Als Mo Salah und die ägyptische Nationalmannschaft ihr Teamhotel beziehen, werden sie vom tschetschenischen Statthalter Ramzan Kadyrow persönlich empfangen. Der Beginn einer peinlichen Propaganda-Show.
Ein wenig überrumpelt wirkte er schon, der gute Mo Salah (25). Ob er wusste, wer dieser Mann war, der ihm für ein gemeinsames Foto die rechte Pranke auf die Schulter gelegt hatte? Tschetscheniens Präsident Ramzan Kadyrow (41) persönlich war gekommen, um Ägyptens WM-Delegation im Turnier-Wohnort Grosny zu begrüßen.
Schnappschus und Ehrenrunde
Tschetschenien? Das ist eine autonome Teilrepublik der Russischen Föderation im nördlichen Kaukasus. Und Kadyrow? Das ist Putins eisenharter Statthalter in diesem entlegenen Teil der Welt, der stark vom Islam geprägt ist – und von immer wieder aufkeimenden Unabhängigkeits-Bestrebungen teils islamistischer Gruppierungen. Nun stand er also da, dieser Ramzan Kadyrow, lässig gekleidet, in einem grün-weißen Trainingsanzug des Hauptstadt-Klubs Achmat Grosny (bis 2017: Terek Grosny). Er umarmte den schüchtern lächelnden Salah wie einen alten Freund.
Doch mit dem gemeinsamen Schnappschuss zur Begrüßung war es nicht getan. Natürlich begab sich Kadyrow mit dem weltweit gefeierten Liverpool-Star auch noch auf eine gemeinsame Ehrenrunde durch das Stadion von Grosny. Gemeinsam winkten die beiden den Hunderten Schaulustigen auf den Rängen und den Hunderttausenden oder gar Millionen an den TV-Geräten.
Exekution und Folter
Der Kreml-nahe Fernsehsender RT zitierte den tschetschenischen Präsidenten später mit wärmsten Worten. Er halte Ägypten „für eines der weltbesten Teams“ und: „Mohammed Salah ist der beste Fußballer der Welt und alles in allem eine perfekte Person.“ Was natürlich ein wenig übertrieben ist, aber hier ging es ja nicht um sportliche oder charakterliche Expertise. Es ging eher um die politische Propaganda eines Mannes, dem Menschenrechts-Organisationen vorwerfen, gerne mal außergerichtliche Exekutionen und gnadenlose Folterungen anzuordnen. Hinter vorgehaltener Hand wird Kadyrow auch „Putins Pitbull“ genannt.
Als die Fotos und Videos von Kadyrow und Salah um die Welt gingen, twitterte Andrew Stroehlein, der Mediendirektor der Organisation Human Rights Watch: „Die Weltmeisterschaft hat nicht mal begonnen und schon wird sie dazu genutzt, um den gemeinsten aller Kriminellen zu boosten.“ Ein Kommentator warnte: „Rechnet mit noch mehr solcher peinlichen Fotos in dem Monat, der vor uns liegt.“ Und Mo Salah? Der sagte nichts, lächelte höflich in jede Kamera und war vermutlich froh, als er anschließend wieder im Teamhotel war. Wobei: Die Unterkunft namens „The Local Hotel“ sieht auch nicht wirklich einladend aus.