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In Lille zeigte sich der deut­sche Anhänger mal wieder von seiner ange­nehmsten Seite. Es ist eines der größten Miss­ver­ständ­nisse des Fuß­balls, wenn Anhänger glauben, die Erfolge ihres Teams seien auch die eigenen. Im Ver­eins­fuß­ball mag das ja noch hin­kommen, in Köln, Dort­mund oder auf Schalke sind Fans bis­weilen ja wirk­lich der 12. Mann.

Voll­ends bizarr ist diese Annahme aller­dings bei der Natio­nal­mann­schaft, deren Gefolg­schaft sich ja im Sta­dion vor­wie­gend damit beschäf­tigt, Klatsch­pappen zu falten oder ange­gam­melte Böhse-Onkelz-Lieder zu singen.

Zwei Bier und wer ist Welt­meister?“

Beson­ders unan­ge­nehm wird es immer dann, wenn Deutsch­land gerade mal wieder Welt­meister ist. Schon beim letzten Titel 1990 regierte lan­des­weit die natio­nale Hybris und schwappte sogar bis an die nie­der­län­di­sche Nord­see­küste, wo sich ein schwer ange­trun­kener Anhänger der Natio­nalelf am Geträn­ke­stand anstellte und seine Bestel­lung mit den kühnen Worten aufgab: Zwei Bier und wer ist Welt­meister?“ Er wurde dann auch länger nicht bedient.

Nur eine Peti­tesse jedoch gegen das depri­mie­rende Schau­spiel am Sonntag im fran­zö­si­schen Lille. Seit dem Sommer 2014 halten sich die Freunde der Natio­nalelf ja dau­er­haft für die Größten, obwohl sie gar nicht in Rio auf dem Rasen standen, son­dern weit über­wie­gend daheim mit der Pranke in der Flips­tüte auf dem Sofa gehockt haben.

Bereits am Bahnhof in Lille drän­gelten sich vier­schrö­tige Unsym­pa­then, die das Wort Deutsch­land“ offenbar nur in Frak­tur­schrift lesen können. Die leeren Bier­büchsen wurden ziel­si­cher im Spring­brunnen auf dem Vor­platz ent­sorgt und immer mal wieder der rechte Arm gehoben.

Jetzt wird hier auf­ge­räumt!“

Und als sich par­tout keine ukrai­ni­schen Hoo­li­gans zeigen wollten, wurden kur­zer­hand harm­lose Anhänger in gelben Tri­kots ver­prü­gelt, was wie­derum ein Anhänger, der die Sze­nerie von einer Empore aus filmte, mit den urst sym­pa­thi­schen Worten kom­men­tierte: Jetzt wird hier auf­ge­räumt!“ Man fragte sich unwill­kür­lich, was das eigent­lich für Men­schen sind, die hun­derte Kilo­meter fahren, um in einer fried­li­chen Stadt unter fröh­li­chen Men­schen Angst und Schre­cken zu ver­breiten, und sich dabei nicht vor sich selbst in Grund und Boden schämen.

Im Sta­dion ging es fried­li­cher zu, sieht man einmal davon ab, dass der deut­sche Fan­block dann am lau­testen war, als Die Nummer 1 der Welt sind wir“ gebrüllt wurde, und das vor­nehm­lich von Leuten, die in keiner Dis­zi­plin jemals die Nummer 1 sein werden.

Sicher, es gibt solche und solche. In Lille jedoch sah man vor allem solche, denen man eine sehr lange Zeit keinen Titel wünscht.