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Harun Arslan, was macht ein Mensch, der auf seinem Klin­gel­schild Sport­mar­ke­ting“ stehen hat?
Er bespricht Ver­träge mit Auf­trag­ge­bern, Arbeit­ge­bern und Wer­be­part­nern, er küm­mert sich um sämt­liche orga­ni­sa­to­ri­sche Dinge. Kurzum: Er ist seinen Kli­enten bei ihrer Kar­riere behilf­lich.
 
Zu Ihren Kli­enten gehören neben einigen Fuß­bal­lern auch Trainer. Dar­unter Tayfun Korkut, Mirko Slomka, Eric Gerets, Hansi Flick und Joa­chim Löw. Wie unter­scheidet sich die Zusam­men­ar­beit mit einem Trainer von der mit einem Spieler?
Einen Trainer muss ich nicht mehr im eigent­liche Sinne beraten. Das sind Männer, die bereits ein gewisses Alter haben, ihr Metier kennen und mit beiden Beinen im Leben stehen. Denen muss ich nicht mehr erklären, wie die Welt funk­tio­niert. Des­halb sehe ich mich für diese Kli­enten auch eher als Manager. Das trifft es eher.
 
Der Kon­takt zu Joa­chim Löw kam 1998 kurz vor seinem Wechsel zu Fener­bahce Istanbul zustande. Sie sollen ihn ein­fach ange­rufen haben, um ihm von der Trai­ner­suche in Istanbul zu berichten. Wie darf man sich das vor­stellen?
Ich bin in Istanbul geboren und hatte 1998 bereits gute Kon­takte in die tür­ki­sche Fuß­ball­szene. Fener­bahce suchte einen geeig­neten Trainer und bat mich um Unter­stüt­zung. Also klin­gelte ich bei Jogi Löw durch.
 
Sie waren sich zuvor noch nie begegnet. Woher hatten Sie seine Nummer?
Berufs­ge­heimnis! (lacht)
 
Wie kamen Sie auf Löw?
Jogi hatte den VfB Stutt­gart in seinen zwei Jahren als Chef­trainer zum Pokal-Sieg, ins Finale um den Euro­pa­pokal der Pokal­sieger und auf Platz vier in der Bun­des­liga geführt. Und das mit spek­ta­ku­lärem Offen­siv­fuß­ball – man denke nur an das Magi­sche Dreieck“! Er hat mir als Trainer sehr impo­niert und ich war mir sicher, dass er gut zu einem Spit­zen­klub wie Fener­bahce passen würde. Letzt­lich trafen wir uns gemeinsam mit dem Fener-Prä­si­denten und brachten den Ver­trag unter Dach und Fach.
 
Der tür­ki­sche Fuß­ball unter­scheidet sich vom deut­schen Fuß­ball, auch die Men­ta­lität ist eine andere. Haben Sie je daran gezwei­felt, dass Löw sich in der Türkei zurecht finden würde?
Nein. Er war damals schon sehr ent­schieden in seinem Auf­treten und seiner Art. Seine Idee vom Fuß­ball, wie er ihn sehen möchte, war damals die gleiche wie heute. Mit Erfolg: Noch heute schwärmen sie bei Fener­bahce davon, wie die Mann­schaft damals unter dem Trainer Löw Fuß­ball spielte.
 
Sie haben sich als ziem­lich guter Rat­geber erwiesen?
Jogi hat sich jeden­falls bis heute nicht bei mir beschwert. Und dass er mich seither als Manager beschäf­tigt emp­finde ich eben­falls als gutes Zei­chen.
 
Seitdem sind 16 Jahre ver­gangen. Wie sehr hat sich Löw in dieser Zeit ver­än­dert?
Gar nicht. Als wir uns ken­nen­lernten, war er ja bereits 38, also ein gestan­dener Mann.
 
Für einen Trainer ist das kein beson­ders hohes Alter.
Sicher­lich ist Jogi an Erfah­rungen rei­cher geworden, aber sein Cha­rakter und seine Denk­weise in Sachen Fuß­ball haben sich nicht viel ver­än­dert.


Wie viel Ahnung haben Sie von seiner Kern­kom­pe­tenz Fuß­ball?
Ich habe früher zwar auch gespielt, aber nur als Ama­teur. So oder so würde ich mir nie anmaßen, mich auf Augen­höhe mit meinen Kli­enten über ihren Job unter­halten zu können. Schon gar nicht mit dem Bun­des­trainer und seinem Assis­tenten!
 
Haben Sie jemals dar­über nach­ge­dacht, einen Trai­ner­schein zu machen, um noch mehr über den Beruf Ihrer Kli­enten zu erfahren?
Nein. Meine Kli­enten brau­chen meine Hilfe und Erfah­rung in anderen Teilen des Geschäfts. Ich muss ihnen nicht sagen, welche Spieler sie ein­wech­seln sollen oder wie sie die Flanken zu schlagen haben.
 
2004 holte Natio­nal­trainer Jürgen Klins­mann Löw als seinen Assis­tenten zum DFB, nach der WM 2006 beerbte der Lehr­ling seinen Chef. Welche Aus­wir­kungen hatte das Som­mer­mär­chen“ auf die wei­tere Kar­riere von Joa­chim Löw?
Schwer zu sagen. Fuß­ball ist ein so schnell­le­biges Geschäft, da kann sich in wenigen Wochen oder Monaten die Stim­mung radikal ändern. Noch kurz vor der Welt­meis­ter­schaft stand der dama­lige Bun­des­trainer schwer in der Kritik, dann haben ein paar Fuß­ball­spiele das ganze Land eupho­ri­siert. Das tolle Tur­nier hat jeden­falls dafür gesorgt, dass die gute Zusam­men­ar­beit zwi­schen dem DFB und Joa­chim Löw fort­ge­führt wurde.
 
Würden Sie sich als Fuß­ball-Fan bezeichnen?
Klar.
 
Denken Sie bei Spielen manchmal: Wen wech­selt der denn da jetzt wieder ein?“
Nein. Ers­tens werde ich beim Fuß­ball nicht so emo­tional wie viel­leicht andere. Zwei­tens zweifle ich nicht eine Sekunde daran, dass die Trainer viel besser wissen, was sie da tun, als ich.
 
Schauen Sie anders Fuß­ball, seit Sie als Berater bzw. Manager in diesem Geschäft tätig sind?
Das durchaus. Aller­dings nur, wenn es um die Spieler geht. Weil ich, anders als viel­leicht der gemeine Fan auf der Tri­büne, weiß, ob Spieler X zu 100 Pro­zent fit ist oder leicht ange­schlagen ist. Bei harten Zwei­kämpfen zucke ich dann schon mal zusammen.
 
Sie werden aller­dings auch in Sachen Joa­chim Löw mehr wissen, als Otto Nor­malfan. Emp­finden Sie des­halb nicht Kritik an seiner Person bei­zeiten als unge­recht?
Ich hätte mir zunächst schon gewünscht, dass nach dem ver­lo­renen EM-Halb­fi­nale 2012 gegen die Ita­liener dif­fe­ren­zierter berichtet und dis­ku­tiert worden wäre. Ich wusste ganz genau, wie hart Jogi und seine Mann­schaft im Vor­feld und wäh­rend der Euro­pa­meis­ter­schaft gear­beitet hatten. Die harte Kritik am Aus­scheiden hatten sie nicht ver­dient. Es brauchte seine Zeit, bis ich begriff, warum der Frust bei den Fans so groß war.
 
Wie lautet Ihre Erklä­rung?
Die Natio­nal­mann­schaft hatte sich mit ihrem auf­re­genden Stil in die Herzen der Zuschauer gespielt. Das Aus­scheiden traf die Deut­schen des­halb dop­pelt so hart, sie reagierten unver­hält­nis­mäßig heftig. Wie beim Fehl­tritt eines Fami­li­en­mit­glieds. Da sind auch ganz andere Emo­tionen im Spiel, als wenn es um einen Fremden oder losen Bekannten gehen würden.
 
Joa­chim Löw wird heute als eine Art Sti­li­kone wahr­ge­nommen. Das war 1998 noch nicht so. Haben Sie ihm schon mal geraten, zum Frisör zu gehen oder sich neu ein­zu­kleiden?
Nie. Weil mich das nichts angeht und mich auch nicht inter­es­siert. Ich glaube auch, dass sich Jogi Löw viel weniger Gedanken über sein Äußeres macht als sie viel­leicht annehmen. Aber wie ver­mut­lich jeder andere Mensch, der häufig in der Öffent­lich­keit steht, wird sich Jogi mor­gens noch einmal die Haare kämmen, bevor er aus dem Haus geht.
 
Wie viele Wer­be­ver­träge für Ihren pro­mi­nenten Kli­enten haben Sie schon ablehnen müssen?
Das waren einige. Jogi macht nur einen Bruch­teil von dem, was ihm ange­boten wird.
 
Weil die Ange­bote so schlecht sind?
Weil bei ihm grund­sätz­lich wenig Bereit­schaft besteht, über­haupt für irgend­etwas Wer­bung zu machen. Jedes seriöse Angebot wird von uns auch seriös behan­delt.
 
Würden Sie Joa­chim Löw als einen Freund bezeichnen?
Ja.
 
Können Sie Pri­vates und Beruf­li­ches gut von­ein­ander trennen?
Ganz wun­derbar sogar. Jogi freut sich ja auch dar­über, mal über etwas anderes zu spre­chen, als Fuß­ball.
 
Was sind das für Themen?
Alles, was Jogi und ich gerade so inter­es­sant finden.
 
Raucht der Bun­des­trainer eigent­lich noch so viel wie früher?
So viel ich weiß, raucht er gar nicht mehr.
 
Haben Sie ihm das abge­wöhnt?
Sie über­schätzen meinen Ein­fluss auf ihn ganz gewaltig.
 
Sie spre­chen offenbar nicht gerne über pri­vate Ange­le­gen­heit zwi­schen Ihnen und Joa­chim Löw.
Gut geraten. (lacht)
 
Löw steht vor allem dann unter natio­naler Beob­ach­tung, wenn er nach den Län­der­spielen im Fern­seh­studio Rede und Ant­wort stehen muss. Schauen Sie sich die Inter­views an?
Ab und an. Aller­dings nur dann, wenn ich mir die Spiele zuhause ansehe und nicht im Sta­dion.
 

Merken Sie dann, wenn es nach schlechten Spielen oder bei bestimmten Fragen in ihm bro­delt?
Natür­lich. Wenn man sich so lange kennt, ist das doch ganz normal.
 
Kann er seine Emo­tionen gut ver­ste­cken?
Er ist der Bun­des­trainer. Und er ver­hält sich so, wie man es von einem Bun­des­trainer erwartet.
 
Was meinen Sie damit?
Auch er darf mal aus der Haut fahren. Schließ­lich ist er ein Mensch und ein Mensch darf seine Emo­tionen zeigen, selbst wenn er so in der Öffent­lich­keit steht. Aller­dings sitzen bei diesen Inter­view viele Mil­lionen Men­schen vor dem Fern­seher und erwarten eine sach­lich-fach­lich prä­zise Ana­lyse des Spiels vom Natio­nal­trainer. Das tut Jogi Löw meiner Ansicht nach sehr gut.
 
Löw ist inzwi­schen 54. Gibt es auch Sicht eines Beraters/​Managers eigent­lich eine Alters­grenze für Fuß­ball­trainer?
Nein. Genauso wenig, wie es Pläne im Fuß­ball gibt. Dafür ist dieses Geschäft viel zu wenig vor­her­sehbar. Aber das ist ja auch das Fas­zi­nie­rende am Fuß­ball: Dass man das Spiel nicht planen kann.
 
Erschwert das Ihre Auf­gabe nicht unge­mein?
Ich sehe das eher als Her­aus­for­de­rung. Und gedank­lich schon zwei oder drei Monate weiter als meine Kli­enten zu denken, gehört natür­lich auch zu meinem Hand­werk.
 
Sind Sie schon mal mit Joa­chim Löw durch­ge­gangen, welche Länder, Ligen oder Verein für ihn in ferner Zukunft noch in Frage kommen könnten?
Nein, das wäre Spe­ku­la­tion und des­halb nichts für uns. Außerdem würde Jogi nicht seine wert­volle Zeit ver­schwenden, sich über etwas Gedanken zu machen, was ihn gegen­wärtig nicht zu küm­mern braucht.
 
Dafür sind Sie ja da.
Das haben Sie jetzt gesagt. (lacht)
 
Die WM 2014 steht vor der Tür. Welche Erwar­tungen haben Sie an die deut­sche Natio­nal­mann­schaft?
Ich erwarte gar nichts. Aber ich weiß, wie intensiv in der Mann­schaft gear­beitet wird, um dieses Jahr den Titel zu gewinnen. Sie ist dazu durchaus in der Lage. Aller­dings würde ich auch eine Nie­der­lage im Halb­fi­nale nicht als Kata­strophe bewerten.
 
Harun Arslan, jetzt ist ein wenig Fan­tasie gefragt. Nehmen wir an, Deutsch­land wird Welt­meister und der Tross der Natio­nal­mann­schaft lässt sich auf dem Balkon am Frank­furter Römer feiern. Im Über­schwang der Gefühle bittet Joa­chim Löw seinen alten Freund Harun Arslan auf die Bühne. Wie würden Sie reagieren?
Mich zuvor so gut ver­ste­cken, dass er mich gar nicht erst finden würde!