FC Chelsea: Zehn Dinge über Roman Abramowitsch
»Ich will hier nur Spaß haben«
Vor knapp zehn Jahren kaufte sich der bis dato in Europa unbekannte russische Oligarch Roman Abramowitsch 84.908.506 Aktien des nahezu bankrotten FC Chelsea und startete damit eine einzigartige Geldverbrennungsmaschine. Mehr als eine Milliarde Euro später erinnern wir an zehn erstaunliche Anekdoten.
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1.
Ein paar kurze Sätze zum Werdegang des Roman Abramowitsch. 1966 geboren, die Eltern durch Krankheit bzw. einen tragischen Unfall früh verloren, als Waise aufgewachsen, mit 21 zu Beginn der Perestroika die Firma »Ujut« (zu deutsch: Gemütlichkeit) gegründet, erstes Geld mit der Produktion von Gummi-Enten und Fußbällen verdient, beim Karibik-Urlaub den Ober-Oligarchen Boris Beresowskij kennengelernt, mit ihm 1996 für die vergleichsweise lächerliche Summe von 110 Millionen Euro verschiedene Mineralölstandorte zur Mega-Firma »Sibneft« vereinigt, Jahre später für 13 Milliarden Euro »Sibneft« an »Gazprom« verkauft, extrem reich geworden.
2.
Wie dubios die Karriereschritte von Abramowitsch wirklich waren und sind ist seit Jahren ein Thema für die Justiz und Politik. Wirklich ans Bein pinkeln konnte dem Russen aber bislang noch niemand. Passend dazu die viel erzählte Anekdote aus den Anfangstagen seiner Oligarchen-Laufbahn: 1992 verschwanden in Russland 55 Waggons voller Öl, vermutlich hatte man sie Richtung Lettland umgeleitet. Als Hauptverdächtigen machten die Behörden schnell Abramowitsch aus und klagten ihn wegen schweren Raubs an. Das Verfahren wurde eingestellt, die Waggons nie gefunden.
3.
Tschukotka klingt nach einem exotischen Reisgericht, ist aber die (russische) Wahlheimat von Abramowitsch. Eine Region am, Verzeihung, Arsch der Welt: neun Zeitzonen von Moskau entfernt, im tiefsten Osten Sibiriens gelegen. Doppelt so groß wie Deutschland, Einwohnerzahl: 75.000. Hier stellt man keine unangenehmen Fragen, hier lässt sich wunderbar die Geschichte des Gutmenschen stricken. Ende der Neunziger nistete sich der Oligarch dort ein, pumpte 200 Millionen Euro in die Infrastruktur und half der klammen Bevölkerung wieder auf die Beine. Der Lohn: mit 92 Prozent aller Stimmen wählten ihn die Bewohner von Tschukotka zum Gouverneur.
4.
Warum suchte sich Abramowitsch 2003 den FC Chelsea aus? Reiner Zufall, besagt die Legende. Und die geht so: Auf dem Rückflug von Manchester, wo sich der Russe über die Preise bei United informiert hatte, überflog der Hubschrauber ein Stadion. Abramowitsch linste neugierig aus dem Fenster und fragte: »Wessen Stadion ist das?« Die Antwort lautete, welch glückliche Fügung: »Chelsea«. Laut Abramowitsch geht die Geschichte allerdings ganz anders. Zitat: »Nach einem 4:3 von Real Madrid gegen Manchester United dachte ich mir: Du musst unbedingt einen Fußball-Klub kaufen. Ich ließ zehn englische Vereine analysieren. Chelsea schien mir die beste Wahl.« Der Ankauf von läppischen 84.908.506 Aktien, damals umgerechnet etwa 200 Millionen Euro wert, reichte, um die beste Wahl auch einzutüten.
5.
2003 war der einst ruhmreiche Chelsea F.C. zur Ruine des englischen Fußballs verkommen: der Klub war pleite, die Spieler schlecht, die Fans hatten den (berechtigten) Ruf, antisemitische Hooligan-Arschlöcher zu sein. Warum er denn dann, jetzt aber mal ehrlich, ausgerechnet diesen Verein übernommen habe, wurde Abramowitsch in einem der sehr seltenen Interviews gefragt. Georgebestige Antwort: »Ich will mein Geld nicht zum Fenster rauswerfen, ich will nur Spaß haben. Und das bedeutet Siege und Pokale.« Schön auch: »Ich werde mich für Chelsea engagieren, 25 oder vielleicht 50 Jahre, je nachdem, wie es läuft.« - 987,9 Millionen Euro für neue Spieler
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6.
Wer nach der Übernahme Chelseas durch den reichen Mann aus Russland auf das große Geldgeschmeiße gehofft hatte, sah sich doch arg enttäuscht. Lediglich 172 Millionen Euro investierte Abramowitsch in seiner ersten Saison 2003/04 in den Londoner Klub. Dabei hatte er doch wirklich alles versucht: 210 Millionen Euro wäre ihm angeblich der Rücktransfer von David Beckham (Real Madrid) auf die Insel wert gewesen – doch »Becks« blieb in Spanien.
7.
Kaum ein Jahr als Chelsea-Boss im Amt, hatte der Russe auch schon die Engländer Schickeria lächerlich gemacht. Aus einer Liste der »Sunday Times« ging hervor: Reichster Bewohner Englands war Roman Abramowitsch! Seine geschätzten 11,1 Milliarden Euro Besitz verbannten den bedauernswerten Herzog von Westminster (7,4 Milliarden) auf einen schäbigen zweiten Platz.
8.
Man kennt das. Die Freundin/Frau/Gefährtin/Lebensabschnittspartnerin/Gespielin hat Hunger und bekommt langsam schlechte Laune. Jetzt heißt es handeln und zwar schnell. Dachte sich auch Roman Abramowitsch während er EM 2004 in Portugal und leitete prompt via Yacht-Telefon im Hafen von Lissabon die Mission »Gattin Irina satt bekommen« ein. Dumm nur: Frau Abramowitsch wollte sich einfach nicht auf einen Geschmack festlegen. Also orderte ihr Göttergatte gleich drei Edel-Restaurants, wies die Besitzer – für ein Vorab-Trinkgeld in Höhe von jeweils etwa 35.000 Dollar – an, ihre Schenken besenrein und vor allem frei von anderen Gästen zu machen, setzte sich in den Hubschrauber, der den knurrenden Magen geradeso übertönte und hob ab. Das Paar entschied sich schließlich für das »Fortaleza do Guincho«, das, wie auch die beiden anderen Favoriten, bereits die Tische mit Irina Lieblingsblumen geschmückt hatte. Kostenpunkt: 3000 Euro. Man kennt das.
9.
Apropos Irina: Als sich Abramowitsch 2007 gegen die ehemalige Stewardess und für eine die künstlerisch bewanderte, blonde, und vor allem deutlich jüngere Daria entschied, gierten englische Boulevardblätter schon nach der Scheidung des Jahrtausends und spekulierten über eine Abfindung in Höhe von sieben Milliarden Euro. Doch der Chelsea-Boss, gar nicht dumm, zog einfach für den Prozess nach Russland um. Nach 15 Minuten einigte sich das scheidende Ehepaar auf eine Ablöse von 230 Millionen Euro, ein 45-Millionen-Euro Penthouse in London, eine Yacht, ein Flugzeug und fürstliche Unterhaltszahlungen für die fünf gemeinsamen Kinder. Der neuen Frau an seiner Seite erleichterte der Russe dann flugs den Einstieg in die Moskauer Kunstszene durch den Kauf eines eigenen Ateliers, sowie den Werken »Trptych« (57,2 Millionen) von Francis Bacon und »Sleeping Beauty« (22,4 Millionen) von Lucien Freund. Der Mann weiß eben, was sich gehört.
10.
Schockmeldung im April 2013 in der »FAZ«: »Roman Abramowitsch verarmt in Russland«. Entsetzen bei den Lesern, dann tiefes Durchatmen: Ein bisschen Kleingeld hat der Russe trotz Wirtschaftskrise doch noch auf der hohen Kante. Genauer gesagt: 10,2 Milliarden Dollar. Das dürfte den Verlust von 1,9 Milliarden Dollar im Jahr 2012 weniger grausam erscheinen lassen.
PS:
Kein Artikel über Roman Abramowitsch ohne noch mal so richtig kohlemäßig auf die Kacke zu hauen. Deshalb an dieser Stelle ein kleines Potpourri der hübschesten Fantasieausgaben aus den vergangenen zehn Jahren.
- kein A-, B-, oder C-Promi kann es sich erlauben, nicht einmal ins neue Jahr auf einer der berühmten Abramowitsch-Silvester-Partys gefeiert zu haben. Um das Jahr 2012 angemessen zu begrüßen, feuerte der Russe sechs Millionen Euro in den Hochofen der guten Laune, lud 400 Gäste (u.a.: George Lucas, Jon Bon Jovi, Marc Jacobs) auf die Antilleninsel Saint-Barthélemy ein und buchte zur musikalischen Untermalung die Red Hot Chilli Peppers. Gage: 3,8 Millionen Euro. Frohes Neues!
- 2008 listete die »Bild« mit Dollar-Zeichen in den Augen das Hab und Gut des Oligarchen auf. Unter anderem die drei Superyachten »Pelorus« (130 Millionen Euro), »Sussuro« (40 Millionen) und »Ecstasea« (100 Millionen), zwei U-Boote (16,9 und 3,9 Millionen), eine Boeing 767 (99 Millionen) und einen Ferrari FXX im Wert von 1,3 Millionen. Dazu Anwesen in England (195 und 15,6 Millionen), an der französischen Riviera (19,5 Millionen), sowie den Rocky Mountains (23,4 Millionen).
- einfach so unterschlagen hatten die Kollegen dabei die »La Grand Bleu«, einen Kahn, den Abramowitsch einst für 86 Millionen Euro von Microsoft-Mitgründer Paul Allen erworben hatte und in den Folgejahren, um geltungssüchtige Scheichs in die Schranken zu weisen, mehrfach vergrößern ließ, um auch in Zukunft mit der größten Yacht der Welt zu protzen. Eine kleine Inhaltsbeschreibung der »La Grand Bleu«: zwei Hubschrauberlandeplätze, 65 Mann Besatzung, Tauchzentrum, Aquarium, ein 23 Meter langes Beiboot, kugelsicheres Glas, Casino, Bordrestaurant, Raketenabwehrsystem, ein Mini-U-Boot zum Aufspüren von Haftminen, ehemalige Angehörige des russischen und britischen Geheimdienstes als Bordcrew.
- um auch in der eigentlichen Heimat den gehoben Standart von handelsüblichen Milliardären zu genießen, kaufte Abramowitsch einst auch das in Fachkreisen »Mini-Kreml« genannte Anwesen im Moskauer Speckgürtel. Auf den 43 Hektar Grundstück war dann auch genügend Platz, um für 2,5 Millionen Pfund einen eigenen Sportkomplex mit Schwimmbädern, Fitnessstudio, Sauna, Bowlingbahn, Go-Kart-Bahn, Polofeldern, Tennisplätzen, Forellenteich, Reitpark und Schießstand bauen zu lassen. Man lebt eben nur einmal.
- zu guter Letzt: die Ausgaben für neue Spieler beim FC Chelsea. Wohlgemerkt: nur für neue Fußballer. Hier belaufen sich die Kosten Stand jetzt (3. Juli 2013) auf 987,9 Millionen Euro…
- und zu guter Allerletzt: die zehn teuersten Spieler der Ära Abramowitsch. Zum Merken, Ausschneiden und Liebhaben:
10. Juan Mata (26,7 Millionen Euro / vormals FC Valencia)
9. Ricardo Carvalho (30 Millionen / FC Porto)
8. David Luiz (30 Millionen / Benfica Lissabon)
7. Shaun Wright-Philipps (31 Millionen / Manchester City)
6. Oscar (32 Millionen / SC International Porto Alegre)
5. Didier Drogba (37 Millionen / Olympique Marseille)
4. Michael Essien (38 Millionen / Olympique Lyon)
3. Eden Hazard (40 Millionen / OSC Lille)
2. Andriy Shevchenko (46 Millionen / AC Mailand)
1. Fernando Torres (58,5 Millionen / FC Liverpool)