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Der Tag, der alles ver­än­derte, begann bleiern. Das mag nicht ver­wun­dern, wenn 129 Männer in grauen Anzügen und mit dünnem Haar sich treffen, um über Sta­tuten zu reden. Aber jeder von ihnen wusste, dass er irgend­wann an diesem Samstag auf die eine oder andere Art Geschichte machen würde. Trotzdem lag keine Unruhe in der Luft. Dis­zi­pli­niert folgten die Dele­gierten des DFB dem Pro­to­koll. Und so waren viele Stunden lang die ein­zigen Per­sonen, die sich in dem als Gold­saal“ bekannten Raum der Dort­munder West­fa­len­hallen zügig bewegten, die Kellner in den hellen Jacken und die Damen mit den weißen Schürzen, die den Funk­tio­nären Kaffee ein­schenkten. Natür­lich waren sie die ein­zigen Frauen im Gebäude.

Am Vor­mittag erhob sich der 75-jäh­rige Peter Joseph Peco“ Bau­wens, ein Bau­un­ter­nehmer aus Köln, glü­hender Ver­fechter des Ama­teur­ge­dan­kens und seit einem Dut­zend Jahren Prä­si­dent des DFB. Er hielt seine Abschieds­rede, denn er war an Leu­kämie erkrankt und wollte einem gesunden Jün­geren Platz machen. Wie sich bei der fol­genden Abstim­mung her­aus­stellte, war dies der bis­he­rige Schatz­meister: der Notar Dr. Her­mann Gös­mann aus Osna­brück, 58 Jahre alt, ein pas­sio­nierter Kegler und großer Für­spre­cher der Bun­des­liga.

Aber um die ging es noch nicht an diesem his­to­ri­schen Tag, dem 28. Juli 1962. Nach dem Prä­si­denten musste auch ein Vize­prä­si­dent gewählt werden, danach ein neuer Schatz­meister und der Spiel­aus­schuss­vor­sit­zende. Erst dann, am frühen Nach­mittag und nach fünf Stunden Berichten, Wählen und Ent­lasten, wurde es ernst. Debat­tiert wurde nichts Gerin­geres als die Revo­lu­tion – das Ende der fünf regio­nalen Ober­ligen als höchste Spiel­klassen, die Grün­dung einer lan­des­weiten Liga und damit auch die Ein­füh­rung des Berufs­fuß­balls.

Dass es in Dort­mund über­haupt dazu kam, hatte mit einem Antrag zu tun, den der Saar­län­di­sche Fuß­ball-Bund zwei Jahre zuvor gestellt hatte. Und dessen Vor­sit­zender Her­mann Neu­berger, mit 42 Jahren ein Milch­ge­sicht unter all den alten Herren, trat nun im Gold­saal ans Red­ner­pult und hielt ein mit­rei­ßendes Plä­doyer für die Ein­füh­rung der Bun­des­liga. (Oder so mit­rei­ßend, wie man es tun kann, wenn der schwere Duft von Pitralon mit einer Ober­note Zigar­ren­qualm im Raum hängt.)

Neu­berger musste sich ins Zeug legen, denn es war kei­nes­wegs sicher, dass die Bun­des­liga eine Mehr­heit finden würde. Die Idee war schließ­lich nicht neu. Eine natio­nale Spiel­klasse war schon in den Drei­ßi­gern ange­dacht worden und Dis­kus­sionen dar­über gehörten seit Jahren zum DFB-Bun­destag wie der Stumpen zum Her­ren­ge­deck.

Es gab gute Gründe, das zu tun, was in den anderen großen Nationen schon gang und gäbe war, näm­lich die besten Teams in einer lan­des­weiten Pro­fi­liga zusam­men­zu­fassen. Da war zum Bei­spiel das Leis­tungs­ni­veau. In Deutsch­land lähmte das System mit den Ober­ligen die Ent­wick­lung der besten Spieler. Sie kickten mona­te­lang gegen Pro­vinz­teams und trafen erst mit Beginn der End­runde um die Deut­sche Meis­ter­schaft im Früh­jahr auf echte Kon­kur­renz.

Außerdem gab es Pro­bleme durch jene merk­wür­digen Zwit­ter­wesen, die man nach dem Krieg geschaffen hatte – die soge­nannten Ver­trags­spieler. Im Grunde waren das Halb­profis: Nor­male Ver­eins­mit­glieder, die noch einem ordent­li­chen Beruf nach­gingen, aber zugleich Fuß­baller mit einem Son­der­status, denn sie schlossen mit ihrem Verein einen Ver­trag ab, der ihnen eine Bezah­lung von maximal 400 Mark zusi­cherte.

Und das war der Haken. Wie Neu­berger nun seine Zuhörer in Dort­mund erin­nerte, ver­ließen immer mehr Stars Deutsch­land, um woan­ders Geld zu ver­dienen. Ein Jahr zuvor, 1961, hatten die Natio­nal­spieler Klaus Stürmer und Horst Szy­ma­niak ihrer Heimat den Rücken gekehrt, nun standen Helmut Haller und Albert Brülls vor dem Absprung und konnten dadurch auch nicht mehr für eine DFB-Aus­wahl spielen, weil der Ver­band ja das Pro­fitum verbat.

Aber Neu­berger musste noch einen drauf­legen. Als ehe­ma­liger Pres­se­wart des 1. FC Saar­brü­cken kannte er sich im Ver­eins­wesen gut aus und wusste, dass den meisten Män­nern im Raum das Hemd näher war als der Rock. Sowohl das Niveau als auch das Schicksal der Natio­nal­mann­schaft berührte sie wenig, solange ihr Klub oder Lan­des­ver­band einen Vor­teil vom Status quo hatte. Darum schleu­derte Neu­berger den Aus­druck Anar­chie“ in den Gold­saal.

In einem tollen neuen Buch über Borussia Neun­kir­chen („90 Minuten: Mit Ferdi Har­tung in der Bun­des­liga“) bezeichnen die Autoren Paul Burgard und Ludwig Lins­mayer diese Wort­wahl als eine bewusst dras­ti­sche Rhe­torik, die ihre Wir­kung in der kon­ser­va­tiven Män­ner­welt des DFB anno 1962 nicht ver­fehlte“. Vor allem, weil sie den Kern der Sache traf. Neu­berger erklärte, dass das Ver­trags­spie­ler­statut zur Farce ver­kommen war, da sich nie­mand an die Gehalts­grenzen hielt. Die Ver­eine bewegten an der Buch­füh­rung vorbei hohe Summen, um Spieler zu ent­lohnen oder zu ver­pflichten.

Und damit war man beim Thema ange­kommen, um das es eigent­lich ging: Geld. Das System mit den Ober­ligen war näm­lich für viele Ver­eine selbst dann ein finan­zi­elles Pro­blem, wenn sie sich an die Regeln hielten. Im Sommer 1962 gab es gleich 74 Klubs, die formal gesehen erst­klassig waren. Sie alle – und dazu viele Zweit­li­gisten – bezahlten Ver­trags­spieler, um kon­kur­renz­fähig zu sein. Doch für klei­nere Ver­eine war das auf lange Sicht ruinös. Der Dort­munder SC 1895 nahm in der Saison 1960/61 nur 18 569 DM ein und sollte davon seinen Kader ent­lohnen und auch noch die anderen Abtei­lungen unter­halten. Von den Ver­einen, die den höchsten Spiel­klassen ange­hören, ist rund ein Drittel kaum lebens­fähig“, stellte der Spiegel“ fest.

Diesen Zustand hatte Neu­berger zwei Jahre vor dem ent­schei­denden Tag in Dort­mund zu einem klugen Schachzug genutzt. Auf dem DFB-Bun­destag 1960 stellte er fürs Saar­land den Antrag, geeig­nete Maß­nahmen zur Min­de­rung der Zahl der Ver­eine mit Ver­trags­spie­ler­mann­schaften zu ergreifen“. Dagegen konnte nie­mand etwas haben. Die Frage war nur, was für geeig­nete Maß­nahmen“ das sein sollten. Im Grunde konnte es nur um eine umfas­sende Reform gehen. Und so titelte die Zeit­schrift Sport-Magazin“ eine Woche vor dem Bun­destag: Zielt der Vor­stoß der Saar auf eine Bun­des­liga hin?“ Weiter hieß es, dass die Ver­eine längst Wege gefunden haben“, das alte Statut zu umgehen, was es nahe­lege, dem Vor­bild eines Nach­barn zu folgen: Der Schweizer Fuß­ball-Ver­band über­lässt es seinen Ver­einen, nach Belieben zu zahlen und selbst mit dem Finanzamt fertig zu werden.“

Auch durch solche Artikel wuchs der Druck auf den DFB, etwas gegen die Finanznot der kleinen Klubs und die schwarzen Kassen der großen zu tun. Und so kam der saar­län­di­sche Antrag im Sommer 1960 tat­säch­lich durch. Selbst der DFB-Alters­prä­si­dent Paul Flierl aus Fürth, eigent­lich ein Ver­tei­diger des Ama­teur­sports, sagte bei der Debatte: Die Umstände ändern sich, und nur ein Dummer bleibt für immer bei seiner alten Mei­nung.“ Der Bun­destag beschloss, eine Kom­mis­sion zu bilden, die die Mög­lich­keit einer zen­tralen Spiel­klasse“ prüfen und eine Emp­feh­lung aus­spre­chen sollte. Den Vor­sitz dieser Kom­mis­sion über­nahm Dr. Gös­mann.

Doch was hatten die Gegner der Bun­des­liga über­haupt gegen sie ein­zu­wenden? Warum gab es in Deutsch­land so große Wider­stände? Dass das Sport-Magazin“ das Finanzamt„ erwähnte, lie­fert einen wich­tigen Hin­weis: Auch die Tra­di­tio­na­listen sorgten sich näm­lich ums Geld.
Zum einen wusste nie­mand, ob der deut­sche Zuschauer nicht viel lieber Lokal­du­elle sehen wollte als Spiele gegen Klubs vom anderen Ende des Landes. Zudem konnte man eine natio­nale Liga nicht mit Ama­teuren oder Fei­er­abend­profis bestreiten, Berufs­fuß­baller aber würden die Klubs viel Geld kosten: nicht nur Gehälter, son­dern auch Sozi­al­ab­gaben. Ein noch grö­ßeres Pro­blem betraf die Grund­struktur des deut­schen Ver­eins­we­sens. Als gemein­nüt­zige Orga­ni­sa­tionen, die den Brei­ten­sport för­derten, genossen die Ver­eine Steu­er­vor­teile und bekamen Zuschüsse. All das war in Gefahr, wenn sie Pro­fi­ab­tei­lungen grün­deten und Berufs­sportler anstellten.

Einige dieser Bedenken erklären, warum es aus­ge­rechnet im Jahre 1962 end­lich mit der Geburt der neuen Liga klappte. Man liest oft, das schlechte Abschneiden der Natio­nalelf bei der WM in Chile habe den Aus­schlag gegeben. Aber es spielte auch eine Rolle, dass im Dezember 1961 ein acht Jahre alter Rechts­streit beendet wurde.

Ende 1953 hatte die AOK den 1. FC Köln auf­ge­for­dert, für seine Fuß­baller Sozi­al­bei­träge zu zahlen. Die Kran­ken­kasse meinte, dass die Ver­trags­spieler zu ihrem Verein in einem ver­si­che­rungs­pflich­tigen Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis“ stünden, auch wenn sie noch einen Beruf hatten. Der FC hin­gegen behaup­tete, die Spieler bekämen kein Ent­gelt, son­dern Auf­wands­ent­schä­di­gungen, die keine wirt­schaft­liche Abhän­gig­keit zum Verein begründen, weil sie zu einem großen Teil durch die beson­deren Auf­wen­dungen ver­braucht würden, die der Ver­trags­spieler im Hin­blick auf die kör­per­li­chen und geis­tigen Anfor­de­rungen habe“. (Auf Deutsch: Spit­zen­fuß­ball ist so anstren­gend, dass das ganze Geld für Ver­pfle­gung drauf­geht.) Dem wollte das Bun­des­so­zi­al­ge­richt nicht folgen. Kurz vor Weih­nachten 1961 ent­schied es, dass Fuß­baller Ange­stellte seien, für die ein Verein Renten- und Kran­ken­ver­si­che­rung abzu­führen habe. Mit einem Schlag war das ganze Ver­trags­spie­ler­kon­strukt juris­tisch durch­lö­chert.
Wahr­schein­lich war die Nie­der­lage dem 1. FC Köln gar nicht Unrecht, oder besser: seinem Prä­si­denten. Der 57-jäh­rige Ket­ten­rau­cher Franz Kremer han­delte von Berufs wegen mit Wer­be­ar­ti­keln und war der größte Befür­worter einer Pro­fi­liga in ganz Deutsch­land. Sieben Monate nach der Pleite vor Gericht applau­dierte er des­halb im Dort­munder Gold­saal Neu­ber­gers Worten und lauschte dann der Schluss­rede, gehalten von Jakob Koenen, Bür­ger­meister von Lipp­stadt und neuer Schatz­meister des DFB.

Koenen for­derte die Abge­ord­neten auf, der Emp­feh­lung der zwei Jahre zuvor ein­ge­rich­teten Gös­mann-Kom­mis­sion zu folgen. Die hatte sich in ihrem Gut­achten für die Bun­des­liga aus­ge­spro­chen und zudem – nach Gesprä­chen mit den Finanz­mi­nis­te­rien – für die Schaf­fung des Lizenz­spie­lers“. Das war ein Berufs­fuß­baller ohne Nebenjob, aber auch für ihn sollte eine Gehalts­ober­grenze gelten, wodurch den Ver­einen die Gemein­nüt­zig­keit erhalten blieb. Diese neue Halb­her­zig­keit würde schon bald für Ärger sorgen, aber im Sommer 1962 war der Kom­mis­sion die Rechts­lage zu unsi­cher. Die Hin­wen­dung zum unbe­schränkten Pro­fes­sio­na­lismus,“ sagte Gös­mann, könnte zu im Augen­blick noch nicht zu über­se­henden Kon­se­quenzen führen.“

Dann, end­lich, ging es an die Abstim­mung. Wie es sich für diesen Sport gehört, fand sie mit den Füßen statt: Die Dele­gierten erhoben sich und schritten durch eine von zwei Türen. Wäh­rend sie das taten, trug Borussia Dort­mund ein Test­spiel gegen Bre­mer­haven 93 aus. Gegen 18 Uhr teilte der Sta­di­on­spre­cher den Zuschauern mit, dass der DFB soeben die Ein­füh­rung der Bun­des­liga beschlossen habe, mit einem in dieser Höhe sen­sa­tio­nellen Ergebnis von 103:26 Stimmen. Die Fans klatschten Bei­fall.

Doch noch wäh­rend der Applaus ver­klang, begannen die Pro­bleme, die bis heute für böses Blut sorgen. Die Unge­reimt­heiten fingen schon damit an, dass lange unklar war, wie viele Ver­eine die Bun­des­liga über­haupt haben sollte. Im Oktober legte sich der Beirat des DFB auf 16 Klubs fest, erklärte aber auch, dass die Zahl auf 18 steigen konnte, falls der Meister und Vize­meister der lau­fenden Saison nicht zu jenen Aus­er­wählten zählen sollten. Und noch im Januar 1963 bat die Schalker Legende Fritz Szepan den Aus­schuss, der die Ent­schei­dung zu treffen hatte, die Bun­des­liga mit 20 Mann­schaften zu starten.

Jener Aus­schuss bestand aus fünf Män­nern: Her­mann Neu­berger, Franz Kremer, Nürn­bergs Prä­si­dent Ludwig Franz, dem Ham­burger Kauf­mann Walter Baresel und dem Juristen Dr. Willi Hübner aus Essen. Sie wurden im Oktober damit beauf­tragt, die Zusam­men­set­zung der neuen Liga zu ent­scheiden. Es war eine undank­bare Auf­gabe, deren Ausmaß erst am 1. Dezember klar wurde, dem Tag, an dem die Bewer­bungs­frist endete. Ja, der DFB hatte die Bun­des­liga aus­ge­schrieben – wie Maler­ar­beiten in einem Neubau. Gleich 46 Ver­eine, viel mehr als erwartet, schienen keine Angst vor dem finan­zi­ellen Risiko namens Pro­fi­fuß­ball zu haben und reichten Unter­lagen ein.

Aller­dings machte sich der Aus­schuss das Leben auch selbst schwer. Selten infor­mierte er über den Fort­gang seiner Arbeit, mona­te­lang machte er keine genauen Angaben über seine Aus­wahl­kri­te­rien. Es war unstrittig, dass die Ver­eine wirt­schaft­lich gesund sein sollten und über Repu­ta­tion ver­fügen mussten. Man konnte sich schließ­lich keinen Bank­rott gleich in der ersten Saison leisten, und die Bun­des­liga hatte auch nur eine Chance, die Massen zu bewegen, wenn attrak­tive Teams in ihr spielten. Zudem war klar, dass eine geo­gra­fi­sche Streuung sein musste, damit die natio­nale Liga auch wirk­lich das Land abdeckte. Aber wie diese Ele­mente gewichtet wurden, dar­über hüllte sich der Aus­schuss in Schweigen. Als die Ver­eine die Aus­schrei­bungs­un­ter­lagen bekamen, stand da zwar etwas von sport­li­chen Leis­tungen seit der Spiel­zeit 1951/52“, doch eine Formel zu deren Berech­nung wurde nicht erwähnt. Der Aus­wahl­pro­zess war so trans­pa­rent wie der Da-Vinci-Code.

Der Aus­schuss neigte auch dazu, ohne Vor­war­nung voll­endete Tat­sa­chen zu schaffen. Am 11. Januar 1963 gab er plötz­lich bekannt, dass neun Klubs fest­stünden (Köln, Dort­mund, Schalke, Nürn­berg, Frank­furt, Ham­burg, Bremen, Hertha und Saar­brü­cken) und einige Bewer­bungen bereits abge­lehnt seien. Dar­unter Kan­di­daten, die sich Chancen aus­ge­rechnet hatten, etwa Ober­hausen, dessen Prä­si­dent Peter Maaßen wie vor den Kopf geschlagen“ war.

Die Pro­teste ver­lei­teten den Aus­schuss zum nächsten Fehler. Er sagte den abge­lehnten Ver­einen, dass sie in der Zwölf­jah­res­wer­tung zu wenige Punkte hätten und nannte ihnen die Anzahl. Aus denen schloss nun die Presse auf die Formel und ver­öf­fent­lichte eine Rang­liste der noch im Rennen befind­li­chen Ver­eine. Sie machte zum Bei­spiel Aachen große Hoff­nungen.

Am 6. Mai 1963 hielt die Ale­mannia eine Ver­eins­feier ab, als die Nach­richt kam, dass der Aus­schuss soeben die letzten sieben Bun­des­li­gisten benannt hatte. Es waren Stutt­gart, Braun­schweig, Kai­sers­lau­tern, Karls­ruhe, Münster, der Mei­de­ri­cher SV und 1860 Mün­chen. Aachens Geschäfts­führer Willi Glauch, der sich nicht erklären konnte, wieso der MSV den Vorzug bekommen hatte, pol­terte: Das ist ja wohl das tollste Ding, das es nach dem Krieg gab.“

So dachte man auch in Offen­bach und beim FC Bayern. Nach den Hoch­rech­nungen hatten beide Klubs deut­lich vor 1860 gelegen. Langsam sickerte durch, dass die Wahl auf die Löwen gefallen war, weil sie acht Tage vorher die Ober­liga Süd gewonnen hatten. Die Süd­deut­sche Zei­tung“, sprach von Willkür“ und behaup­tete, ein Mit­glied des Aus­schusses hätte gesagt: Wir haben für die Aus­wahl der Ver­eine viele Tabellen in Reserve. Eine davon passt schon.“ 

So wirkte es in der Tat, daher schossen die Spe­ku­la­tionen ins Kraut. In Aachen glaubt man bis heute, dass Franz Kremer keinen zweiten Verein aus dem Rhein­land in der Liga wollte. In Offen­bach ist man sicher, dass Frank­furts Prä­si­dent Rudi Gram­lich die Kickers aus­sperrte. (Gram­lich saß nicht im Aus­schuss, hatte aber einen Posten beim DFB.) In Neun­kir­chen sagt man, Neu­berger hätte Saar­brü­cken pro­te­giert. Noch 30 Jahre später bat der Verein den DFB um eine Erläu­te­rung der Aus­wahl­kri­te­rien von 1963. Er bekam keine Ant­wort.

Was immer die fünf Männer des Aus­schusses damals aus­ge­kun­gelt haben, fest steht, dass ihre Liga ein rie­siger Erfolg wurde. Damit hatte der DFB wohl nicht gerechnet. Als der Ver­band zehn Wochen nach dem Tag von Dort­mund näm­lich das erste Bun­des­li­ga­statut ver­ab­schie­dete, baute er vor­sichts­halber einen Para­gra­phen ein, in dem er sich nicht nur für die Ein­füh­rung der Bun­des­liga zuständig erklärte, son­dern auch für ihre Auf­lö­sung.