Der Streit zwischen Werder-Präsident Klaus Dieter Fischer und der SPD geht in die nächste Runde. Weil die Sozialdemokraten seinen Klub schröpfen wollen, um das riesige Haushaltsdefizit zu verringern, trat Fischer aus der SPD aus. Jetzt droht selbst die DFL mit rechtlichen Schritten. Wir haben 20 Anekdoten rund um „Fußball und Politik“ zusammengekratzt.
1
Das englische Aus im Halbfinale der WM gegen Deutschland kommentierte Helmut Kohl, man habe die Engländer in ihrem Nationalsport besiegt. Worauf die eiserne Lady Margaret Thatcher zurückgiftete: „Richten Sie ihm aus, dass wir die Deutschen in diesem Jahrhundert schon zweimal in ihrem Nationalsport besiegt haben.“
2
Ex-Außenminister Joschka Fischer urteilte wenig schmeichelhaft über seine fußballerischen Aktivitäten während seiner fettleibigen Phase: „Mittlerweile bin ich wieder zum Arbeitspferd im Mittelfeld aufgerückt, was aus nachvollziehbaren Gründen über Jahre nicht mehr möglich war. Mein Aktionsradius war mit diesem Übergewicht auf die Größe eines Bierdeckels zugeschnitten.“
3
Als Walter Eschweiler bei der WM 1982 über den Ball stolperte und zwei Zähne verlor, eilte der anwesende Außenminister Hans-Dietrich Genscher nach dem Spiel besorgt zu ihn und fragte ihn nach seinem Befinden. Die Antwort des Referees: „Lieber Herr Minister, außer dem angeborenen Dachschaden keine weiteren Verschlechterungen. “
4
Reichlich ungelenk ging der britische Unterhausabgeordnete Boris Johnson bei einem deutsch-englischen Benefizkick zu Werke und rammte einem deutschen Kicker seinen Kopf in den Bauch. Johnson anschließend bauernschlau: „Ich bin mit dem Kopf doch zum Ball gegangen, das ist doch im Fußball erlaubt.“ Eine Begründung, die auch Zidane vor der roten Karte heranzog.
5
In die große Politik zog es Winnie Schäfer. Seit 2004 ist Schäfer Gemeinderatsmitglied in Ettlingen. Der Blondschopf hatte für die neu gegründete Wählergemeinschaft „Für Ettlingen“ kandidiert, die auf Anhieb zweitstärkste Fraktion wurde, unter anderem mit dem Aufregerthema „Zentrumsnahe Parkplätze schaffen!“.
6
Der ehemalige DFB-Präsident Peco Bauwens wagte in seiner Festrede zum Titelgewinn 1954 einen bizarren Ausflug ins politische und dankte unter anderem dem „alten Germanengott“ Wotan für den Beistand.
7
Während sich bei späteren Weltmeisterschaften die Polit-Prominenz auf der Tribüne drängelte, glänzte die Politik bei der WM 1954 durch Abwesenheit. Zum Endspiel erschien kein einziger Bundesminister. Konrad Adenauer spielte lieber Boccia.
8
Auf die Theorie des linken Fußballs von Fußballvisionär Menotti entgegnete Johan Micoud einst: „Dann sind wir bei Werder Bremen wohl alle Sozialisten! Ich kannte diese Theorie nicht und sehe auch keinen so klaren Bezug zwischen Fußball und Politik. Ich selbst bin politisch eher bei den Grünen anzusiedeln.“ Eine Einstellung, die sich Micoud auch nach dem Fußballerleben erhalten hat: Heute besitzt er ein Weingut in Frankreich.
9
79 deutsche Spitzenpolitiker hatten entsprechend dem Protokollkonzept des Bundesinnenministeriums Anspruch auf freie Tickets für die Weltmeisterschaft 2006. Manch ein Politiker musste allerdings zuvor noch die Fakten büffeln, wünschte sich Wirtschaftsminister Glos doch ein Finale zwischen Deutschland und Österreich. Letztere waren allerdings gar nicht qualifiziert.
10
Ein politischer Multifunktionär ist Dušan Galis: Bis zum EM-Qualifikationsspiel gegen die deutsche Nationalelf im Oktober 2006 Nationaltrainer in der Slowakei, danach trat er zurück. Der Grund war nicht die herbe 1:4‑Niederlage, sondern die Anhäufung seiner Aufgaben und Ämter. Galis ist Abgeordneter des nationalen Parlaments und des Regionalparlaments von Bratislava sowie offizieller Sportbeauftragter der slowakischen Regierung. „Es ist nicht ideal, wenn der Nationaltrainer mehr Funktionen hat als ein japanischer Computer“, mahnte die linksliberale Tageszeitung „Pravda“.
11
Auf Landtagspapier versuchte der NPD-Funktionär Uwe Leichsenring sich beim Auswärtsspiel von Dynamo Dresden Zugang zum VIP-Raum des VfB Lübeck zu verschaffen. Die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag missbilligte das Verhalten, es sei der „fatale Eindruck“ entstanden, Leichsenring wolle „ungerechtfertigte Privilegien für Politiker“ nutzen. Schön allerdings die Einschränkung: Nicht zu beanstanden sei, dass er sich „als Sportpolitiker fachlich weiterbilden“ wollte. Bei Häppchen und Prosecco.
12
Kein deutscher Politiker war so oft in den WM-Stadien wie Angela Merkel. Die anfangs reservierte Kanzlerin gab alsbald die jubelnde Enthusiastin und drängelte sich beim letzten Spiel der deutschen Mannschaft sogar an Horst Köhler vorbei, als es um die Vergabe der Medaillen an die deutschen Spieler ging. Protokollarisch wäre der Bundespräsident an der Reihe gewesen. Eine Schnurre, die Innenminister Wolfgang Schäuble gerne in Hintergrundgesprächen erzählt.
13
Mimosenhaft reagierte der französische Präsident Jacques Chirac, als die Zuschauer des Pokalfinales zwischen dem FC Lorient und dem SC Bastia während der Nationalhymne pfiffen. Chirac sprang wütend auf und ging den Verbandspräsidenten, Claude Simonet, an, er möge für Ordnung sorgen, sonst werde das Spiel nicht angepfiffen. „Einige dumme Leute haben die Marseillaise ausgebuht. Das ist intolerant und nicht zu akzeptieren“, schimpfte Chirac. Das Spiel wurde mit zwanzigminütiger Verspätung angepfiffen.
14
Weise Worte sprach Theo Waigel, als man ihm anbot, Präsident des TSV 1860 zu werden: „Ich glaube nicht, dass es besonders sinnvoll ist, Politiker an die Spitze von Fußballvereinen zu setzen.“
15
Alt-Kanzler Gerhard Schröder promenierte allzu gerne mit seinen fußballerischen Neigungen. Dass er beim westfällischen Kleinverein TuS Talle wegen seiner rustikalen Spielweise „Acker“ gerufen wurde, gehörte ebenso zum Standardrepertoire wie das nahezu zwanghafte Repetieren der Weltmeisterelf von 1954.
16
Der belgische Kicker Henrik Coppens nutzte die Gunst der Stunde, als er bei einem Spiel den Politiker Paul Vanden Boeynants auf der Tribüne erspähte. Dem Politiker wurde nachgesagt, er habe staatliche Gelder in seine Fleischfabrik umgeleitet. Coppens, ein begnadeter Dribbler, fummelte sich in die Nähe der Tribüne - und feuerte den Ball direkt auf den Volksvertreter. Zur Erklärung sagte er hinterher: „Ich wollte ihm den Unterschied zwischen einem Fleischbällchen und einem Fußbällchen zeigen.“
17
Edmund Stoiber erlegte während des Wahlkampfes 2002 beim vergeblichen Versuch, eine Torwand zu treffen, eine Zuschauerin neben der Torwand. Der Frau musste vom reuigen Stoiber aufgeholfen werden, sie versprach trotz des Fehlschusses, auch weiterhin CSU zu wählen.
18
Kanzler müssen patriotisch sein. Die deutsche Öffentlichkeit war deshalb wenig amüsiert, als sich der wenig fußballinteressierte Helmut Schmidt nach der 1:3‑Endspielschlappe gegen Italien allzu sehr mit dem entfesselt auf der Tribüne tobenden italienischen Staatspräsidenten Pertini freute.
19
Wie die deutsche Mannschaft der argentinischen Militärjunta begegnen sollte, war vor der WM 1978 ein heiß diskutiertes Thema. „Nein, belasten tut mich das nicht, dass dort gefoltert wird. Ich habe andere Probleme“, fand Manfred Kaltz, und Berti Vogts wurde gegenüber Journalisten patzig: „Würden Sie die gleiche Frage auch stellen, wenn die Spiele in der Sowjetunion stattfinden würden?“ Das fand nicht nur die FAZ eine „Frechheit“.
20
Die schönste Expertise ever eines Politikers zu einem fußballerischen Thema verkündete Bundespräsident Heinrich Lübke, der nach dem strittigen Wembley-Tor feststellte, er habe genau gesehen, wie „der Ball im Netz zappelte“.