Andreas Koch war unter­wegs zum Fuß­ball­tennis, aber das wusste er zu diesem Zeit­punkt noch nicht. Es war in der Saison 1982/83, Koch spielte beim FSV Frank­furt in der Zweiten Liga und zwei Wochen zuvor hatte der Tabel­len­neun­zehnte über­ra­schend For­tuna Köln mit 2:0 geschlagen, die Mann­schaft um Dieter Schatz­schneider. Jetzt war Koch auf dem Weg in die Eifel, zusammen mit zwei Team­kol­legen und Trainer Horst Heese, um sich mit For­tuna-Boss Hans Jean“ Löring zu Ver­trags­ge­sprä­chen zu treffen. Zuvor ser­vierte Lörings attrak­tive Ehe­frau in der Prä­si­den­ten­villa aller­dings erst einmal Kaffee und Kuchen. Im Anschluss bot uns Jean Löring ein Fuß­ball­tennis-Match gegen ihn an, auf dem haus­ei­genen Platz“, erin­nert sich Koch. Sollten wir gewinnen, durften wir unser Gehalt selbst bestimmen.“

Hans oder Jean Löring, den alle nur kölsch Schäng“ nannten, war der Mann, der dem Kölner Stadt­teil­klub SC For­tuna im Allein­gang 26 Jahre in der Zweiten Bun­des­liga ermög­lichte. Er war Zocker, Inte­rims­trainer und, wenn es sein musste, auch Weih­nachts­mann. Beim Fuß­ball­tennis hat ihn in all der Zeit nur einer geschlagen. Der iri­sche Mit­tel­feld­spieler Noel Camp­bell ver­diente in der Kölner Süd­stadt anschlie­ßend auch dem­entspre­chend gut.

Als Spieler bei Ale­mannia Aachen und Vik­toria Köln hatte Löring sich das Start­ka­pital erar­beitet, das ihm seinen wirt­schaft­li­chen Auf­stieg ermög­lichte. Der Elek­triker erschuf ein kleines Finanz­im­pe­rium, die Basis dafür waren Firmen für Rohr­lei­tungsbau, Indus­trie­rei­ni­gung und die Ent­wick­lung von Kunst­rasen. Er kaufte die Schall­plat­ten­firma Ariola, über­nahm die Kölner Nacht­clubs Marco Polo“ und Land­lord“ und leis­tete sich ein Eifel­schloss als Wochen­end­haus. Mitte der sieb­ziger Jahre war er der Chef von 300 Fest­an­ge­stellten. Seine große Liebe aber blieb die For­tuna. Löring, Mit­glied seit 1946, wurde 1962 zum Prä­si­denten gewählt. Inner­halb von fünf Jahren führte er den Klub aus der Bezirks­klasse in die zweit­höchste Liga. Manchmal stand der Trainer nur auf dem Papier und es spielten Lörings Lieb­lings­ki­cker.

Hand­gelder in Gold­barren

Die Münchner Sport-Illus­trierte“ cha­rak­te­ri­sierte den For­tuna-Macher als typisch Kölner Mischung aus Schlitz­oh­rig­keit und Treu­her­zig­keit, aus Ade­nauer und Mil­lo­witsch“. Schon bis zum Erst­li­ga­auf­stieg 1973 (es blieb ein ein­ma­liges Gast­spiel) hatte er 2,5 Mil­lionen Mark aus seinem eigenen Ver­mögen zuge­schossen. Der kleine dicke Mann“, wie ihn Tor­wart Jacek Jarecki einmal nach einer Partie Fuß­ball­tennis nannte, machte den Stadt­teil Zoll­stock zum zweiten Kölner Fuß­ball­mekka neben Mün­gers­dorf. Ver­träge wurden auch mal auf Bier­de­ckeln unter­zeichnet, erin­nert sich der Gha­naer Hans Sarpei, der zwei Jahre lang im Süd­sta­dion auf­lief. Hand­gelder wurden gele­gent­lich in Gold­barren aus­ge­zahlt, weil Löring gerade, warum auch immer, ein paar davon im Keller her­um­liegen hatte. Es galt der Grund­satz: Wenn der Schäng“ etwas zusagte, dann küm­merte er sich auch darum.

Schon in den frühen Jahren floss der Schampus. Der spä­tere Coach Hannes Linßen, der immer irgendwie wie Krusty, der Clown“ aussah, war in der Saison 1974/75 noch als Spieler dabei. Er erin­nert sich an eine abend­liche Bespre­chung vor dem Spiel bei der Spiel­ver­ei­ni­gung Erken­sch­wick und an eine eher unge­wöhn­liche Sieg­prämie. Die For­tuna, die in der Bun­des­liga erwar­tungs­gemäß nur einen Sommer getanzt hatte, war im Unter­haus noch unge­schlagen. Nun sagte der Schäng“ vor ver­sam­melter Mann­schaft: Jungs, wenn ihr morgen gewinnt, bekommt jeder von euch 800 Mark auf die Hand. Aber wenn ihr ver­liert, muss jeder 400 Mark zahlen.“ Die Spieler schlugen ein, weil sie sich stark genug wähnten, und ver­loren 2:5. Jeder musste in der Woche danach im Büro antanzen und 400 Mark ablie­fern.

Als Horst Buhtz For­tuna-Trainer war, ließ ihm Löring beim abend­li­chen Steak­essen eine panierte Schuh­sohle ser­vieren. Co-Trainer Dieter Epstein wurde von ihm ent­lassen, weil sein Sohn, Tor­jäger in For­tunas C‑Jugend, zu Bayer Lever­kusen wech­selte. Einmal schrieb er auf den Spiel­be­richts­bogen: Alles gelogen.“ Es exis­tieren viele Legenden über Jean Löring, nicht alle davon stimmen. Einmal soll er nach einem Flut­licht­aus­fall ein Strom­kabel eigen­händig repa­riert haben, um einen Spiel­ab­bruch zu ver­hin­dern. In Wahr­heit hat er in der Kabine ein­fach an ein paar Knöpfen gedreht und zwei Kabel gegen­ein­ander gehalten, weil ein Foto­graf in diesem dunklen Moment nicht von seiner Seite gewi­chen war. Am nächsten Tag war das Bild in der Zei­tung und die Geschichte in der Welt, auch weil sie so gut zum Stark­strom­funk­tionär passte.