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Herr da Silva, Sie sind in Rio geboren, haben bei Fla­mengo Rio de Janeiro ange­fangen, Fuß­ball zu spielen, sind dann nach Deutsch­land gekommen und haben beim TSC Pfalzel und Ein­tracht Trier gespielt. Nach einem erneuten Auf­ent­halt in Rio sind Sie über die Sport­freunde Eis­bachtal nach Frank­furt gekommen. Wie kam es zu dieser Odyssee?

Das hatte fami­liäre Gründe. Meine Mutter ist damals nach Deutsch­land gekommen, um hier zu arbeiten. Sie wurde dann arbeitslos, und wir sind dann nach Bra­si­lien zurück­ge­gangen. Nach einiger Zeit sind wir nach Deutsch­land zurück­ge­kommen. In Bra­si­lien habe ich bei einem grö­ßeren Verein gekickt als in Deutsch­land. Ich war hier natür­lich nicht beson­ders bekannt und wollte eigent­lich auch nur ein biss­chen Fuß­ball spielen, um mich mit Land und Leuten bekannt zu machen. Ich hatte ein­fach nicht die Ambi­tion, in Deutsch­land direkt zu einem großen Verein zu gehen.

Sie haben in der Jugend also über­wie­gend bei klei­neren Ver­einen gespielt. Die klas­si­sche Kar­riere eines Stra­ßen­fuß­bal­lers?

Ja, natür­lich. Es ist doch klar, dass jeder Jugend­liche erstmal auf der Straße anfängt. Man hat ein­fach jede Gele­gen­heit wahr­ge­nommen, um auf dem Bolz­platz oder auf der Straße, je nachdem wo Platz war, zu kicken. Das war der Beginn meiner Kar­riere.

Also auch einer von denen, die die Haus­auf­gaben links liegen ließen, um schnell auf den Bolz­platz zu kommen?

Genau. (lacht)

Bei Ein­tracht Frank­furt haben Sie in ihrem ersten Anlauf den Sprung zum Profi nicht geschafft. Woran hat das gelegen?


Frank­furt war damals aus der ersten Liga abge­stiegen und wollte mög­lichst schnell den Wie­der­auf­stieg schaffen. Dem­entspre­chend war der Kader qua­li­tativ gut besetzt. Es war auch schwer, weil der dama­lige Trainer (Anm.: Horst Ehr­mann­traut) auf die älteren Spieler gesetzt hat. Als junger Spieler war es sehr schwer, sich zu dieser Zeit dort durch­zu­setzen.

War es nicht depri­mie­rend, in die Regio­nal­liga wech­seln zu müssen (zum SV Wehen, Anm. d. Red.)?

In Frank­furt war es eher depri­mie­rend. Ich war noch jung, wollte unbe­dingt Fuß­ball spielen und musste den nächsten Schritt machen. Es hätte mir ja nichts gebracht, wenn ich bei der Ein­tracht geblieben wäre und dort nur auf der Tri­büne gesessen hätte. Ich wollte unbe­dingt zeigen, was ich drauf hatte. Das war der Grund für den Wechsel.

War der Auf­stieg mit Mainz 05, an dem Sie ent­schei­denden Anteil hatten, eine beson­dere Genug­tuung für Sie?


Es hat ja sehr lange gedauert, bis ich im Pro­fi­fuß­ball wieder Fuß fassen konnte. Ich war lange in Wehen. Als mein Ver­trag dort aus­lief, wusste ich, jetzt muss ich langsam Gas geben, um den Sprung nach oben noch zu schaffen. Das habe ich dann auch gemacht. In Mainz lief dann alles sehr positiv für mich. Trainer Jürgen Klopp hat mir direkt das Ver­trauen aus­ge­spro­chen, und dann sind wir auch noch auf­ge­stiegen.

Beschreiben Sie doch bitte einmal den Trainer Jürgen Klopp.


Dafür, dass Jürgen Klopp prak­tisch direkt vom Spiel­feld auf die Trai­ner­po­si­tion gewech­selt ist, hat er sehr viel Wissen mit­ge­bracht. Er ist ein Trainer, der sehr viel mit den Spie­lern spricht und jedem ein­zelnen das Gefühl gibt, ein Bestand­teil der Mann­schaft zu sein. Es ist unglaub­lich, wie Klopp ein­zelne Spieler und die Mann­schaft moti­vieren kann.

Was unter­scheidet ihn von anderen Trai­nern?

Seine Locker­heit und die mensch­liche Art. Auf der einen Seite ein Freund zu sein, aber auf der anderen Seite auch die nötige Härte mit­zu­bringen. Es passt ein­fach bei ihm – sowohl mensch­lich als auch als Trainer.

Kommen wir in die Gegen­wart: Warum lief es zu Beginn der Saison so schlecht für den VfB Stutt­gart?

Dafür gab es meh­rere Gründe. Wir hatten ins­be­son­dere zu Sai­son­be­ginn großes Ver­let­zungs­pech. In der Folge haben die Neu­zu­gänge etwas länger gebraucht, um sich in die Mann­schaft zu inte­grieren. Und natür­lich hat nach den ersten nega­tiven Ergeb­nissen das Selbst­ver­trauen gefehlt.

Ist man nach dem Gewinn der deut­schen Meis­ter­schaft viel­leicht zu über­heb­lich in die neue Saison gestartet?

Natür­lich können andere auf den Gedanken kommen – die sind jetzt deut­scher Meister und werden über­heb­lich. Aber das war nicht der Fall. Wir haben immer gut gear­beitet, auch vor der Saison im Trai­nings­lager. Die anderen Mann­schaften sind immer ganz beson­ders moti­viert, wenn sie gegen den deut­schen Meister spielen. Das haben auch wir zu spüren bekommen.

Zuletzt konnte die Mann­schaft wieder über­zeugen. Was ist für den VfB Stutt­gart in dieser Saison noch mög­lich?

Wir wissen, dass wir eine sehr gute Mann­schaft haben. Jetzt müssen wir ein­fach von Spiel zu Spiel denken und mög­lichst oft gewinnen. Es wäre ein Fehler, jetzt anzu­fangen, von der Cham­pions League zu reden. Am Ende der Saison werden wir sehen, für welche Plat­zie­rung es gereicht hat.

Sie haben in dieser Saison selten gespielt. Ist das nicht absolut unbe­frie­di­gend?


Wenn man in der Vor­saison zum Gewinn der deut­schen Meis­ter­schaft mit vielen Spielen bei­getragen hat, ist man natür­lich ent­täuscht. Der Trainer hat mir letztes Jahr das Ver­trauen geschenkt, und ich habe es ihm zurück­ge­zahlt. Dann sind neue Spieler gekommen, auch auf meiner Posi­tion. Viel­leicht war man doch nicht so zufrieden mit mir im letzten Jahr, obwohl ich viel gespielt habe. Jetzt ist es eine Her­aus­for­de­rung für mich, der ich mich stellen muss.

Nächste Saison soll mit Jan Simak ein wei­terer Spieler nach Stutt­gart kommen, der auf Ihrer Posi­tion spielt. Ist das nicht ein Indiz für feh­lendes Ver­trauen sei­tens des Ver­eins?

Ein Verein wie der VfB Stutt­gart hat gewisse Ziele, auch was den inter­na­tio­nalen Wett­be­werb anbe­langt. Und da ist es ganz normal, dass jede Posi­tion zumin­dest dop­pelt besetzt ist. Und wenn Jan Simak kommt, um die Mann­schaft zu ver­stärken, ist das eine Maß­nahme, die ich begrüßen würde. Wenn man dann mit mir nicht mehr planen würde, müsste man sich zusam­men­setzen und die Situa­tion bespre­chen. Aller­dings können wir alle auch auf ver­schie­denen Posi­tionen im Mit­tel­feld spielen.

Angeb­lich sind Frank­furt, Karls­ruhe und Mainz an Ihnen inter­es­siert. Nur Gerüchte, oder gibt es tat­säch­lich kon­krete Anfragen?

Mit mir per­sön­lich hat noch keiner gespro­chen. Ob es Anfragen an den Verein gibt, weiß ich nicht.

Sie sind Bra­si­lianer. Träumt man da nicht manchmal von der Sel­ecao“?


(lacht). Träumen kann man viel. Aber wenn man rea­lis­tisch ist, sieht das schon ein biss­chen anders aus. Natür­lich ist es ein Traum eines jeden Fuß­bal­lers, für sein Land zu spielen, aber die Kon­kur­renz ist ein­fach rie­sen­groß.

Haben Sie mal über­legt ihre Kar­riere in Bra­si­lien zu beenden, oder wollen Sie Deutsch­land nicht ver­lassen?

Über das Ende meiner Kar­riere mache ich mir jetzt noch keine Gedanken. Natür­lich wäre es schön, mal in Bra­si­lien zu spielen, wo ich außer in der Jugend auch noch nie gespielt habe. Allein, um mal zu sehen, wie dort gespielt wird. Ich würde nie­mals nie sagen. Ande­rer­seits ist es schon eher mein Ziel, in Deutsch­land zu bleiben. Ich lebe schon sehr lange hier, fühle mich wohl, und meine Kinder wachsen hier auf.

Sie treten sehr gefähr­liche Frei­stöße. Wie oft trai­nieren Sie solche Stan­dard­si­tua­tionen?


Als junger Spieler habe ich ständig nach dem Trai­ning geübt. Da habe ich die Grund­lagen gelegt. Inzwi­schen ist es etwas weniger geworden. Aber zwei bis dreimal in der Woche schnappe ich mir den Ball schon noch für eine halbe Stunde, um Stan­dards zu trai­nieren.

Sie spielen gerne Beach­vol­ley­ball. Ein Über­bleibsel aus Ihrer Zeit in Bra­si­lien?

Auf jeden Fall. In Bra­si­lien wächst man am Strand mit diesem Spiel auf. In Deutsch­land hat man leider kaum die Gele­gen­heit dazu. Es ist ein sehr inten­sives und tech­nisch anspruchs­volles Spiel, aber dafür bleibt leider nur der Urlaub.