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Es ist eine eisige Win­ter­nacht in Bel­grad im Jahre 1989. Der Kern der Hoo­li­gans des Erst­li­ga­klubs Roter Stern, etwa hun­dert Männer, hat sich in einem Raum in den Kata­komben des Mara­kana-Sta­dions ver­sam­melt. Harte Männer, die rau­chen und trinken und lärmen und plötz­lich ver­stummen, als ein Mann in einem feinen, von Gold­fäden durch­wirkten Anzug den Raum betritt. Jeder der Hoo­li­gans kennt ihn oder zumin­dest die Geschichten, die über ihn erzählt werden. Es ist der Boss der Bel­grader Unter­welt, er hat Morde und Raub­über­fälle begangen, ist von Interpol zur Fahn­dung aus­ge­schrieben und mehr­fach aus dem Gefängnis aus­ge­bro­chen, er ist ein glü­hender ser­bi­scher Natio­na­list und hat beste Bezie­hungen zum jugo­sla­wi­schen Geheim­dienst. Sein bür­ger­li­cher Name ist Zeljko Raz­na­tovic, aber jeder hier nennt ihn nur Arkan. Den Tiger.

Arkan steht mitten im Raum. Eine eis­kalte Stille umgibt ihn, als er zu spre­chen beginnt. Er stellt sich als lei­den­schaft­li­cher Fan des Ver­eins vor und kün­digt an, dass ab sofort in der Fan­szene nichts mehr ohne sein Wissen und seine Zustim­mung pas­sieren wird. Keiner der Hoo­li­gans wagt es, auch nur eine Frage zu stellen. Am Ende ver­lässt Arkan den Raum und lässt die Fans zurück, die noch nicht ahnen, dass dieser Mann viele von ihnen zu Sol­daten machen wird – und zu Mör­dern.

Ein Mann – ein Ziel

Kaum hat sich der Unter­welt­boss zum Chef der Bel­grader Fan­kurve auf­ge­schwungen, bezieht er ein unschein­bares Büro im Bauch des Mara­kana. Ein paar Sessel, ein Tisch und düs­teres Licht, das durch ein stau­biges Fenster her­ein­fällt. Dass sich in diesen Teil des Sta­dions nie­mand zufällig ver­irrt, ist ihm ganz recht. Denn was Arkan plant, braucht keine Öffent­lich­keit. Sein Ziel: Er will bereit sein, wenn es los­geht.

Im Jahre 1990 ist Jugo­sla­wien ein rie­siges Pul­ver­fass. Der Viel­völ­ker­staat driftet mit atem­be­rau­bender Rasanz aus­ein­ander. Zehn Jahre ist Staats­gründer Josip Broz Tito nun schon tot, der Ein­fluss der einst all­mäch­tigen kom­mu­nis­ti­schen Partie schwindet unwie­der­bring­lich. Die unter­drückten natio­na­lis­ti­schen, reli­giösen und eth­ni­schen Bruch­li­nien treten nun offen zutage. In Kroa­tien und Slo­we­nien werden Wahlen abge­halten, die Bevöl­ke­rung stimmt hier wie dort mit über­wäl­ti­gender Mehr­heit für die Schaf­fung sou­ve­räner Staaten und für die Unab­hän­gig­keit von der Zen­tral­re­gie­rung in Bel­grad. Ser­bi­sche, kroa­ti­sche und bos­ni­sche Natio­na­listen ver­schärfen fast täg­lich den Ton der Atta­cken. Es wird Krieg geben, das ist bald jedem klar, der die Zei­tungen liest.

Arkan weiß das und auch sein dis­kreter För­derer Slo­bodan Milo­sevic. Die Bezie­hung der beiden ist bis heute geheim­nis­um­wit­tert. Nur ein ein­ziges Foto, auf­ge­nommen auf einer Beer­di­gung, zeigt Milo­sevic und Raz­na­tovic auf Tuch­füh­lung. Aber es ist der ser­bi­sche Prä­si­dent, der ihm die Wei­sung gegeben hat, unter den Anhän­gern des Klubs Par­tei­gänger und Fuß­sol­daten zu rekru­tieren. Nur des­halb ist der mäch­tige Geheim­dienstler Jovica Sta­nisic in den Vor­stand des Fuß­ball­klubs ein­ge­rückt, er ist das Bin­de­glied zwi­schen dem Staats­prä­si­denten und dem Mann fürs Grobe.

Arkan macht sich an die Arbeit. Auf den ersten Blick küm­mert er sich nur für­sorg­lich um die Anhänger, mal steht er in der Kurve und singt laut­hals mit, mal hockt er bei den Ver­eins­bossen und ver­han­delt mit ihnen über Ticket­kon­tin­gente und Mate­ria­lien für Cho­reo­gra­fien. Er gibt sich leut­selig, aber wer ihm in die Quere kommt, den straft er mit Methoden aus der Unter­welt. Er erpresst und drang­sa­liert die Funk­tio­näre des Klubs, und auch die Spieler bekommen Arkans Macht zu spüren. Als das Team durch eine kleine sport­liche Krise schlit­tert, gibt er seinen Leuten die Order, die Autos der Kicker zu demo­lieren, als kleine War­nung.