Mit seinen Toren für Galatasaray Istanbul und die türkische Nationalmannschaft stieg Hakan Sükür einst zum Nationalhelden auf. Heute kämpft der ehemalige Stürmer im politischen Exil um seine Existenz.
Die Liste derjenigen, die sich in den vergangenen Jahren gegen die immer repressivere Politik Recep Tayyip Erdogans gewandt haben, ist lang. Gegen die Umstrukturierung des politischen Systems und die Außenpolitik Erdogans erhoben sich neben zahlreichen Politikern auch immer mehr Spitzensportler. Und die, die es einmal waren. Unter ihnen auch ein einstiger Nationalheld – Hakan Sükür, der Galatasaray Istanbul 2000 einst mit sechs Toren ins Finale und schließlich zum Titelgewinn des UEFA-Cups in Kopenhagen schoss, ehe er zwei Jahre später mit der Türkei überraschend WM-Dritter wurde und dabei das schnellste Tor der WM-Geschichte erzielte. Der bullige Stürmer hatte sich zur viel gefeierten Figur des türkischen Fußball entwickelt. Heute ist von der gesellschaftlichen Verehrung für Sükür nicht mehr viel übrig. Statt sich beim Spaziergang entlang der türkischen Küste von leidenschaftlichen Fans auf die Schultern klopfen zu lassen, muss sich der einstige Publikumsliebling im politischen Exil mit Taxifahrten über Wasser halten, wie er nun gegenüber der Welt angibt.
Denn nachdem Sükür in den Jahren nach seinem Karriereende noch für die AKP im türkischen Parlament saß, trat er 2013 öffentlichkeitswirksam aus der Partei aus. Die Schritte, die die AKP kurz zuvor gegen die sogenannte Gülen-Bewegung eingeleitet hatte, bezeichnete Sükür als „feindlich“ (zu den Hintergründen hier entlang). In der Folge wehrte er sich immer wieder gegen die Politik der AKP und Staatspräsidents Erdogan, ehe ihm aufgrund einer drohenden Anklage wegen Präsidentenbeleidigung und einer vermeintlichen Nähe zur Gülen-Bewegung 2015 nur die Flucht in die USA blieb.
„Erdogan nahm mir alles“
Doch auch fernab der Heimat, in vermeintlich sicherer Entfernung von der Repression Erdogans und der AKP, findet der 48-jährige keinen Frieden. Wie er nun in einem Interview der Welt und Bild erzählt, hat der Ex-Stürmer auch in den USA mit den Folgen seiner politischen Äußerungen zu kämpfen: „Erdogan nahm mir alles. Mein Recht auf Freiheit, das Recht, mich zu erklären, mich zu äußern, das Recht auf Arbeit. Ich habe in der Türkei Besitz im Wert von Dutzenden Millionen Dollar. Ich habe nichts mehr. Nirgendwo auf der Welt.“ Seine Besitze seien mittlerweile vollständig konfisziert, seine Konten von der Türkei eingefroren. Mieter seiner Häuser in der Türkei wären in den vergangenen Jahren belästigt und zum Auszug gedrängt worden. Und so bleibt Sükür nur die Existenzsicherung – als Taxifahrer in Washington D.C. „Ich fahre für Uber“, sagt der ehemalige Kopfballspezialist der Welt und ergänzt, dass er darüber hinaus auch mit dem Verkauf von Büchern dringend benötigtes Geld verdiene.