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Dieses Inter­view erschien erst­mals im Früh­jahr 2014.

Chris­tian Kulik, 1973 standen sich Borussia Mön­chen­glad­bach und der 1. FC Köln in jenem legen­dären DFB-Pokal­fi­nale gegen­über, in dem sich Günter Netzer selbst ein­ge­wech­selt hat. Sie sind damals für ihn vom Feld gegangen. Wann hat Netzer Ihnen seine Ent­schei­dung mit­ge­teilt?
Kurz vor dem Beginn der Ver­län­ge­rung, ich lag erschöpft auf dem Platz, wurde gerade mas­siert, als Günter zu mir kam und mich gefragt hat, ob ich noch kann. Da meinte ich zu ihm, dass ich völlig kaputt sei und bin dann auch ein­fach liegen geblieben. Dann kam Netzer rein und macht keine zwei Minuten später das Siegtor.

War Ihnen in dieser Sekunde eigent­lich klar, dass sich Netzer gerade selbst ein­wech­selt?
Über­haupt nicht, weil ich gar nicht mit­be­kommen hatte, wie das genau abge­laufen war. Ich wusste nicht, ob Netzer von sich aus ent­schieden hat, dass er jetzt spielt, oder ob Weis­weiler davon wusste. Ich war ein­fach platt und und des­halb froh, dass ich nicht weiter spielen musste.

Wären Sie auch vom Platz gegangen, wenn Sie gewusst hätten, dass dieser Wechsel nicht mit Weis­weiler abge­spro­chen war?
Das hätte ich mich gar nicht getraut. Ich war damals ja noch ein sehr junger Spieler. Letzt­end­lich ent­scheidet so etwas immer der Trainer. Und wenn Weis­weiler zu mir gekommen wäre, hätte ich auch weiter gespielt. Aber im Nach­hinein war es natür­lich gut, dass ich raus bin, weil wir so wenigs­tens Pokal­sieger geworden sind. Ich glaube nicht, dass ich noch das 2:1 erzielt hätte.

Weis­weiler hatte Netzer zuvor mit der Begrün­dung auf die Bank gesetzt, dass er nicht richtig fit gewesen sei. Das Ver­hältnis zwi­schen dem Mit­tel­feld­star und dem Trainer galt als beschä­digt. Wie hat die Mann­schaft das erlebt?

Diese Span­nungen gab es schon. Aber Günter war zuvor eine ganze Weile ver­letzt und wir haben auch ohne ihn unsere Spiele gewonnen. Und dann hat Weis­weiler eben ent­schieden, dass er nicht von Anfang an spielen wird. Inner­halb des Teams gab es dann aber auch Spieler wie Vogts, die sich für Günter aus­ge­spro­chen haben, die auch wollten, dass er gegen Köln spielt und nicht ich. Aber Weis­weiler hat damals eben an seiner Marsch­route fest­ge­halten.

Günter hat nie den großen Star raus­hängen lassen“

Sie waren damals gerade 20 Jahre alt, Netzer schon ein Welt­star, der nach diesem Spiel zu Real Madrid gewech­selt ist. Wie war Ihr Ver­hältnis zu ihm?
Er hat sich mir gegen­über immer sehr kame­rad­schaft­lich ver­halten. Manchmal bin ich auch bei ihm im Autro mit­ge­fahren. Günter hat nie den großen Star raus­hängen lassen. Aber er war damals natür­lich ein großes Vor­bild für mich. Als ich mit 18 aus Aachen nach Glad­bach kam, war er ja schon lange Natio­nal­spieler.

Das Spiel gegen den 1. FC Köln gilt bis heute als eines der besten DFB-Pokal­end­spiele. Sie standen zuvor bereits beim 7:1 gegen Inter Mai­land auf dem Platz, sind später noch zwei Mal Uefa-Pokal­sieger geworden. Wo würden Sie dieses Spiel für sich per­sön­lich ein­ordnen?

Es war schon ein beson­deres Spiel, weil es nicht nur ein End­spiel, son­dern auch ein Derby war. Des­halb ging es die ganze Zeit rauf und runter. Es war ziem­lich heiß, aber beide Mann­schaften sind ein hohes Tempo gegangen. Und weil es am Ende gelaufen ist, wie es gelaufen ist, hat dieses Spiel natür­lich einen hohen Stel­len­wert. Es war ja auch mein erster Titel mit Glad­bach.

Sie haben mit Glad­bach danach noch zwei Mal den Uefa-Pokal und drei deut­sche Meis­ter­schaften gewonnen, waren zudem Teil der Glad­ba­cher Fohlen, eine der auf­re­gendsten Mann­schaften der Bun­des­liga-His­torie. Trotzdem sind Sie heute im Ver­gleich zu Netzer, Heyn­ckes, Vogts oder auch Bonhof der Unbe­kannte geblieben. Fühlen Sie sich zu wenig gewür­digt?
Ich war nie jemand, der das Ram­pen­licht gesucht hat und außerdem hatte ich auch nicht den Stel­len­wert wie etwa Netzer oder Heyn­ckes. Ich hatte ein­fach das Glück, mit diesen Leuten zusammen zu spielen und habe mich selbst nie als Star gefühlt. Das ist aber, glaube ich, auch eine Cha­rak­ter­frage. Das beste Bei­spiel ist mein ehe­ma­liger Mispieler Her­bert Wimmer, der ist sogar Welt- und Euro­pa­meister geworden und lebt heute auch zurück­ge­zogen. Wimmer braucht diese Öffent­lich­keit nicht. Und so geht es mir auch. Des­halb stört mich das nicht.