Der AC Turin dominierte in den 40er Jahren den italienischen Fußball. Fünfmal in Serie wurde Il Grande Torino Meister. Doch am 4. Mai 1949, heute vor 70 Jahren, kam fast das komplette Team bei einem Absturz ums Leben.
Dichte Nebelschwaden hingen am 4. Mai 1949 über Turin, als die Fiat G‑212 zur Landung ansetzte. An Bord saß die gesamte Mannschaft des AC Turin, die gerade von einem Freundschaftsspiel aus Lissabon zurückkehrte. Dass der Betriebsausflug nach Portugal mitten in der italienischen Spielzeit lag, war nebensächlich. Bereits fünf Spieltage vor dem Saisonfinale hatte sich der AC Turin die italienische Meisterschaft, den „Scudetto“, gesichert. Es war der fünfte Titel in Folge und für nahezu drei Jahrzehnte der letzte.
Aufgrund des schlechten Wetters merkte der Pilot nicht, dass er die Maschine viel zu tief in Richtung Landebahn drückte. Sie zerschellte am Turiner Hausberg „Superga“. Alle 18 Spieler des AC Turin kamen ums Leben. „Il Grande Torino“, wie die Tifosi die Wunderelf von damals noch heute nennen, wurde durch die Tragödie endgültig zur Legende. Zwei Tage nach dem Absturz des Flugzeugs streckte der italienische Verbandspräsident Ottorino Barassi am Ort des Schreckens den Meisterpokal in den Himmel.
Juventus taugte nicht einmal als ernstzunehmender Lokalrivale
Mehrere hunderttausend Menschen waren dabei. Sie nahmen Abschied von der besten Mannschaft der vierziger Jahre – in Italien, in Europa, vielleicht weltweit. In Turin selbst waren die Kräfteverhältnisse zu dieser Zeit ohnehin geklärt. Juventus taugte zum Ende der Dekade nicht einmal als ernstzunehmender Lokalrivale. Das Herz der Stadt schlug nicht schwarz-weiß, sondern weinrot – auf Italienisch „Granata“.
Wenn je eine Mannschaft die Bezeichnung „heimstark“ verdient hatte, dann der AC Turin in den Vierzigern. Sechs Jahre am Stück verlor das Team kein einziges Spiel im Stadion „Filadelfia“. In der Saison 1947/48 fehlten dem Vizemeister AC Mailand 17 Punkte zum Titel. Diese Überlegenheit schlug sich auch in der Nationalmannschaft nieder. Gegen Ende der Vierziger war die Squadra Azzura nichts anderes als der AC Turin in blauen Kostümen. Als die Fiat G‑212 abstürzte, starb daher auch ein Stück Italien der Nachkriegsära.
„Ohne Superga hätten Uruguay und Deutschland heute einen WM-Titel weniger auf dem Konto“, behauptet Oreste Comoglio. Als der Aufstieg des AC Turin begann, war er 22. Comoglio, auch mit 89 Jahren noch ein glühender Torino-Fan, war dabei, als 1938 der Lederfabrikant Ferruccio Novo zum Vereinspräsidenten gewählt wurde. Novo entwickelte einen Vierjahresplan nach realsozialistischem Strickmuster, um ein konkurrenzfähiges Team aufzubauen. Den Auftakt seiner erstklassigen Einkaufspolitik machte er mit der Verpflichtung von Romeo Menti und Guglielmo Gabetto im Sommer 1941.