Luka Modric ist der vielleicht beste kroatische Spieler aller Zeiten. Und der vielleicht größte Superstar der Fußballs, der kein Superstar ist. Eigentlich sollten sie ihn also lieben in der Heimat. Wenn da nicht diese eine Sache wäre.
Sie hassen ihn, ihren Superstar. Sie hassen Luka Modric. Den Kapitän und Taktgeber der kroatischen Nationalmannschaft. Angeklagt in der Heimat wegen Falschaussage und Verstrickung in einen Korruptionsskandal. Im schlimmsten Fall droht eine Haftstrafe. Er soll gemeinsame Sache gemacht haben mit Zdravko Mamic, dem einstigen Präsidenten von Dinamo Zagreb. Jenem Verein, von dem Luka Modric im Sommer 2008 zu Tottenham Hotspur wechselte, für über 20 Millionen Euro.
Damit war er der bis dahin teuerste Fußballer in der Geschichte Kroatiens. Der Präsident verdiente kräftig mit, der Spieler leistete, so lautet zumindest die Anklage, mit einem nachträglich unterzeichneten Vertrag Beihilfe. Insgesamt 15 Millionen Euro soll Mamic unterschlagen haben. Anfang Juni wurde er zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Antreten will er sie nicht. Mamic hat sich nach Bosnien-Herzegowina abgesetzt, kann von dort nicht ausgeliefert werden, da er neben der kroatischen auch die bosnische Staatsangehörigkeit besitzt.
Zerstörerischer als Bomben
Modric zaubert derweil bei der Weltmeisterschaft in Russland. Und kassiert Lobeshymnen: „Er ist der beste kroatische Spieler aller Zeiten“, sagt Ivan Rakitic, Nationalmannschaftskollege und Mittelfeld-Ass in Diensten des FC Barcelona. Während sie im kroatischen Zadar Plakate aufhängen, dort, wo für ihn alles begann. Sie fühlen sich verraten von einem, der sie stolz machen sollte. Sie hassen das System Mamic, der über Jahre den kroatischen Fußball ausgebeutet hat. Und jetzt auch seinen Erfüllungsgehilfen. „Luka, Du wirst Dich eines Tages noch an das hier erinnern“, steht auf einem Bettlaken geschrieben, das schlaff über dem Restauranteingang des Hotels im Wind steht, in dem die Familie Modric einst während des Bürgerkriegs in Jugoslawien Zuflucht fand.
Die zur Notunterkunft umfunktionierte Anlage war damals der große Spielplatz des kleinen Luka. Ob im engen Treppenhaus oder im Speisesaal. Er soll damals mehr Fenster zerstört haben als die Bomben des Krieges, vor dem sie Unterschlupf suchten. Von den Kämpfen, so erinnert sich Modric, hat er nicht viel mitbekommen: „Es gab dort sehr viele Kinder, mit denen ich spielen konnte. Die Eltern versuchten uns so weit wie möglich vom Krieg fernzuhalten.“
Nachhilfe für den Zauberlehrling
Mit dem Frieden dann beginnt die große Karriere. 2001 wechselt Modric, im Alter von 16 Jahren, zu Dinamo Zagreb. Fünf Jahre zuvor war er bei Hajduk Split noch durchgefallen – zu schmächtig, lautete das Urteil. 1,72 Meter, rund 65 Kilogramm sind es heute. Doch diese Technik, diese Laufstärke und Übersicht! Der schmale Zauberlehrling soll dennoch Nachhilfeunterricht nehmen, wird an den bosnischen Erstligisten Zrinjski Mostar verliehen. In eine Liga, die mehr Kampf denn Magie ist.