Immer mehr Toptalente aus der englischen Premier League kommen nach Deutschland – doch die Sache hat einen Haken.
Sie sind blutjung, pfeilschnell und hochbegabt. Sie hören auf klangvolle Namen wie Rabbi Matondo (18), Reiss Nelson (19), Reece Oxford (20), Dodi Lukebakio (21), Allan (21), Marko Grujic (22), oder Emile Smith-Rowe (18). Toptalente aus den hochkarätigen U23-Abteilungen der englischen Premier League liegen in der heimischen Bundesliga voll im Trend.
Denn sie bringen athletische und technische Anlagen mit, wie man sie in den deutschen Nachwuchs-Leistungszentren derzeit nur selten antrifft – und sind somit ein Versprechen auf die Zukunft. Das Problem: Diese Zukunft liegt in vielen Fällen in England, denn aufgrund von befristeten Leihverhältnissen und vorfixierten Rückkauf-Optionen halten Manchester City, Arsenal, Liverpool & Co. weiter ihre dicken Daumen auf den Spielern. Löst einer der Jungstars sein sportliches Versprechen ein, wird er umgehend wieder auf die Insel transferiert. Welcome Back!
Massiver Substanzverlust
Hoffenheims Nelson etwa gehört dem FC Arsenal, ebenso wie Leipzig-Zugang Smith-Rowe. Die Transferrechte an Frankfurts Allan und Herthas Grujic liegen beim FC Liverpool, jene von Augsburgs Oxford bei West Ham. Und Dodi Lukebakio weilt in Düsseldorf, um zum potenziellen Leistungsträger seines Stammklubs FC Watford zu reifen. Kurzfristig schon, wie das prominente Beispiel Andreas Christensen (22) zeigt.
Der dänische Innenverteidiger des FC Chelsea spielte von 2015 bis 2017 leihweise für Borussia Mönchengladbach, entwickelte sich dort zum internationalen Top-Profi und verhalf dem Klub zur Champions-League-Qualifikation. Dann beorderten die „Blues“ den 1,90-Meter-Mann zurück ins Vereinigte Königreich. Gladbach brauchte rund ein Jahr, um sich von diesem Substanzverlust zu erholen. Auch andere, viel versprechende Leihspieler wie Wolfsburgs Divock Origi (23, Liverpool), Leipzigs Ademola Lookman (21, Everton) oder Dortmunds Michy Batshuayi (25, Chelsea/weiterverliehen nach Valencia) sind längst von ihren Stammklubs abberufen worden.
Kein Interesse an der Bundesliga
Solange die Bundesligisten so am langen Arm der englischen Klubs hängen, lässt sich der sportliche Rückstand auf die Premier League wohl kaum verringern – was mittelfristig dazu führt, dass auch die finanzielle Schere zwischen Deutschland und England noch weiter aufgeht. Langfristig läuft die Bundesliga sogar Gefahr, zu einer Art Farm-League des englischen Oberhauses degradiert zu werden.
Das wäre nicht nur schlecht fürs Image und fürs Identifikations-Potenzial, sondern auch für eine nachhaltige sportliche Entwicklung. Mit Leih- und Options-Profis lässt sich der systematische Aufbau einer Mannschaft nun mal kaum gestalten. Zudem haben auch die Spieler selbst kein übersteigertes Interesse an der perspektivischen Entwicklung eines Klubs, für den sie eh nur übergangsweise aktiv sind. Nicht wenige von ihnen interessieren sich mehr für ihre persönliche Statistik als für die Bundesliga-Tabelle.