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Herr Kirsten, vor Kurzem haben Sie Ihr erstes Spiel für Dynamo Dresden in der dritten Bun­des­liga absol­viert. In den Spiel­be­richten werden Sie aus­drück­lich gelobt. Sind Sie mit Ihrer Leis­tung zufrieden?

Ja, das bin ich. Ich habe zwar ein, zwei klei­nere Fehler gemacht, aber ich denke trotzdem, dass ich das Spiel gut über die Bühne gebracht habe. Das haben mir auch meine Mann­schafts­kol­legen beschei­nigt.



Was über­wiegt, die Freude über die eigene Leis­tung beim Debüt oder die Ent­täu­schung über die Nie­der­lage?

Natür­lich die Ent­täu­schung. Ich hätte lieber keinen Ball auf das Tor bekommen und 0:0 gespielt, als nach einer guten Leis­tung zu ver­lieren. Ich bin nur ein Elftel der Mann­schaft und stehe voll im Dienst des Teams.

Schon in Ihrer ersten Saison bei Dynamo haben Sie Marcus Hesse als Nummer Zwei abge­löst. Was haben Sie sich für nächstes Jahr vor­ge­nommen?

Ich bin ja schon seit Oktober die Nummer Zwei in Dresden, nicht erst seit ges­tern. Mein Ziel für nächstes Jahr ist ganz klar, dass ich meine Posi­tion als zweiter Tor­hüter fes­tigen möchte. Ich habe noch einen Lern­pro­zess vor mir und plane des­wegen nächstes Jahr noch nicht mit einem Kon­kur­renz­kampf. Axel Keller ist ein starker Keeper, der sehr wichtig für die Mann­schaft ist. Ein Kon­kur­renz­kampf würde nur Unruhe ins Team bringen.

Neben dem Fuß­ball absol­vieren Sie eine Aus­bil­dung, nach der schlechten Rück­runde in Mann­heim haben Sie auch ein Kar­rie­re­ende nicht aus­ge­schlossen. Ist es diese Distanz, die Sie in dieser Saison so stark macht?

Das Kar­rie­re­ende stand zwar in Aus­sicht, aber der Wechsel zu Dynamo war natür­lich auch ein sehr per­sön­li­cher Wechsel gewesen. Ich habe Dynamo nicht gebeten, son­dern Dynamo hat mich nach der letzten Saison ange­spro­chen, worauf ich sehr stolz war. Ich bin, seitdem ich denken kann, Dynamo-Dresden-Fan, das hat sicher den Aus­schlag gegeben, meine Leis­tung nochmal zu erhöhen. Denn wenn man für einen Verein spielt, von dem man zu ein­hun­dert Pro­zent über­zeugt ist, dann kann man für diesen Club ein­hun­dert­zehn Pro­zent geben. Und zu Dynamo habe ich eine sehr per­sön­liche Bin­dung, früher bin ich zu jedem Aus­wärts­spiel gefahren.

Ihre bis­he­rigen Ver­eine glei­chen fast denen Ihres Vaters. Zufall?

Nein, das ist kein Zufall. Dadurch dass wir damals nach Lever­kusen gezogen sind, bin ich auto­ma­tisch in den Jugend­be­reich von Bayer 04 gerutscht. Aber diesen Sohn-Bonus, den viele immer ver­mu­teten, hatte ich nicht. Ich musste meine Leis­tung bringen, anders hätte ich das auch nicht gewollt. Ich wollte immer wegen meiner Leis­tung spielen und nicht wegen der meines Vaters. Hier in Dresden ist es vom Namen natür­lich ein sehr heißes Pflaster. Kirsten ist eine Legende, da musste ich ein wahn­sinnig großes Erbe über­nehmen. Das macht es sehr schwierig für mich, aber die Fans haben mich sehr positiv auf­ge­nommen und behan­deln mich genauso wie jeden anderen auch.

Nervt es eigent­lich, andau­ernd nach dem Vater gefragt zu werden?

Manchmal ist es ein­fach unan­ge­bracht. Ich erbringe eigene Leis­tungen, für die ich auch geschätzt werden will. Ich will nicht immer wieder hören: Super gehalten, aber dein Vater hat doch früher.… Das sind Dinge, bei denen man dann auch mal aus der Haut fährt. Aber natür­lich kann ich die Fans ver­stehen, die mich nach meinem Vater fragen, denn er war ein Rie­sen­fuß­baller.

Der Name Kirsten steht in Deutsch­land wie kaum ein anderer für Tore. Kein Stürmer war in den 90er Jahren erfolg­rei­cher als Ulf Kirsten – und jetzt ist sein Sohn Tor­wart. Brauchte Ihr Vater jemanden, der sich bei Son­der­schichten in den Kasten stellt?

Dafür war ich zu klein (lacht). Ich war ja am Anfang Stürmer und kann auch heute noch beide Posi­tionen spielen. Auch bei unserer Zweiten musste ich schon mal als Feld­spieler aus­helfen. Aber ich wollte ein­fach Tor­wart sein, der Ver­gleich Ulf/​Benni ist ja selbst dann gegeben, wenn ich im Tor stehe, da können Sie sich aus­rechnen, wie es wäre, wenn ich auch noch als Stürmer spielen würde. Diese Legende Ulf Kirsten kann man nicht über­bieten.

Also war es der große Erfolg des Vaters, der Sie dazu bewogen hat, etwas anderes zu machen?

Ein Stürmer, der so erfolg­reich und noch dazu auch von seiner Per­sön­lich­keit so pro­fes­sio­nell und ein­fach per­fekt war, kann man nicht nach­ma­chen – und den kann man auch nicht ein­holen. Ich war mir damals sicher, dass die Leute mich mit ihm ver­glei­chen würden und werden. Gerade in jungen Jahren kamen alle immer zu mir und haben mich gefragt: Du willst doch bestimmt werden wie dein Vater? Willst du ein bes­serer Stürmer werden als dein Vater? Gerade als junger Fuß­baller ist das sehr schwer, auch des­halb habe ich mich für die Tor­wart­po­si­tion ent­schieden.

Was hat Ihr Vater dazu gesagt?

Er hat gesagt, dass ich immer vom Kopf her ein Tor­hüter war, der sich lieber in den Dreck geschmissen hat, als zu laufen. Bis vor zwei Jahren hat er noch ver­sucht, mich zum Rechts­außen umzu­bauen, doch er hat dann auch ein­ge­sehen, dass das nichts bringt. Aber grund­sätz­lich war es ihm egal, welche Posi­tion ich spiele oder welche Sportart ich mache, Haupt­sache, ich bin glück­lich mit dem, was ich mache. Und ich bin sehr zufrieden mit meiner Posi­tion.

Haben Sie Ihren Namen eher als Vor­teil oder eher als Bürde wahr­ge­nommen?

Ich würde eher sagen als Bürde, weil viele in mir nicht den Fuß­baller oder die Per­sön­lich­keit Ben­jamin Kirsten gesehen haben, son­dern immer nur den Sohn von Ulf Kirsten. Alles wird irgendwie immer darauf zurück­ge­führt, dass Ulf Kirsten mein Vater ist, da muss man sich ziem­lich anstrengen, um eigene Schlag­zeilen zu schreiben. Schon zur Schul­zeit war es nicht ein­fach. Wir haben in Ber­gisch Glad­bach gewohnt, was zum Ein­zugs­ge­biet des 1.FC Köln liegt. Mit FC-Fans gab es des Öfteren Pro­bleme, aber da muss man ein­fach durch.

Auf dem Tor­wart lastet der psy­cho­lo­gisch größte Druck. Was macht für Sie den Reiz an dieser Posi­tion aus?

Unser Lever­ku­sener Trainer Rüdiger Voll­born hat zu uns gesagt: Fliegen ist das Schönste, was es gibt. “ Genauso sehe ich das auch, und so gebe ich es auch meinen jungen Tor­hü­tern, die ich hier bei Dynamo Dresden trai­niere, weiter.

Gab es einen Punkt, an dem Sie gemerkt haben, dass Ihr Vater Ihnen nicht mehr so ein­fach die Bälle rein­haut?


Als ich dann mit 17 oder 18 häu­figer bei der Zweiten von Lever­kusen mit­trai­niert habe, da habe ich gemerkt, dass es nicht mehr so ein­fach für ihn wird. Aber er hat es natür­lich in jedem Trai­nings­spiel trotzdem ver­sucht.

Zwei Jahre war Ihr Vater auch Ihr Trainer, dann wech­selten Sie nach Mann­heim. Kann man das als Flucht vor dem Ihrem Vater bezeichnen?

Eine Flucht war es nicht, dafür ist mein Vater ein viel zu guter Trainer, bei dem es richtig Spaß gemacht. Er hat mir nahe gelegt, es mal alleine zu pro­bieren. Die Zeit in Mann­heim will ich jetzt nicht kom­men­tieren, damit habe ich abge­schlossen, aber es war gut zu wissen, wie es ist, ohne meinen Vater. Ich glaube, dass auch mein Vater nicht ewig in Lever­kusen bleiben wird, denn ich bin mir sicher, dass er höher­klassig sehr gut trai­nieren kann. 

Welche Erin­ne­rungen haben Sie an die Kar­riere Ihres Vaters? Waren Sie oft mit im Sta­dion?

Ich habe ver­sucht, mir jedes Spiel von ihm anzu­schauen, aber oft musste ich selber spielen oder Lever­kusen hat am glei­chen Tag wie Dynamo gespielt.

Hat er Sie damals mit in die Ent­schei­dung ein­ge­bunden, als er ein Angebot von Real Madrid vor­liegen hatte?


Das hat er damals nicht gemacht, das ist an anderen Fak­toren geschei­tert. Später hat er mich mal gefragt, und da habe ich, soweit er mich erin­nern kann, ver­neint auf­grund meiner schu­li­schen Situa­tion. Aber mein Vater wollte auch nicht wirk­lich aus Lever­kusen weg­gehen.

Dort, wo andere den Fuß weg­ziehen, geht Kirsten mit dem Kopf hin.“ Das ist ein berühmtes Zitat von Ede Geyer über Ihren Vater. Könnte man das auch, leicht umfor­mu­liert, für Sie über­nehmen?


Ich bin ein ähn­li­cher Typ wie mein Vater. In Sachen Emo­tio­na­lität und Aggres­si­vität nehmen wir uns nichts. Als Tor­wart bin ich gezwungen, mich in jeden Ball zu schmeißen und zur Not auch mein Gesicht zu ris­kieren.