Football is not coming home. Kroatien steht zum ersten Mal im Finale einer Fußball-Weltmeisterschaft. Wie konnte es soweit kommen? Fünf Gründe für Kroatiens Sieg über England.
Als schon alles darauf hindeutete, dass Kroatien im dritten K.O.-Spiel zum dritten Mal zum Elfmeterschießen antreten müsste, stand plötzlich Mario Mandzukic im Strafraum frei. Der Vollblüt-Stürmer ließ sich nicht zweimal bitten. Kroatien durfte frühzeitig Feierabend machen – zumindest für ihre Verhältnisse.
Dass es überhaupt zur Verlängerung kam, war der Lethargie der Engländer zu verdanken. Wir liefern diesen und vier weitere Gründe, warum Kroatien zum ersten Mal im Finale einer Weltmeisterschaft steht.
1. Spielkontrolle trotz Rückstand
Standardsituation, Tor: Dieses Muster führte England ins Halbfinale der Fußball-WM. Auch gegen Kroatien gingen sie früh durch einen Standard in Führung (5.). Die Rollen für das Spiel waren fortan klar verteilt: Kroatien musste das Spiel gestalten, England konzentrierte sich auf die Defensive. Sie verschanzten sich in einer kompakten 5 – 3‑2-Formation hinter der Mittellinie.
Die Kroaten machten nach dem frühen Rückstand nicht den Fehler, den Engländern ins offene Messer zu laufen. Einige Male rückte ihr Mittelfeld aus Luka Modric und Ivan Rakitic sehr weit auf; Marcelo Brozovic musste als Sechser viel Raum alleine abdecken. Dieses Problem führte zwar zum Freistoß vor dem 0:1, war danach aber weniger akut, auch weil England die Räume neben Brozovic zu zaghaft anspielte.
Stattdessen übernahmen die Kroaten die Kontrolle über das Spiel. Modric wirbelte wie schon bei der gesamten Weltmeisterschaft als omnipräsenter Spielgestalter mal hier, mal da herum. Die Kroaten beruhigten das Spiel zunächst und verhinderten, dass England zu Kontern ansetzen konnte.
2. England lässt die Kroaten vom Haken
Mehr als Spielkontrolle hatten die Kroaten in der ersten Halbzeit aber nicht vorzuweisen. Dazu verteidigten die Engländer zu stark: Mit ihrem Dreier-Mittelfeld schlossen sie die zentralen Räume gegen Kroatiens starkes Mittelfeld-Trio. Modric und Rakitic mussten häufig auf die Flügel ausweichen. Von dort fand Kroatien aber keinen Weg zurück ins Zentrum. Kroatiens Außenverteidiger schlugen uninspirierte und ungenaue Flanken in den Strafraum; eine leichte Beute für Englands kopfballstarke Abwehr. England gewann 66% aller Kopfball-Duelle. Nach einer Stunde hatte Kroatien gerade einmal sechs Schüsse vorzuweisen, nur einer ging davon aufs Tor.
Nach rund einer Stunde ließen die Engländer Kroatien jedoch vom Haken. Plötzlich störten sie nicht mehr im Mittelfeld, sondern zogen sich an den eigenen Strafraum zurück. Modric und Rakitic fanden plötzlich Räume vor dem Strafraum vor, die England zuvor rigoros verschlossen hatte. Im Nachhinein ist es von Außen kaum zu erklären, warum England das eigene Pressing komplett aufgab. War es Nervosität? Müdigkeit? Sie luden Kroatien ein, das bis dahin recht harmlose Ballbesitzspiel näher an den englischen Strafraum zu tragen.