Der englische Referee Mike Dean hat eine historische Bestmarke aufgestellt: 100 Platzverweise. Warum er das Kartenverteilen ganz nebenbei zu einer eigenen Kunstform erhoben hat, für die es inzwischen sogar einen eigenen Namen gibt.
Mike Dean? Wo auch immer du in Fußball-England zu Gast bist – wenn du diesen Namen erwähnst, erntest du genervtes Augenrollen. Bestenfalls.
Keinem Fan, keinem Trainer und erst recht keinem Spieler würde jemals ein lobendes Wort zu Dean über die Lippen kommen, denn: Der 52-Jährige ist der mit Abstand unbeliebteste Unparteiische der Premier League. Erst recht, seitdem „Red Mike“, wie er wenig liebevoll genannt wird, einst als erster Referee in der Liga-Geschichte den 100. Platzverweis seiner Karriere ausgessprach. Es traf im Jahr 2019 Manchester Uniteds damaligen Außenverteidiger Ashley Young, bei einem 1:2 gegen die Wolverhampton Wanderers.
Die Entscheidung an sich (Gelb-Rot wegen wiederholten Foulspiels) war zwar nicht zu bemängeln. Young hatte seinen Gegner Diogo Jota mit offener Sohle brutal erwischt, knapp unterhalb der Kniescheibe. 90 Prozent aller Bundesliga-Schiris hätten hierfür wohl glatt Rot gezeigt. Selbst der damalige United-Coach Ole Gunnar Solskjaer konzedierte hinterher: „Gelb-Rot war schon war vertretbar. Ashley hätte in dieser Situation nicht so hinein grätschen dürfen.“
„No-Look-Booking“
Was die Fans in England jedoch – wieder mal – aufregte, war der Genuss, den Mike Dean beim Kartenverteilen offen zur Schau stellt: ein allzu energischer Sprint zum Tatort, eine akkurate Punktbremsung, bevor der Schiri gemessenen Schrittes auf den Übeltäter zusteuert.
Währenddessen langt Dean mit geübten Fingern in seine Brusttasche, um die Karte in einer einzigen fließenden Bewegung herauszufischen und sie dem Bestraften fast beiläufig unter die Nase zu reiben – ohne diesen auch nur eines Blickes zu würdigen. Englands Boulevard erfand eigens für Dean den Begriff „No-Look-Booking“ (frei übersetzt: Verwarnung, ohne hinzuschauen).
Nach Rot oder Gelb-Rot lässt „Red Mike“ meist noch ein überbetontes Achselzucken folgen, als wolle er sagen: Wenn ihr nicht hören wollt, müsst ihr eben fühlen.