dacht“ haben Sie sich gegen die Zer­stü­cke­lung des Spiel­tags aus­ge­spro­chen.
Ja, ich sehe es auch noch immer so, dass Fuß­ball am Samstag um 15.30 Uhr statt­finden sollte. Und dass wir uns in Deutsch­land dieses Allein­stel­lungs­merkmal nicht kaputt­ma­chen sollten. Momentan stehen wir an einer Schwelle: Keiner weiß, wie die Ein­nahmen durch Fern­seh­rechte oder die Märkte in Eng­land und China den Fuß­ball ver­än­dern werden. Die Summen steigen in die Höhe, jeder will da mit­halten. Nur: Es gibt bestimmte Werte, die man im deut­schen Fuß­ball ver­tei­digen sollte. Gene­rell finde ich: Ver­än­de­rungen lassen sich nicht auf­halten, aber man sollte es nicht über­reizen.