Mal wieder wechselt der Hamburger SV den Trainer. Ist Hannes Wolf der richtige Mann für das große Ziel Wiederaufstieg?
Zumindest eines muss man dem Hamburger SV lassen: Die Entlassung von Christian Titz war eine faustdicke Überraschung. Das ist schon eine Steigerung für einen Klub, bei dem früher die Bild-Zeitung noch vor dem Trainer Bescheid wusste, dass er am kommenden Tag entlassen wird.
Allerdings überrumpelte diese Entlassung nicht nur die Medien, sondern auch die eigenen Fans. Der Tenor in den sozialen Medien ist einhellig: „Ihr habt nichts, aber auch gar nichts aus den vergangenen Jahren gelernt!“ (2991 Likes) „Ihr tickt doch nicht richtig.“ (2316 Likes) „Ich schäme mich langsam HSV-Fan zu sein.“ (347 Likes).
Ballbesitzspiel hakt
Sportchef Ralf Becker bemühte sich auf der anschließenden Pressekonferenz, die Entlassung einzuordnen. Das absolute Vertrauen in Titz sei nicht mehr dagewesen. Mit den 18 Punkten sei man in dieser Saison noch gut bedient gewesen.
In der Tat klaffte beim Hamburger SV zuletzt eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Titz selbst wollte sein Team spielerisch weiterentwickeln. Sein Plan für den direkten Wiederaufstieg lautete, den Gegner über ein starkes Ballbesitzspiel zu dominieren. Der HSV hielt den Ball länger in den eigenen Reihen als jeder andere Zweitligist (durchschnittlich 60 Prozent Ballbesitz). Immer wieder bezogen sie auch Torhüter Julian Pollersbeck in den Spielaufbau mit ein. Dass der Torhüter als elfter Feldspieler teils kurz hinter der Mittellinie Pässe spielte, imponierte Taktiknerds und auch dem Hamburger Anhang.
Die Begründung klingt einleuchtend
Doch Titz‘ Steckenpferd, der Ballbesitz, avancierte zum größten Problem. Der HSV ließ den Ball zwar zwischen Torhüter und Innenverteidiger laufen. Wirklichen Raumgewinn erzielten sie jedoch nicht. Gerade das Mittelfeld fiel immer wieder als Schwachstelle auf. Titz probierte hier zig personelle Varianten, doch nie harmonierten die Spieler miteinander. Die Folge: In zuletzt vier von fünf Spielen blieb der HSV ohne eigenen Treffer.
Da half es auch nichts, dass Titz nach der 0:5‑Schlappe gegen Jahn Regensburg mit diversen taktischen Maßnahmen die eigene Defensive stabilisiert hatte. Beckers Begründung für die Entlassung, der HSV sah nach den vergangenen Spielen „die Saisonziele gefährdet“, klingt nach Nullnummern gegen Fürth, St. Pauli und Bochum durchaus einleuchtend.