Michael Esser ist der Stammtorwart bei Darmstadt 98. Danach sah es lange Zeit seiner Karriere nicht aus. Ein Gespräch über seine Zeit als Klempner, Landesliga-Träume und Gewichtsprobleme.
Michael Esser, wir müssen mit einer Legende beginnen: Es heißt, sie hätten einst 115kg gewogen?
Als ich beim SV Sodingen in der Landesliga gespielt habe, da waren sicher mal ein paar Kilo zu viel drauf. Keine Ahnung, wie viel ich da genau gewogen habe, aber sicher nicht mehr als 115kg. Ich kam eben aus dem Mallorca-Urlaub und hatte noch etwas Trainingsrückstand. Der Trainer hat dann auch ganz klar gesagt: „So spielst Du bei mir nicht!“ Also habe ich eben gehungert. (Lacht)
Mit 20 Jahren in der Landesliga. Haben Sie damals daran gedacht, es bis in die Bundesliga zu schaffen?
Dass es so hoch geht, hätte ich sicher nicht gedacht. Ich war ja in der C‑Jugend immerhin schon einmal beim VfL Bochum. Da haben sie mich weggeschickt. Nicht gerade der Stoff, aus dem Träume sind.
Und dann sind Sie vom SV Sodingen ausgerechnet wieder nach Bochum gegangen?
Unser Präsident hat mir vom Interesse berichtet und mir zugeraten. Kurz darauf hatten wir ein Testspiel gegen Bochum, das wir nur mit 1:4 verloren haben. So ganz schlecht habe ich mich dabei wohl nicht angestellt. Also haben sie mich zum Probetraining eingeladen. Und irgendwie scheinen sie Gefallen an mir gefunden zu haben. Dabei habe ich so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machten konnte.
Was kann man denn im Tor richtig machen?
Selbst vermeintliche Kleinigkeiten: Wie gehe ich zu einem flachen Ball, zum Beispiel. Bis zu meinem Wechsel zur zweiten Mannschaft des VfL Bochum habe ich immer nur instinktiv agiert. In der Jugend gab es ja keine Torwarttrainer, die mir gezeigt hätten, wie es richtig geht. Umso wichtiger waren die ersten ein, zwei Jahre beim VfL.
Zu der Zeit hat man Ihnen, zumindest in Bochum, den Spitznamen „Bruno“ gegeben. Warum?
Den habe ich Rouven Schröder, dem heutigen Manager von Mainz 05, zu verdanken. Er hat damals mit mir bei der zweiten Mannschaft des VfL gespielt und eigentlich so ziemlich jedem einen Spitznamen verpasst. Meiner ist leider hängen geblieben, in Anlehnung an den Problembären (lacht).
Nach und nach haben Sie sich auch in der ersten Mannschaft der Bochumer etabliert. Angekommen in der Zweiten Liga, ganz ohne jemals in einem Nachwuchszentrum gewesen zu sein. War das im Nachhinein vielleicht sogar ein Vorteil?
Es hat eben auch alles seine Zeit. Hätte ich im Alter von 18, 19 Jahren bei den Bochumer Amateuren gespielt und trainiert, Rückschläge einstecken müssen, hätte ich vielleicht eher das Handtuch geworfen mit Blick auf eine eventuelle Bundesliga-Karriere. So habe ich mich dem Ziel Stück für Stück angenähert und nebenher meine Lehre als Anlagenmechaniker abgeschlossen.
Anlagen-Was?
So nennt man heute die Klempner. (Lacht) Ich habe auch ein paar Monate in dem Beruf gearbeitet, bis dann das Angebot aus Bochum kam. Im Nachhinein war das alles richtig so.