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Die glit­zernde Schein­welt des Pro­fi­fuß­balls und die graue Rea­lität trennt nur eine Straße aus löch­rigem Asphalt. Gegen­über der Zufahrt zum J Vil­lage“, dem nagel­neuen Trai­nings- und Lebens­mit­tel­punkt von Juventus, liegt der Mat­ta­toio, der Schlachthof von Turin. Und wenn hier mor­gens im Nord­westen an der Stra­ßen­ecke Via Druento/​Via Traves die Juve-Stars in ihren Luxus­ka­rossen das streng bewachte Ein­gangstor pas­sieren, spuckt auf der anderen Seite die Bus­linie 59 im Halb­stun­den­takt schlaf­trun­kene Schlachter aus, die ihrer­seits auf dem Weg zur Arbeit sind.

In drei Jahren Bau­zeit hat sich Juventus auf dem Areal Con­tinassa eine eigene, kleine Stadt direkt neben sein Sta­dion gebaut, mit Nach­wuchs­aka­demie, Trai­nings­plätzen und einem Hotel. Ein schwarz-weißes Ufo im Brach­land der Vor­stadt, 148 000 Qua­drat­meter groß, von hohen Mauern umgeben und von Video­ka­meras über­wacht, in dem die Alte Dame“ wie ein James-Bond-Böse­wicht in einem aber­wit­zigen Labo­ra­to­rium daran wer­kelt, ihre Vor­macht­stel­lung im ita­lie­ni­schen Fuß­ball auch auf inter­na­tio­nalem Sektor aus­zu­bauen.

Der Six­pack­in­dianer

110 Mil­lionen Euro hat sich der Klub seine neue Heimat kosten lassen. Das 2011 eröff­nete Sta­dion mit einem Fas­sungs­ver­mögen von 41 000 Zuschauern hatte zuvor bereits 155 Mil­lionen Euro ver­schlungen. Mas­sen­weise Geld in Steine. Doch ver­gli­chen mit dem, was der Klub in diesem Sommer in zwei Beine inves­tiert, bei­nahe Pea­nuts: 112 Mil­lionen Euro hat Juve an Real Madrid für einen Spieler über­wiesen, der in den kom­menden vier Spiel­zeiten jähr­lich ein Net­to­ge­halt von 31 Mil­lionen Euro beziehen wird. Drei Mal so viel wie Gon­zalo Higuain, der zweit­beste Ver­diener in der Serie A. Oder anders gerechnet: acht Mal so viel wie sein Team­kol­lege, der deut­sche Welt­meister Sami Khe­dira.

124 Mil­lionen Euro netto also für einen 33-jäh­rigen Stürmer, spöt­teln Kri­tiker, der seinen Zenit längst über­schritten habe. Nicht für irgend­einen 33-Jäh­rigen, ent­gegen die Tifosi Bian­co­neri lei­den­schaft­lich, son­dern für den Über­ir­di­schen. Den amtie­renden Welt­fuß­baller. Das Phantom des Straf­raums. Den berühm­testen Avatar seit R2D2: CR7. Six­pack­in­dianer. Fünf­ma­liger Cham­pions-League-Gewinner. Mr. 450 Tore in 438 Real-Ein­sätzen. Spar­gel­igster Mus­kel­protz des Uni­ver­sums, the one and only Cris­tiano Ronaldo. Am ver­gan­genen Montag erst musste die Polizei sei­net­wegen die Via Traves sperren. Fans haben in Turin gene­rell keinen Zutritt zum Trai­ning der Profis. Den­noch hatten sich bei der Nach­mit­tags­ein­heit am Ein­gang mas­sen­weise Fans ver­sam­melt und gewartet, dass Ronaldo her­aus­fährt.

Para­de­rolle Ein­zel­kämpfer

So pro­fes­sio­nell und modern das J Vil­lage“ hinter den auto­ma­ti­schen Toren sein mag, so chao­tisch sind die Zustände davor. Wenn die Tifosi rechts und links am Wel­len­bre­cher auf dem Bür­ger­steig keinen Platz mehr finden, stehen sie direkt auf der Straße, wo pau­senlos hupende Autos vor­über­brausen. An diesem Mitt­woch hat Mas­si­mi­liano Allegri seine Spieler am Vor­mittag zur ersten Ein­heit geladen. Um 8.30 Uhr, zwei Stunden vor Trai­nings­be­ginn, ist der Wach­mann noch ganz allein. Ita­lie­ni­sche Fans sind offenbar Spät­auf­steher, obwohl bekannt ist, dass Ronaldo viele Indi­vi­du­al­ein­heiten schiebt und Mit­spieler voller Ehr­furcht fest­stellen, dass er trotz seiner Berühmt­heit immer noch oft der Erste ist, der zum Trai­ning kommt, und der Letzte, der geht.

Der Por­tu­giese hat seinen eigenen Koch, einen Phy­sio­the­ra­peuten und den Ernäh­rungs­be­rater aus Madrid mit ins Pie­mont gebracht. Und auch an diesem Tag fährt der Star bereits kurz nach halb neun im schwarzen SUV vor. Dass es Ronaldo ist, der hinter den getönten Scheiben am Lenkrad sitzt, erkennen Außen­ste­hende allein daran, dass der bis dato gemäch­lich schlen­dernde Secu­ri­ty­mit­ar­beiter plötz­lich hek­tisch in sein Büro läuft, um die Auto­matik des Roll­tors in Gang zu setzen. Als der Super­star auf den Hof fährt, pas­siert er ein rie­siges Banner mit dem viel­deu­tigen, um nicht zu sagen reich­lich bekloppten Juve-Motto: Life is a Matter of Black and White“. Ein Spruch, so pathe­tisch, dass er von ihm stammen könnte, dessen Para­de­rolle auf dem Rasen doch die des Ein­zel­kämp­fers ist, der es mit der ganzen Welt auf­nimmt. Auf der gegen­über­lie­genden Stra­ßen­seite biegt der­weil ein müf­felnder Schwei­ne­trans­porter auf den Hof des Schlacht­hofs.