Der Mythos mag verflogen sein, doch die Legende lebt weiter: Das Millerntor-Stadion steht für Stimmung, Ekstase und Kult. Grund genug, an die größten Partien von „Weltpokalsiegerbesieger“ bis zur „Bokal“-Saison zu erinnern.
18.06.1995, 2. Bundesliga 34. Spieltag – 5:0 gegen Homburg
21.000 Zuschauer erleben das Spektakel live am Millerntor. Und fast alle von ihnen stürmen in der 88. Minute auf den Rasen, als sie im Rausch der Aufstiegsgefühle einen Pfiff des Schiedsrichters als Schlusspfiff missverstehen. Die Feierstimmung schlägt schnell in Panik um, als der Stadionsprecher verkündet: „Das Spiel ist noch nicht zu Ende.“ Haben sie soeben ihrer großen Fußballliebe den Aufstieg versaut? Dann die Erlösung, als die Worte von Schiri Brandt-Cholle verlesen werden: „Das Spiel ist ordnungsgemäß beendet.“ Eskalation, einmal mehr. Zur anschließenden Aufstiegsparty kommen 50.000 Menschen.
12.08.1995, Bundesliga 1. Spieltag – 4:2 gegen 1860 München
Ähnlich stark ging es in der nächsten Saison weiter. Vorerst. Als Aufsteiger empfängt St. Pauli zum Saisonauftakt die Münchner Löwen. 90 Minuten später steht ein 4:2 für den Kiezklub. Pauli ist auf dem Gipfel der Bundesliga – Tabellenführer! Trotz des 2:0 in Freiburg eine Woche später geht es runter auf Platz zwei – und danach noch weiter bergab. Am Saisonende sichern sich die St. Paulianer mit zwei Punkten Vorsprung den Klassenerhalt.
21.12.1974, 2. Bundesliga 18. Spieltag – 10:2 gegen VfL Wolfsburg
In der neugegründeten zweiten Bundesliga gelingt St. Pauli der höchste Heimsieg, den das Millerntor jemals gesehen hat. Dabei heißt es damals gar nicht so, sondern ist nach dem verstorbenen Pauli-Präsidenten in Wilhelm-Koch-Stadion umbenannt worden. Außerdem sind nur 1600 Zuschauer vor Ort. Trotzdem fertigen die Kiezkicker den VfL Wolfsburg mit 10:2 ab – vier Tore fallen allein zwischen 80. und 88. Minute.
06.02.2002, Bundesliga 21. Spieltag – 2:1 gegen Bayern München
Trotz der Horrorsaison inklusive des direkten Wiederabstiegs sichert sich der Tabellenletzte einen Titel: Nachdem die Bayern wenige Wochen zuvor den Weltpokal gewonnen haben, wird die Mannschaft um die Torschützen Thomas Meggle und Niko Patschinski beim überraschenden 2:1 zum „Weltpokalsiegerbesieger“. Was als wortwörtliche Schnapsidee von St. Paulis Merchandisingpartner entstand, wird zum Kult.