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Knut Rein­hardt, wir wollten eigent­lich mit Ihnen über Final-Erfah­rungen spre­chen.
Aber?

Bei Dort­munds Cham­pions-League-Sieg 1997 standen Sie ja gar nicht auf dem Platz!
Ich saß noch nicht mal auf der Bank.

Warum nicht?
Sie legen Ihren Finger in eine ganz alte Wunde, die aber inzwi­schen glück­li­cher­weise ver­narbt ist. In jener Saison stand ich regel­mäßig für den BVB in der Cham­pions League auf dem Platz, aber für das Finale durfte unser Trainer nur 16 Spieler nomi­nieren. Wir flogen trotzdem mit der kom­pletten Mann­schaft zum Finalort Mün­chen, und bis wenige Stunden vor dem Anpfiff machte ich mir Hoff­nungen, am Abend im Kader zu stehen. Bis Ottmar Hitz­feld Wolf­gang Fei­er­singer und mich zu einem Gespräch bat.

Was wollte Hitz­feld von Ihnen?
Er sagte Wolf­gang und mir, dass wir auf den Kader­plätzen 17 und 18 stehen, wir also nicht dabei sein würden. Hitz­feld hat das damals, glaube ich, richtig mit­ge­nommen. Schließ­lich waren wir erfah­rene Spieler und er wusste, was er an uns hatte.

Wie haben Sie auf diese Nach­richt reagiert?
Ich war auf einmal ganz leer. Den ganzen Tag lang hatte ich unter Strom gestanden, jetzt fiel das alles von mir ab. Natür­lich war ich wahn­sinnig ent­täuscht und traurig.

Haben Sie die Ent­schei­dung des Trai­ners nach­voll­ziehen können?
Erst Wochen später. Dass sie nicht ganz falsch sein konnte, hatte da ja schon der Titel­ge­winn bewiesen. Aber ich brauchte meine Zeit, um die Ent­täu­schung zu ver­dauen.

Das Finale von Mün­chen gegen Juventus Turin wäre das Spiel Ihres Lebens gewesen.
Und statt­dessen saß ich im Aus­geh­anzug im Mann­schaftsbus und ver­ab­schie­dete mich auf die Tri­büne, wäh­rend die Jungs die Taschen schul­terten und in die Kabinen gingen. Das war wirk­lich kein schönes Gefühl.

Wie haben Sie die 90 Minuten erlebt?
Erst saßen Wolf­gang Fei­er­singer und ich wie begos­sene Pudel in unseren Anzügen auf der Tri­büne, aber als Lars am Ende das Ding ins Tor lupfte, lagen wir uns schreiend in den Armen. Kurz nach dem Schluss­pfiff enterten wir die Kabinen – da saßen die Kol­legen in Unter­hosen und bespritzten sich mit Cham­pa­gner. Wir waren Cham­pions-League-Sieger – und zwar die ganze Mann­schaft.

Hat man Ihnen denn wenigs­tens eine Medaille übrig gelassen?
Natür­lich! Und den Pott habe ich selbst­ver­ständ­lich auch mal strei­cheln dürfen. Außerdem hatte die Ver­eins­füh­rung beschlossen, jedem Spieler aus der Mann­schaft die volle Sieg­prämie für den Titel aus­zu­zahlen – ein feiner Zug.

Wo lagert Ihre Cham­pions-League-Medaille heute?
In einer Box in einem großen Karton mit vielen anderen Erin­ne­rungs­stü­cken.

Herr Rein­hardt, Sie lassen Ihre Tro­phäen ein­fach so ver­stauben?
Wo denken Sie hin?! Bis­lang habe ich eben nur noch keinen pas­senden Platz gefunden.

Nach 16 Jahren?
Wenn die Kinder aus dem Haus sind, wollte ich mir viel­leicht eh ein Fuß­ball­zimmer ein­richten…

Weiß Ihre Frau davon?
Naja, das soll eine Über­ra­schung werden…(lacht).

Eines Ihrer Erin­ne­rungs­stücke haben Sie jüngst dem Dort­munder Ver­eins­mu­seum, dem Borus­seum“ über­geben: Ein Trikot von Ole-Gunnar Solks­jaer, dem Mann, der 1999 den Sieg­treffer im legen­dären Finale gegen die Bayern schoss.
1997 trafen wir im Halb­fi­nale auf Man­chester United, daher habe ich sein Trikot. Und als das Borus­seum“ nach ein paar Samm­ler­stü­cken fragte, fiel mir das Leib­chen von Sol­skjaer wieder ein.

Natür­lich nur, um an die Halb­final-Spiele von 1997 zu erin­nern und nicht, um die Bayern zu ärgern.
Doch, das war schon die Inten­tion dabei (lacht). Im Ernst, das ist doch das Schöne am Fuß­ball: Dass man sich über so eine Geschichte auf­regen oder freuen kann.

Ist das Sol­skjaer-Shirt das spek­ta­ku­lärste Trikot in Ihrer Samm­lung?
In der Cham­pions-League-Grup­pen­phase 1995/96 trafen wir auch auf die Glasgow Ran­gers. Da spielte ein kleiner Eng­länder namens Paul Gas­coigne, zufällig mein Gegen­spieler. Nach wenigen Minuten trat er mich über den Haufen. Ich stand sofort wieder auf, rum­jam­mern war ja noch nie mein Ding. Das impo­nierte ihm. Kurz danach haute ich ihn um. Da stand er auf, lachte nur und gab mir die Hand. Nach dem Spiel tauschten wir dann unsere Tri­kots. Das Teil ist mir also schon was wert.

Werden Sie eigent­lich am Samstag im Wem­bley-Sta­dion anwe­send sein?
Der BVB hat alle Sieger von 1997 samt Anhang nach London ein­ge­laden, eine tolle Geste.

Dann sitzen Sie ja schon wieder im Anzug auf einer Tri­büne, wäh­rend unten Borussia Dort­mund ein Cham­pions-League-Finale bestreitet!
Der Dress­code lautet sport­lich-leger“. Das steht mir auch besser als so ein Anzug. Passt irgendwie auch besser zum Verein.

Hat Ihr ehe­ma­liger Klub denn über­haupt eine Chance gegen die über­mäch­tigen Bayern?
Bayern spielt eine groß­ar­tige Saison, keine Frage. Aber der BVB hat seine wich­tigen Spiele in dieser Saison auch des­halb gewinnen können, weil die Spieler Herz­blut ver­gossen haben. Und das ist heute noch so wie damals: Das Herz gewinnt die großen Spiele.