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Max Meyer, Sie sind der erste deut­sche Fut­sal­spieler, der es in den Pro­fi­fuß­ball geschafft hat. Was haben Sie beim Futsal gelernt?
Max Meyer: Futsal ist wie Fuß­ball auf engstem Raum: Vier gegen Vier oder Fünf gegen Fünf, viele Kon­takte, schnell spielen. Es schult das tak­ti­sche Ver­ständnis, ver­bes­sert das Dribb­ling und macht vor allem wahn­sinnig viel Spaß.

War es rück­bli­ckend Ihr großes Glück, dass Nor­bert Elgert offen war für Ihre Futsal-Skills?
Meyer: Unbe­dingt. Ich hatte das vorher beim MSV Duis­burg ganz anders erlebt, dort wollte man mir das Drib­beln schon ver­bieten. Im Trai­ning durfte ich plötz­lich nur noch mit zwei oder drei Ball­kon­takten spielen. Bei Schalke durfte ich vom ersten Tag an ein­fach frei auf­spielen.

Nor­bert Elgert, haben Sie wirk­lich nie ver­sucht, Max Meyer die vielen Dribb­lings aus­zu­treiben?
Nor­bert Elgert: Ganz im Gegen­teil. Bei Spie­lern wie ihm muss man das eher noch for­cieren. Wenn du einem Spieler seine her­aus­ra­gende Stärke nimmst, wird er nie dorthin kommen, wo er hin­kommen kann. Er musste nur lernen, das Spiel­tempo zu vari­ieren und somit die Ball­kon­takt­zeiten zu erhöhen. Bei den Profis ist es ent­schei­dend, im rich­tigen Moment schnell zu spielen.

Wann haben Sie zum ersten Mal mit­ein­ander gespro­chen?
Meyer: Als ich mit 13, 14 Jahren vor dem Wechsel zu Schalke stand, in seinem Büro im Jugend­zen­trum. Herr Elgert hat mich dabei so begeis­tert, dass ich anschlie­ßend nur noch zu Schalke wollte.

Sie hatten noch andere Offerten?
Meyer: Ja, Borussia Dort­mund hatte auch ange­fragt.

Herr Elgert, wie war das Gespräch?
Elgert: Ich kann mich noch sehr gut erin­nern, dass Max damals eine lockige Matte hatte, aber ich bin ja der Letzte, der wegen einer Frisur etwas sagen könnte. Ich wusste damals, dass eines der größten Talente Deutsch­lands vor mir saß. Trotzdem weiß man nie, ob es am Ende für eine große Kar­riere reicht.

Sie machen den Job als oberster Nach­wuchs­trainer bei Schalke schon fast 20 Jahre, haben zweimal die U19-Meis­ter­schaft gewonnen, rei­hen­weise Profis aus­ge­bildet und sind 2014 zum Trainer des Jahres“ gewählt worden. Was müssen Ihre Jungs heute vor allem können?
Elgert: Der Fuß­ball hat sich in den letzten 15 Jahren unglaub­lich ver­än­dert, was Zeit‑, Raum- und Geg­ner­druck betrifft. Als Spieler braucht man ein extrem gutes Spiel­ver­ständnis und eine hohe Spiel­in­tel­li­genz. Mit jeder Bewe­gung eines Mit­spie­lers, eines Gegen­spie­lers oder des Balles ver­än­dert sich alles auf dem Platz. Die men­tale Geschwin­dig­keit ist daher heute noch wich­tiger als die Lauf­ge­schwin­dig­keit.

Was zeichnet Max Meyer aus?
Elgert: Er besitzt genau das, was man heut­zu­tage braucht. Wenn Max spielt, sind alle Radar­schirme und Antennen aus­ge­fahren. Er hat eine extrem schnelle Wahr­neh­mung und scannt den Platz fort­wäh­rend. Ein nor­maler Spieler macht das alle paar Sekunden, aber Spieler wie Xavi, Iniesta oder eben Max wissen immer, wo Mit­spieler, Gegner und Ball sind. So finden sie schneller Lösungen als andere.

Ist seine Kör­per­größe von 1,69 Metern ein Nach­teil?
Elgert: Nein, mit dem nied­rigen Kör­per­schwer­punkt und seinen schnellen Beinen ist er wie gemacht für den heu­tigen Spit­zen­fuß­ball.

Sie haben Mesut Özil und Julian Draxler trai­niert. Doch wie Sie von Max Meyer schwärmen, klingt es fast so, als wäre er Ihr Lieb­lings­spieler.
Elgert: Einen Lieb­lings­spieler habe ich nicht, sonst würde ich den anderen Jungs weh tun, mit denen ich zusam­men­ge­ar­beitet habe.

Wie ordnen Sie die Bezie­hung zwi­schen Max Meyer und Ihnen dann ein?
Elgert: Es war schon ein sehr gutes Trainer-Spieler-Ver­hältnis. Man könnte auch sagen: Wir schätzen uns sehr. Er war bei mir immer sehr lern­be­reit, und zudem ist er mensch­lich in Ord­nung. Das sage ich nicht nur, weil er gerade neben mir sitzt.

Wie ist denn das ideale Ver­hältnis zwi­schen Trainer und Spieler?
Elgert: Für mich ist wichtig, dass wir neben per­sön­li­chen auch gemein­same Ziele ver­folgen und die Mann­schaft intakt ist. In einem erfolg­rei­chen Team, wo jeder alles für die Mann­schaft gibt, kann man per­sön­liche Ziele leichter errei­chen. Gelten Sie zu Recht als harter Trainer? Elgert: Ich würde eher sagen, dass ich kon­se­quent bin. Ein Trainer kann nicht immer Everybody’s Dar­ling sein, sonst ist er irgend­wann Everybody’s Depp. Trotzdem muss hier nie­mand geduckt her­um­laufen, weil der Trainer so streng ist. Für mich ist genauso wichtig, dass die Jungs wissen, dass sie immer zu mir kommen können. Sie sollen wissen, dass ich sie anständig behan­dele und sie von mir immer eine ehr­liche Ein­schät­zung bekommen.

Stimmt das, Herr Meyer?
Meyer: Ich wusste bei Herrn Elgert tat­säch­lich immer, woran ich bin. Er hat mir auch gesagt, wenn etwas schlecht war. Ich habe öfter mal einen vor den Kopf bekommen, wenn er zum Bei­spiel gemerkt hat, dass ich nicht mit zurück­gelaufen bin. Im ersten Moment habe ich mich dar­über geär­gert, aber im Nach­hinein hat mir das auch dabei geholfen, dass ich so rasch in der ersten Mann­schaft ange­kommen bin.

Das hört sich alles sehr har­mo­nisch an, war wirk­lich immer alles eitel Son­nen­schein?
Elgert: Da fällt mir eigent­lich nur eine Geschichte ein. Max will immer spielen, er kann an keinem Ball vor­bei­gehen. Des­halb war es für ihn eine gefühlte Höchst­strafe, als ich ihn im End­spiel um die Deut­sche Meis­ter­schaft 2012 zunächst auf der Bank gelassen habe.

Sie brachten ihn gegen den FC Bayern Mün­chen beim Stand von 0:1 in der 63. Minute und nahmen ihn wieder raus, als es kurz vor Schluss 2:1 stand.
Elgert: Das lag aber nicht daran, dass er vorher schlecht gespielt hatte, son­dern das war eine tak­ti­sche Maß­nahme. Aber wenn das schief­ge­gangen wäre, hätten mich alle umge­bracht.
Meyer: Ich wusste, dass es tak­tisch bedingt war, und des­halb war es auch kein Pro­blem. Natür­lich wäre es ärger­lich gewesen, wenn wir dann noch einen rein­be­kommen hätten. Es gab da schon noch so eine große Chance in der Schluss­phase …

War es, wenn Sie heute zurück­bli­cken, für ihn eine gerad­li­nige Kar­riere?
Elgert: Max musste auch mal beißen, das ist aber total wichtig für die Jungs. Wer in der Jugend nicht irgend­welche Hin­der­nisse über­winden muss, wird dem Druck bei den Profis nicht stand­halten.

Max Meyer hat inzwi­schen sein erstes A‑Länderspiel absol­viert und stand mit fünf ehe­ma­ligen Spie­lern aus dem Schalker Nach­wuchs im vor­läu­figen WM-Kader. Was machen Sie anders als andere Klubs?
Elgert: Wir bilden die Spieler schon her­vor­ra­gend aus, aber das tun andere in Deutsch­land auch. Ich könnte wirk­lich nicht sagen, was unser Geheimnis ist.

Wie defi­nieren Sie sich denn als Fuß­ball­trainer?
Elgert: Ich stehe für ein aus­ge­prägtes Wir-Gefühl. Zugleich wird keiner ein­ge­engt, die Jungs müssen ihre Per­sön­lich­keit aus­leben dürfen.

Sie haben aber auch mal gesagt, dass Sie großen Wert darauf legen, dass Ihre Spieler auf dem Boden bleiben.
Elgert: Die Jungs sollen von ihrem Können über­zeugt sein, aber immer noch alles richtig ein­schätzen können. Die Jungs haben ein gott­ge­ge­benes Talent. Wenn sie zu den Profis kommen, ändert sich alles. Sie ver­dienen mehr als alle vorher in der Familie, haben einen Schau­spieler-Status und spielen in den schönsten Sta­dien der Welt. Damit musst du erst mal klar­kommen. Eine gewisse Demut ist sehr wichtig. Zu wissen, dass man kein bes­serer Mensch ist, nur weil man besser Fuß­ball spielt.

Als Sie in den sieb­ziger Jahren als junger Spieler zu Schalke kamen, welche Bezugs­person hatten Sie da im Verein?
Elgert: Ich bin gebür­tiger Gel­sen­kir­chener, habe mit 18 Jahren in der ersten Mann­schaft gespielt und mein Trainer war Max Merkel. Da hast du funk­tio­niert – oder nicht. Sein Co-Trainer, Friedel Rausch, hat mich viel­leicht mal kurz zur Seite genommen, aber das war’s dann auch schon.

Max Meyer, haben Sie Ihren ehe­ma­ligen Jugend­trainer eigent­lich mal als Spieler gesehen?
Meyer: Ich habe schon mal ab und zu bei You­tube geschaut, aber jetzt auch nicht groß weiter gesucht.

Was war er denn für ein Spie­lertyp?
Meyer: Außen­spieler, drib­bel­stark, habe ich gehört …
Elgert: Was nicht so bekannt ist: Ich war schwer nie­ren­krank und habe des­halb mehr von meiner Technik und Ein­stel­lung gelebt. Ich konnte schon ähn­lich gut mit dem Ball umgehen wie Max und war sehr drib­bel­stark. Aber ich hatte nicht seine Spiel­in­tel­li­genz und Über­sicht. Ich hatte den Kopf immer zu weit unten.

Heute steigen junge Spieler immer schneller in die Bun­des­liga auf, wie finden Sie das eigent­lich?
Elgert: Die Ent­wick­lung hat ihr Pro und Contra. Es ist auf Schalke sehr gut, dass begabte Spieler schnell die Chance bekommen, in der Bun­des­liga zu spielen. Bei Julian Draxler hatte ich zuerst Bedenken, weil Felix Magath für ein hoch­in­ten­sives Trai­ning bekannt ist. Jule“ war damals kör­per­lich noch nicht so stark, aber es hat trotzdem funk­tio­niert, weil er ganz gut vor­be­reitet war.

Max Meyer hat sein erstes Bun­des­liga-Spiel schon mit 17 Jahren bestritten …
Elgert: Wenn einer es schaffen kann, muss er zu den Profis. Reine Bega­bung reicht dazu aber nicht, es gehört auch die nötige Men­ta­lität dazu, und die hat Max. Bei man­chen jungen Spie­lern ist es auch mal zu früh gewesen, aber bei Max ist es sehr gut gelaufen. Es ist eine große Ver­ant­wor­tung, wenn wir eine solche Ent­schei­dung treffen. Letzt­lich ver­läuft jeder Weg voll­kommen anders.

Haben Sie Ihre ersten Bun­des­li­ga­spiele mit Nor­bert Elgert nach­be­spro­chen?
Meyer: Anfangs habe ich ja nur so zwi­schen fünf und zehn Minuten gespielt. Ich war immer glück­lich, wenn ich
wieder zur U19 run­ter­kommen durfte.
Elgert: Das zeigte nur seine große Liebe und Lei­den­schaft für den Fuß­ball. Er spielt auch, wenn keine Zuschauer da sind, kann aber genauso vor voller Hütte frei auf­spielen und ist dabei mental voll belastbar.

Wie häufig tau­schen Sie sich heute noch mit­ein­ander aus?
Meyer: Nicht mehr so häufig wie früher, aber der Kon­takt ist nicht abge­bro­chen. Wir schreiben uns regel­mäßig SMS. Wenn wir gewonnen haben, kommt garan­tiert eine Nach­richt vom Trainer.
Elgert: Ich bie­dere mich bei meinen Ex-Spie­lern nicht an. Sie wissen aber, dass ich da wäre, wenn sie mal Hilfe brau­chen, und das Angebot wird auch wahr­ge­nommen. Wenn Max und ich uns sehen, haben wir immer Gesprächs­stoff. Wenn die Profis aus­wärts in der Cham­pions League spielten, sind wir zuletzt mit der U19 mit­ge­flogen. Da hatten wir immer die Gele­gen­heit, uns per­sön­lich aus­zu­tau­schen.

Sie haben Ihren Ver­trag als Nach­wuchs­trainer gerade um vier Jahre bis 2018 ver­län­gert. Können Sie sich trotzdem vor­stellen, dass Sie Max Meyer mal in der Bun­des­liga trai­nieren?
Elgert: Ich schließe das nicht aus. Wenn mir mein Gefühl sagt, dass ich Pro­fi­trainer werden sollte, dann werde ich das auch machen. Ich kann es gar nicht fassen, dass ich diesem Job hier jetzt schon so lange nach­gehe. Hansi Flick wollte mich zuletzt für den DFB gewinnen, aber im Moment finde ich hier noch meine Erfül­lung. Ich helfe den Jungs ein­fach wahn­sinnig gerne weiter.