Unter Groundhoppern gilt Nordkorea als ultimative Herausforderung. Unser Autor war vor Ort und hat ein Spiel besucht. Eine abenteuerliche Reise in ein unbekanntes Land.
Wo sind wir hier eigentlich gelandet, 26 Stunden von Deutschland entfernt? Im Lehrsaal der Fußballschule vor den Toren von Pjöngjang steht auf einem großen Banner: „Wir eignen uns den Kim-il-Sung-ismus an.“ Vizedirektor Kim Tol-un, der zu einem Rundgang durch die Akademie geladen hat, verweist vor einem Gemälde von Kim Jong-un darauf, dass der Marschall mit der Gründung der Schule 2013 seine Liebe für den Nachwuchs zum Ausdruck gebracht habe. Wenn wir nach zwei Tagen Nordkorea etwas verstanden haben: Im Land des Führerkults hat alle guten Ideen im Zweifel der oberste Führer selbst.
Eine davon ist, dass Nordkorea durch den Export von Profis Devisen erwirtschaften will. Die rund zweihundert Talente im Alter zwischen sieben bis sechzehn Jahren sind dafür vorgesehen. Drei Spieler hätten es schon in den Schweizer Ligabetrieb geschafft, schwärmt der Vizedirektor. Das ist nicht falsch, wobei sie bei Zweitligisten spielten. Einer ist gerade nach St. Pölten in Österreich weitergewechselt, wo er aber nur auf der Bank sitzt.
Youtube-Videos von Messi-Toren
Offizieller Schirmherr des Fußballinternats ist Pak Doo-ik, der Torschütze zum legendären 1:0‑Sieg gegen Italien bei der Weltmeisterschaft 1966. Vermutlich gehen die originellen pädagogischen Hilfsmittel aber nicht auf ihn, sondern auf Kim Jong-un zurück. Auf den Bildschirmen läuft nämlich eine nordkoreanische Variante des Fußballballetts, das entwickelt wurde, um die Bewegungskoordination zu schulen. Eine Mitarbeiterin führt zudem Ausbildungsvideos vor: Youtube-Videos von Messi-Toren und als skurrile Randnotiz ein Spiel zwischen Stuttgart und Bochum aus dem DFB-Pokal 2013. Draußen, auf den gepflegten Kunstrasenplätzen, gehören mobile Musikboxen zum Equipment. Den Jüngsten macht der Fußballtanz sichtlich Spaß.
Eigentlich haben wir nicht mal geglaubt, dass wir es hierhin schaffen würden, als wir schon in Peking waren. Mit Koryo Air, der nordkoreanischen Fluggesellschaft, die nur Chinas Hauptstadt anfliegen darf, sollte es weiter nach Pjöngjang gehen. Doch die Monitore am Check-in-Schalter waren schwarz. War der Flug gecancelt worden, was mitten in der Raketenkrise auch kein Wunder wäre? Doch dann tauchte der von der Berliner Agentur angekündigte Vertreter des nordkoreanischen Reiseveranstalters doch auf, um die Umschläge mit den Euroscheinen in Empfang zu nehmen. Und eine Nachricht für uns hatte er auch noch. Die beiden anderen Deutschen würden nicht kommen. Sie seien zwar in Peking, aber ihre Familien würden darauf bestehen, dass sie von dort nicht weiterfliegen.
Da waren’s also nur noch drei Reiseteilnehmer: neben dem Reporter noch Peter Matten, 46, Jurist, und Herwig Porada, 50, Steuerberater in Hannover. Wenn die beiden früheren Kollegen einer Wirtschaftsprüfungsfirma sonst in der Welt unterwegs sind, dann meistens als ganz normale Urlauber mit Frauen und Kindern. Auch wenn natürlich das eine oder andere Stadion in die Ausflugsplanung aufgenommen wird.