Investoren sichern sich die Transferrechte von Fußballprofis – ohne deren Wissen. Das zeigen die Fälle von zwei Spielern aus der Bundesliga.
Dieser Artikel erschien erstmals im März 2016. Hier geht es zum Interview mit Football Leaks.
Frankfurts Neuzugang Luc Castaignos lief mit ausgebreiteten Armen auf die Fans zu. Gerade hatte er innerhalb einer Viertelstunde einen Doppelpack gegen den 1. FC Köln geschossen, die Eintracht siegte an diesem vierten Spieltag 6:2. Nicht jeder Neueinkauf findet sich sofort in der Bundesliga zurecht, Castaignos sehr wohl.
In den ersten vier Spielen erzielte er vier Tore und gab zwei Vorlagen. Die Frankfurter Presse feierte ihn als „Versprechen für die Zukunft“. Im November verletzte sich Castaignos am Syndesmoseband, seitdem fällt er aus. Der Stürmer wurde dennoch zum internationalen Thema, ohne dass er auf dem Platz stand. Sein Fall steht exemplarisch für das Geschacher von Vereinen und Investoren um die Transferrechte von Profis. Durch geheime Deals sind Vereine dazu gezwungen, ihre Schlüsselspieler zu verkaufen. Die Spieler können zwar über den Transfer frei befinden – sie wissen aber nicht, wer dabei an ihnen mitverdient.
Worum geht es?
Im Sommer 2015 holte Eintracht Frankfurt den Stürmer Castaignos für wohl 2,5 Millionen Euro von Twente Enschede aus Holland. Von einem Verein, der momentan um seine Existenz bangt. Es droht der Lizenzentzug.
Twente hat illegale Absprachen mit der dubiosen Investorenfirma Doyen Sports getroffen und dem Verband entscheidende Vertragsdetails verschwiegen. Der Investor hat direkten Einfluss auf die Vereinspolitik ausgeübt. Zu diesem Ergebnis kam eine unabhängige Untersuchungskommission des Verbandes.
Doyen sitzt auf Malta und gilt als verschwiegener, aber mächtiger Player im weltweiten Handel mit Spielern. Jahrelang verdiente Doyen hohe Millionenbeträge durch den Erwerb von Transferrechten, besser bekannt als: Third Party Ownership (TPO). Seit Mai 2015 ist „TPO“ von der Fifa verboten, doch Experten vermuten, dass es im Geheimen weiter betrieben wird.
Wie lief der Deal um Castaignos?
Im Jahr 2013 sicherte sich Twente eine Zahlung von fünf Millionen Euro von Doyen und überließ dem Investor im Gegenzug Transferrechte-Anteile von sieben Spielern, einer von ihnen war Luc Castaignos. Bei ihm lag der Anteil am höchsten, Doyen erhielt 50 Prozent seiner Transferrechte. 11FREUNDE hat dazu interne Dokumente und E‑Mails geprüft, die die Plattform „Football Leaks“ öffentlich gemacht hat. In unserer aktuellen Ausgabe 172 findet sich der Bericht über den Fall Twente und die Macht fremder Investoren über Vereine.
Dabei wurde deutlich: Twente blieb im Sommer 2015 aufgrund der Verträge wohl keine andere Möglichkeit, als Castaignos zu verkaufen. Zudem soll der Investor mit 1,8 Millionen Euro den Löwenanteil der Ablösesumme erhalten haben, der Klub nur 700 000 Euro.
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Was wussten die Beteiligten?
„Es gab keinen Kontakt zu der von Ihnen genannten Firma, weder von Bruno Hübner noch von Luc Castaignos“ , teilt Eintracht Frankfurt auf Nachfrage mit. Hübner ist Sportdirektor der Eintracht. Castaignos’ Berater Maikel Stevens bestätigt gegenüber 11FREUNDE, weder er noch sein Spieler hätten Kontakt zu Doyen gehabt. Der Investor selbst ließ sämtliche Anfragen unbeantwortet. Twente wollte während der Untersuchung des Verbandes keine Stellungnahme abgeben.
Vereine und Geldgeber handeln Verträge über einen Profi aus – ohne dass der Spieler davon etwas ahnt. Doch Castaignos ist nicht der einzige betroffene Spieler aus der Bundesliga. Das belegen Dokumente auf der Plattform „Football Leaks“. Doyen erhielt auch Anteile an den Transferrechten von Josuha Guilavogui, derzeit Spieler beim VfL Wolfsburg. So steht es auch auf der Homepage des Unternehmens. Guilavogui ist derzeit von Atletico Madrid nach Wolfsburg ausgeliehen.