Die Elf des Spieltags (27)
Götter, Domi, Litfasssäulen
Pep lässt den perfekten Fußball spielen, Emre Can macht den Forrest Gump und Ralf Fährmann hat mehr Arme als eine indische Gottheit. Stets auf der Suche nach der inneren Mitte – unsere 11 des Spieltags.
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Pep Guardiola
Als Pep Guardiola im Sommer 2013 seinen Dienst in München antrat, rieben wir uns schon schadenfroh die Hände, denn eine solch galaktische Saison, wie sie der FCB unter Guardiolas Vorgänger Jupp Heynckes gespielt hatte, war ja gar nicht mehr zu toppen. 27 Bundesligaspiele, eine Rekordmeisterschaft und zahllose vom Staunen über den perfekten Fußball ausgerenkte Kiefer später müssen wir demütig einsehen, dass Guardiola wohl auch die Alte Herren II des KSV Baunatal mindestens in die Champions-League-Quali führen oder die Cook-Inseln zum Favoriten auf den WM-Titel machen könnte. Wahrscheinlich auch beides gleichzeitig. Voller Respekt ziehen wir an dieser Stelle also sämtliche Toupets, Bierdosen-Helme und Ed-Hardy-Kappen, die es in der Redaktion gibt, und gratulieren Pep Guardiola und seinen Bayern zur völlig verdienten Meisterschaft. Verbunden mit der Bitte, nächstes Jahr vielleicht nicht ganz so dominant zu sein.
Die Spannung
Aber wenn wir ehrlich sind, glauben wir nicht daran, dass die Bayern nächstes Jahr weniger dominant sein werden. Schließlich wird Guardiola immer noch Trainer sein, mit Lewandowski ein Stürmer dazustoßen, der alleine mehr Treffer erzielt als die gesamte untere Tabellenhälfte und dann wäre da ja noch Matthias Sammer, der die Spieler derartig erbarmungs- und pausenlos zu Höchstleistungen triezt, dass sich wahrscheinlich selbst Gunnery Sergeant Hartman aus »Full Metal Jacket« erschüttert abwenden und kopfschüttelnd ein paar Tränen des Mitleids in seinen Hut weinen würde. Sieht also so aus, als müsste man diese Langeweile im Kampf um die Meisterschaft noch ein paar Jahre ertragen. Weswegen wir an dieser Stelle in tiefer Trauer einen virtuellen Kranz für die Spannung im Titelrennen ablegen wollen. Ruhe in Frieden, liebe Spannung, es war schön mit dir. Wir werden dich vermissen.
Josip Drmic
Bereits am vorigen Spieltag war Nürnbergs Josip Drmic in unserer Liste zu Gast, weil er einen langen Ball mit der Hacke mitzlatanierte und anschließend per Gewaltschuss in den Winkel ibrahimovicte. Nur wenige Tage später dürfen wir den Schweizer an dieser Stelle wieder begrüßen, denn im Spiel gegen Stuttgart war er mit seinem Doppelpack der entscheidende Mann auf dem Platz. Wieder einmal. An zehn der letzten zwölf Tore war Drmic direkt beteiligt, der Mann zeigt im nervenaufreibenden Abstiegskampf derzeit so dicke Cojones, dass er eigentlich zwei zusätzliche Trikotnummern bekommen müsste und links und rechts niemand neben ihm auf der Bank sitzen kann, wenn er mal ausgewechselt wird. Da darf man im Jubel dann auch cantonahaft-hochnäsig vor der Kurve stehen und sich abfeiern lassen - sei’s drm.
Emre Can
Ob Emre Can im Kreise seiner Teamkollegen einen Spitznamen hat, wissen wir nicht. Nach Mittwochabend möchten wir allerdings »Forrest« als Kosename vorschlagen, denn Cans 75-Meter-stumpf-geradeausrennen-Solo im Spiel gegen Augsburg, das er eiskalt zum 3:1 abschloss, erinnerte in Stil und Beharrlichkeit schon arg an Tom Hanks als »Forrest Gump«. Cans Solo war derart lang, dass sich mehrere Kollegen schon bei der Ansicht der Fernsehbilder vor Erschöpfung erbrechen mussten und hartnäckige Wadenkrämpfe erlitten. Der Oscar geht aber derweil an Cans Teamkollegen…
Giulio Donati
Der sich in der Nachspielzeit nach einem Foul zeitschindend am Boden wälzte, dann zu seinem Schrecken feststellen musste, dass er außerhalb des Feldes lag, weshalb das Spiel nicht unterbrochen wurde, woraufhin sich Donati kurzerhand zurück aufs Feld wälzte. Die ganz große Zeitschinder-Schule und ein Genuss für alle Freunde fischigen Verhaltens auf dem Fußballplatz. War aber eh wurscht, denn Schiri Kinhöfer pfiff das Spiel ab und so konnte Donati seine sicherlich schmerzhafte und schwerwiegende Verletzung ausgiebig behandeln lassen. Hoffentlich nichts Schlimmes, von uns schon mal gute Besserung.
Ralf Fährmann
Noch vor nicht allzu langer Zeit waren im Schalker Team mehr Problemzonen zu sehen als auf dem jährlichen Redaktions-Betriebsausflug zum Badesee. Vor allem die Torwart-Frage schien bei den Gelsenkirchenern äußerst dringlich. Mal stand Hildebrand zwischen den Pfosten, mal Fährmann, dann wieder Unnerstall – überzeugen konnte dabei niemand so richtig. Seit einiger Zeit jedoch ist Ralf Fährmann die unumstrittene Nummer Eins auf Schalke und hält, wie etwa am Dienstag gegen Dortmund, seinen Kasten derart souverän sauber, dass nun eine Meister Proper-Produktlinie nach ihm benannt werden soll. Zwischendurch wirkte es, als habe Fährmann mehr Arme als eine indische Gottheit, was uns vorsichtshalber ein Räucherstäbchen entzünden ließ, um unseren neuen Gott milde zu stimmen, man weiß ja nie. Aber davon mal abgesehen: Was macht eigentlich Fabian Giefer ab dem Sommer? - Alles muss man selber machen
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Manuel Schmiedebach
Eine robuste Zweikampfführung ist eine der Grundtugenden, die es braucht, um im Abstiegskampf erfolgreich zu sein. Scheinbar hat Hannovers Manuel Schmiedebach diese Grundtugend im Vorfeld des Spiels gegen Hoffenheim noch mal mit John Rambo, dem Ultimate Warrior und einer rostigen, benzinbetriebenen Black&Decker-Gartensense durchgesprochen und die Grenzen jener Tugend neu definiert, denn anders ist es nicht zu erklären, mit welcher Verve Schmiedebach in der 76. Minute Anthony Modeste von den Beinen flexte. Mit seiner beidbeinig auf Schienbeinhöhe eingesprungenen Fluggrätsche könnte er ganze Mischwälder abholzen oder im Hannoveraner Umland nach Öl graben. Und vielleicht macht er das auch, Zeit hat er ja jetzt erstmal.
Sebastian Rudy
Für das Highlight des Spiels sorgte allerdings nicht Schmiedebach mit der Bereicherung des Farbspektrums um einen weiteren Dunkelrot-Ton, sondern Sebastian Rudy, der in der Schlussminute eine verunglückten Befreiungsschlag von Keeper Ron-Robert Zieler aus knapp 35 Metern ins leere Tor holzte. Schönes Ding. In Hoffenheim ist eben immer was los, ist man geneigt zu sagen. Kriegt halt nur niemand mit.
Maximilian Arnold
Der gewissenhaft gezimmerte »11FREUNDE-Giebel« aus edlem Langholz geht diese Woche an Maximilian Arnold. Wolfsburgs Nachwuchsmann nagelte in der 80. Minute des Spiels gegen Bremen einen Ball nämlich derart wuchtig und punktgenau in den Knick, dass die Zimmermannsinnung nun einen eigenen Winkelmesser nach diesem Tor benennen will. Schön an dem Treffer war auch, wie Arnolds Teamkollege Olic die Großchance zunächst verstolperte, Arnold dann den zweiten Ball überraschend aus der Drehung und einer stattlichen Entfernung in den Giebel drosch – getreu dem Motto »Alles muss man selber machen«. Der Junge wäre sicherlich auch ein guter Handwerker geworden.
Domi Kumbela
Domi Kumbelas wundervoller Fallrückzieher zum entscheidenden 3:1 gegen Mainz war derart schön, dass wir uns sicher sind, dass irgendwo in Gelsenkirchen Klaus Fischer jubelnd mit einem Rückwartssalto hinters Sofa sprang und dort »So ein Tag, so wunderschön wie heute«-singend liegenblieb. Ob Kumbelas Eintracht am Ende der Saison nun absteigt oder nicht, ist seit dem Sieg am Dienstagabend offener denn je. Was allerdings sicher ist, ist dass sich Domi Kumbela, wenn er denn absteigen muss, auf jeden Fall mit Stil verabschiedet hat.Pierre-Michel Lasogga
Obschon es nicht zum Sieg reichte, konnte man den positiven Effekt, den Hamburgs laufende Litfasssäule Pierre-Michel Lasogga auf seine Kollegen hat, förmlich spüren. Nach überstandener Verletzungspause ochste sich Lasogga im Spiel gegen Freiburg derart engagiert durch die Zweikämpfe, dass man schon vom Zusehen blaue Flecken und Prellungen erlitt und die Innenverteidiger des kommenden Gegners Mönchengladbach wahrscheinlich bereits nach Ausreden suchen, am Sonntag nicht zur Arbeit erscheinen zu müssen. Lasogga wird auf jeden Fall auf dem Platz stehen. Der Mann wirkt derzeit so motiviert, man könnte ihm die Beine zusammenbinden – er würde mehr Kilometer machen als der Rest seiner Kollegen zusammen.