Hasstiraden, die auf Youtube Millionen von Klicks generieren. Auf Kosten von Arsène Wenger, der an Arsenal TV scheitern könnte.
»> Aufstieg und Eigenarten des Arsenal TV haben wir nachgezeichnet. Die komplette Reportage lest ihr in der aktuellen Ausgabe #184.
„Fuck off, Wenger, du Parasit!“
„Wenger ist ein fucking Scharlatan!“
„Wenger ist wie AIDS.“
„Wenger ist ein gieriger Bastard.“
Das sind nur einige der Kommentare von Arsenal-Fans, die man auf Twitter und Youtube finden kann. So reden die Menschen über Arsène Wenger, den ebenso langjährigen wie idealistischen Trainer, der Arsenal neu erfunden hat und den Klub zum Inbegriff des schönen Fußballs machte. Natürlich reden die meisten Fans nicht so. Aber in den sozialen Medien sind Gift und Galle allgegenwärtig und haben ein neues Phänomen hervorgebracht: Fans, die ganze Hasskampagnen gegen Klublegenden starten.
Seit der Nazizeit beschäftigen sich Gelehrte mit der Frage, wie eines der klügsten und kultiviertesten Länder der Welt in den Bann eines wahnsinnigen, hasserfüllten Todeskultes geraten konnte. Hätte man Hitlers Aufstieg verhindern können? Warum bemerkte niemand die Anzeichen, von denen man im Nachhinein erkannte, dass sie die hereinbrechende Katastrophe deutlich ankündigten?
Zorn. Verzweiflung. Frustration.
Dieselben Fragen werden sich zukünftige Historiker stellen, wenn es um den plötzlichen Ruck in Richtung eines autoritären Nationalismus geht, der die einst stabilen und liberalen Demokratien in vielen westlichen Ländern erfasst hat. Wo waren die Vorläufer? Welche Hinweise haben wir übersehen? Jeder, der sich mit dem Aufstieg von Donald Trump beschäftigt, mit dem Brexit oder der AfD, wäre gut beraten, sich mal eine Gruppe genauer anzuschauen, die nur auf den ersten Blick mit alldem wenig zu tun: Fußballfans.
Die Anfänge eines neuen, dunkleren Fan-Diskurses wurden in Großbritannien schon zu Beginn des Jahrzehnts offenbar. Diese neue Kultur verband die Ablehnung von Gruppen, die man zur gesellschaftlichen Elite zählte, mit dem Sieg der Emotion über die Vernunft. Und sie drückte sich in einer Flutwelle von Verbitterung und Wut aus. Natürlich haben sich Fans schon immer über Spieler, Trainer oder Funktionäre geärgert. In seinem Buch „Fever Pitch“ erinnert sich Nick Hornby daran, wie er 1968 als Kind zu seinem ersten Arsenalspiel ging und sich inmitten von Erwachsenen fand, die Fäkalsprache benutzten und deren Gesichter „vor Zorn oder Verzweiflung oder Frustration verzerrt waren“.