Bayerns wichtigster Spieler über Rückschläge, Lampenfieber und Leistungssteigerung durch enge Trikots.
Arjen Robben, wenn Sie auf die vergangenen zwölf Monate zurückschauen: War es ein gutes oder ein schlechtes Jahr?
Was soll ich sagen? Am Ende war es einfach nur schade, wie alles gelaufen ist.
Bei der WM 2014 spielten Sie im Zenit Ihrer Schaffenskraft. So stark wie in der Saison 2014/15 waren Sie in sechs Jahren beim FC Bayern nie. Dann verletzten Sie sich und verbrachten den Rest der Spielzeit in der Reha.
Sie haben es ganz gut zusammengefasst. In den letzten beiden Jahren wurde ich von Verletzungen verschont, wodurch ich in einen optimalen Rhythmus kam, sich mein Leistungsniveau stetig verbesserte und ich immer stärker wurde. Auch deshalb war es so bitter, als ich mich verletzte – und meinen Rhythmus verlor.
Im März 2015 erlitten Sie nach einem Foul von Tony Jantschke im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach einen Bauchmuskelriss. Sie hatten in Ihrer Laufbahn auch vorher regelmäßig mit Verletzungen zu kämpfen.
Ich weiß, Journalisten unterstellen mir gerne, dass ich sehr anfällig bin. Aber gerade diese Saison hat das Gegenteil bewiesen. Der Bauchmuskelriss war die Folge eines Unfalls. So etwas kann jedem passieren. Und auch die Art, wie schnell ich wieder fit wurde, zeigt, dass mein Körper in einer sehr guten Verfassung ist.
Als Sie Ende April wieder einsatzbereit waren, erlitten Sie 16 Minuten nach Ihrer Einwechselung im Pokalhalbfinale gegen den BVB einen Muskelbündelriss in der Wade.
Ich hatte mich sehr darauf gefreut, rechtzeitig zu den wichtigen Spielen wieder fit zu sein. Vor dem Match gegen Dortmund hatte ich zwei Tage schmerzfrei mit der Mannschaft trainiert. Aber irgendetwas war wohl mit der Wade nicht in Ordnung – und die Saison war vorbei.
Wie erinnern Sie sich an die 16 Minuten gegen die Borussia?
Wir können jetzt lange diskutieren, ob es richtig war, eingewechselt zu werden. Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, dass ich mich besser für das Spiel gegen FC Barcelona geschont hätte. Aber das bringt niemanden etwas.
Bereuen Sie die Entscheidung?
Nein!
Wie sehen Sie es dann?
Ich kann nur sagen, dass ich eine super Reha hatte und weder im Training noch beim Aufwärmen irgendwelche Probleme auftraten. Ich hatte vorab nicht das Gefühl, dass mit meiner Einwechslung ein Risiko verbunden sein könnte. Wenn da nur ein leichtes Zwicken gewesen wäre, hätte ich mich wieder auf die Bank gesetzt. Aber da war nichts.
Bekamen Sie mit, dass ihre erneute Verletzung sich psychisch auch auf Ihre Teamkollegen auswirkte? Die Mannschaft hatte kurz zuvor das Ausgleichstor gefangen, fand danach nicht mehr ins Spiel und schied gegen den BVB schließlich im Elfmeterschießen aus.
Nein, in so einem Augenblick ist ein Spieler komplett in seiner eigenen Welt. Ich wusste sofort, da ist etwas kaputt. Ich fühlte nur Leere. Für Momente war ich wie tot. Vollkommen zerstört.
Eine schlaflose Nacht gehabt?
Eine? Mehrere! Ich bin schon nach guten Spielen froh, wenn ich überhaupt schlafen kann. Aber wenn so etwas passiert…
Und am nächsten Tag humpeln Sie in die Praxis von Dr. Müller-Wohlfahrt und der Arzt schlägt die Hände überm Kopf zusammen?
Überhaupt nicht. Der Doktor steht immer hinter mir, er weiß ganz genau, wie gut ich auf meinen Körper achte.
Experten sehen in Ihrem Ausfall die Hauptursache für das Ausscheiden des FC Bayern im Halbfinale der Champions League und des DFB-Pokals.
Natürlich ist es ein Kompliment, von überall zu hören, wie sehr ich der Mannschaft fehle. Das macht es mir aber nicht leichter. Schließlich spiele ich dafür, dass wir als Mannschaft Erfolge feiern. Dann in den entscheidenden Spielen nicht dabei zu sein, ist nur sehr schwer zu akzeptieren.
Wie empfinden Sie Rehaphasen, wenn Sie nicht gegen einen Gegner, sondern nur gegen die eigene Physis ankämpfen?
Reha ist das Schlimmste. Das Einzige, was mir in der Phase hilft, ist der Gedanke daran, schnellstmöglich wieder auf dem Platz zu stehen.