Am kommenden Spieltag werden (fast) alle Bundesligaspieler mit einem „Wir helfen/refugees welcome“-Aufnäher auflaufen. Die Fan-Organisation „Unsere Kurve“ kritisiert das.
Robert Pohl, in einem Offenen Brief fordert Ihre Fan-Interessengemeinschaft „Unsere Kurve“ die Bundesligavereine auf, sich am kommenden Spieltag nicht an der Aktion „Wir helfen / refugees welcome“ zu beteiligen. Warum?
Es ist eine vermarktete Aktion, bei der „Hermes“, Premiumsponsor der DFL, seinen Sponsorenplatz auf dem Trikotärmel freimacht, um dort den Slogan „Wir helfen / refugees welcome“ zu präsentieren. Die Sache ist allerdings: Es handelt sich dabei um eine Aktion der „Bild“-Zeitung, die ihr Logo ebenfalls auf den Aufnäher zeigt. Zunächst mal finden wir nicht, dass es überhaupt einen Partner braucht, um Themen wie „Flüchtlinge“ oder „Integration“ zu transportieren. Bei dieser Aktion liegt der Verdacht nahe, dass mit Kalkül ein kommerzieller Partner präsentiert werden musste – wie gefühlt bei allem, was irgendwie im Profifußball passiert. Es wirkt befremdlich.
Es geht also gar nicht so sehr um die „Bild“ als Partner, sondern eher um die Frage, warum so eine Aktion vermarktet werden muss?
Natürlich geht es auch um die Wahl des Kooperationspartners. Es ist eine plakative Aktion, bei der die „Bild“-Zeitung das Thema instrumentalisiert, um Werbung für sich zu machen. Abgesehen davon hat die „Bild“ in der Berichterstattung über Flüchtlinge sehr viel Öl ins Feuer gegossen. Und auch in der Fußballberichterstattung konnte man etliche Artikel lesen, bei denen moralische Grenzen überschritten wurden. Ich erinnere an die Geschichte über Fürths Bastian Lerch, den ein Reporter kurz nach einer Hirn-OP am Krankenbett überrumpelte. Oder an den Artikel über den ehemaligen Bundesligaprofi Mimoun Azaouagh, der laut „Bild“ ein Salafist sei – übrigens ein Vorwurf, der sich als haltlos herausstellte. Es mutet also mehr als sonderbar an, dass so eine Zeitung sich jetzt hinstellt und sagt, dass sie nun für eine herzliche Willkommenskultur steht.
Am Mittwoch informierte der FC St. Pauli, die Aktion zu boykottieren. Danach warf „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann dem Klub vor, gegen Flüchtlinge zu sein. Haben wir was verpasst?
Es war die richtige Reaktion des Vereins. Gerade der FC St. Pauli setzt sich seit vielen Jahren aktiv für Flüchtlinge und ähnliche Themen ein. Zur Aussage von Herrn Diekmann fehlen mir eigentlich die Worte. Letztendlich zeigt diese „Wenn ihr nicht für uns seid, seid ihr gegen Flüchtlinge“-Argumentation das ganze Dilemma der Aktion und die abstruse Denke dieser Zeitung.
Die DFL argumentiert, dass der Premiumsponsor Hermes die Hoheit über die Werbeinhalte hat. Trägt die Liga also keine Verantwortung?
Für uns stellt sich die Frage, warum die Beteiligten diesen Platz nicht mit einem einfachen Slogan besetzen können, der komplett frei von Werbung und Sponsoring ist. Frei von dem Verdacht, dass vor dem Hintergrund einer guten Idee eine andere Sache verkauft werden soll. Warum kann man nicht einfach ein Label-loses „Refugees welcome“ auf dem Ärmel tragen? Oder „Love football, hate racism“? Botschaften, die geradeaus und direkt sind. Die ehrlich wirken und aus dem Bauch heraus.
Ist der Fußball zu schwerfällig geworden, um frei und spontan auf bestimmte Ereignisse zu reagieren?
Es fehlt auf jeden Fall an Spontaneität. Die Vereine und Verbände können sich da die Fans zum Vorbild nehmen, die seit Jahren ohne großen Firlefanz und schnell auf Ereignisse reagieren. Es wird erst einmal an die Sache an sich gedacht und nicht daran, wie man aus einer Aktion einen Marketingnutzen ableiten kann.