2007 verpflichtete die TSG Hoffenheim gleich sieben B‑Junioren des VfL Neckarau. Aber der Weg zum Profi ist hart, nicht alle schafften den Sprung. Freunde sind sie geblieben.
Natürlich beginnt alles auf einem Bolzplatz. Abseits des neugebauten Kunstrasenplatzes, neben der maroden Tribüne des Neckarauer Waldwegstadions, die sich das Unkraut mit der Zeit zurückgeholt hat, kicken ein paar Kids auf einem alten Kunstrasen. Sie haben ihre Rucksäcke ins Tor geworfen, ihre Schreie scheuchen die Krähen aus den Bäumen und hinein ins anliegende Wohngebiet, und wahrscheinlich sind sie den sieben Männern Mitte Zwanzig, die sich ein paar Meter weiter im Vereinsheim nach einigen Jahren das erste Mal wiedersehen, nicht eben unähnlich. Schließlich ist es noch gar nicht so lange her, dass sie selber sich auf ebenjenem Kunstrasen die Bälle um die Ohren schossen.
Diese sieben Freunde – Marco Terrazzino, Pascal Groß, Manuel Gulde, Robin Szarka, Marcel Gruber, Anthony Loviso und Philipp Meyer – könnte man als Goldene Generation Mannheims bezeichnen. Sieben Jungs mit herausragendem Talent, die Mitte der Nuller-jahre im beschaulichen Stadtteil Neckarau gemeinsam Fußball spielen, Spaß haben und fast wie nebenbei die ersten Schritte zum Profitum gehen. Und die sich nun, eine Dekade später, in ihrem alten Vereinsheim zur Begrüßung mit einer Mischung aus Euphorie und Vertrautheit in den Arm nehmen, wie es alte Freunde tun, die sich länger nicht gesehen haben.„ Anthony und Marco kenne ich seit den Bambinis“, sagt Pascal Groß, während er sich neben sie setzt und in den alten Mannschaftsfotos zu stöbern beginnt, die verstreut auf dem Tisch liegen. „Da waren wir vier Jahre alt.“
„Wir haben gehofft, dass die Gegner nicht kommen“
Diese Bambini-Zeit liegt knapp 20 Jahre zurück, und nicht viel später wird den Neckarauer Jugendtrainern bewusst geworden sein, dass sich diese Kids in ihrem Team deutlich von den anderen abheben. „Wir haben einfach jedes Spiel gewonnen“, sagt Marcel Gruber und zeigt wie zum Beweis auf einen alten Zeitungsartikel, der die jungen Männer als Kinder zeigt, die sich um einen silbernen Pokal scharen. Ab der D‑Jugend spielen sie zusammen, in vier Jahren steigen sie viermal auf, aus der Kreisliga in die zweithöchste Spielklasse, die Oberliga. In einer Saison schießen sie 187 Tore und bekommen nur ein Gegentor. „Nachdem Pascal Scheiße gebaut hat“, grinst Philipp Meyer.
Goalgetter Marco Terrazzino, Spielmacher Pascal Groß, auf dem rechten Flügel Philipp Meyer, Marcel Gruber auf der Sechs, die Abwehr ein Bollwerk mit Manuel Gulde, Anthony Loviso und Robin Szarka – das Team ist in der Jugend so dominant, dass manche Gegner gar nicht erst anreisen. „Und wir haben gehofft, dass sie nicht kommen. Dann haben wir gegeneinander gespielt, das hat mehr Spaß gemacht“, sagt Pascal Groß. Eine echte goldene Generation, mitten im beschaulichen badischen Jugendfußball.
„Wir hatten nicht mal einheitliche Trainingskleidung“
Mit dem anhaltenden Erfolg werden auch die Gegner größer. Der VfB Stuttgart fährt im Mannschaftsbus vor, „wir hatten nicht mal einheitliche Trainingskleidung“, sagt Philipp Meyer. „Unser Betreuer hat vor dem Spiel Plastikbecher mit Wasser gefüllt und ins Eisfach gestellt. Das war dann unser Eisspray“, fügt Groß an, und die Jungs lachen lauthals. „Durch die vielen Erfolge wurden wir irgendwann wie ein Profiteam behandelt, sind zu Turnieren mit den Bundesligisten eingeladen worden, die wir dann auch noch gewonnen haben“, so Meyer. Die Jugend von Hoffenheim wird mit 4:2 im Finale des Badischen Pokals besiegt, obwohl höherklassig und ein Jahr älter. Klar, dass die Bundesligaklubs bald Schlange stehen. Gruber und Gulde bekommen seit der U15-Nationalelf regelmäßig Angebote größerer Klubs. „Aber wir haben uns hier wohlgefühlt“, sagt Gruber. „Außerdem hatten wir mit Stephan Groß einen Trainer, der uns alles beigebracht hat, was man im höherklassigen Fußball braucht.“
Stephan Groß, der Vater von Pascal Groß und einst selber Bundesligaprofi, ist eine Institution in der Jugendarbeit des Rhein-Neckar-Gebiets. Beim VfL professionalisiert er das Training, organisiert Jugendcamps, mäht sogar den Rasen, wenn es sein muss. Zur exzellenten sportlichen Ausbildung kommt eine gewisse Härte, die den hochtalentierten Teenagern gut tut. „Wir mussten ihn mit Handschlag begrüßen, Danke und Bitte sagen. Wer eine Minute zu spät zum Training kam, durfte nicht spielen“, sagt Robin Szarka. Doch die Jungs wissen, dass sie von ihrem Trainer profitieren können. „Unter meinem Vater waren alle schon eine Stunde vor dem Training da. Jeder wollte sich verbessern“, sagt Pascal Groß. „Außer Manuel, der konnte schon alles“, lacht Marco Terrazzino.