Heute ist der internationale Tag gegen Homophobie. Wir fragten uns, wie die Situation in deutschen Stadien aussieht und sprachen mit Christian Rudolph, der sich gegen Homophobie im Fußball einsetzt.
Herr Rudolph, sind Sie an jedem Wochenende im Stadion?
Naja, zumindest unser Banner hängt an fast jedem Wochenende in irgendeinem Stadion.
Was hat es mit diesem Banner auf sich?
Das war anfangs eine Einzelaktion von Tennis Borussia Berlin Fans, zu denen auch ich zähle. 2011 hatten wir die Idee ein Banner zu malen, um auf das Thema Homophobie im Fußball aufmerksam zu machen. Auf dem Banner küssen sich zwei männliche Fußballer vor der Regenbogenfahne, links davon steht unser Slogan. Das Banner schickten wir dann zu befreundeten Vereinen, damit es dort für einen Spieltag in der Kurve hängt. Das Banner ist erst ein Jahr später wieder bei uns gelandet, es tourte von Stadion zu Stadion.
Bei wie vielen Vereinen war das Banner mittlerweile?
Wir sind bei etwa 150 Stationen national. Dann noch etliche internationale Stationen, denn 2013 kam noch ein englisches Banner dazu. Das sieht gleich aus, nur lautet es hier eben „Football fans against homophobia“.
Ganz allgemein gefragt: Worin äußert sich Homophobie im Stadion?
Zum einen durch die direkte Ablehnung. Das heißt durch das lautstarke Äußern von Homophobie, wenn zum Beispiel „Schwuchtel“ gerufen wird oder homophobe Banner gezeigt werden.
Gibt es da aktuelle Fälle?
Spontan fällt mir ein Spruchband von Dortmund gegen Bremen ein, das ist allerdings schon ein paar Jahre her. Da hieß es: „Lieber eine Kurve in der Kritik, als Lutschertum & Homofick“. Das war schon sehr eindeutig. Dann gab es auch einen Angriff von BFC Dynamo Fans auf ein schwules Paar in unmittelbarer Nähe zum Stadion. Das Paar wurde zusammengeschlagen und schwer verletzt.
Worin äußert sich Homophobie im Fußball noch?
Da ist noch die Ablehnung schwul und lesbisch zu sein, durch witzige und abfällige Bemerkungen, die sich aber nicht direkt gegen Personen richten.
Was wäre dann eine vermeintlich witzige Bemerkung?
„Warmduscher“ oder „Spiel nicht wie ein Mädchen“. Oder wenn ein Trainer sagt: „Jetzt ist mal Schluss mit Schwuchtel-Training“. Das ist dann kein direkter Angriff. Aber die Leute sind sich oft nicht bewusst, wen sie damit ausgrenzen und was sie damit anrichten.
Wenn wir den deutschen Fußball im Jahr 2017 betrachten: Wo steht er hinsichtlich Homophobie in den Stadien?
Ich glaube, dass in den Fanszenen das größte Engagement stattfindet. Die Fans suchen das Gespräch mit Vereinen und Verbänden. Sie machen auch auf homophobe Aktionen aufmerksam und begleiten diese kritisch.