Immer wieder werden Spieler verspottet, wenn sie mit Übergewicht aus dem Urlaub kommen. Dabei waren Fußballer mit Bauch einst ganz normal. Zum internationalen Anti-Diät-Tag denken wir wehmütig an sie zurück.
Das Ende der Dicken kam nicht über Nacht. Strikte Diät- und Ernährungspläne waren spätestens im neuen Jahrtausend zu Punkten in sämtlichen Trainer-Agenden geworden. Und weil es sogar in der Post-Klinsmann-Ära noch einige Profis wagten, mit einem Bäuchlein aus dem Urlaub heimzukehren, forderte DFB-Physiotherapeut Oliver Schmidtlein im Sommer 2007, dass übergewichtigen Profis „knallharte Geldstrafen“ verpasst werden müssten. Schmidtlein verlangte einen „klaren Maßnahmenkatalog“, denn „ein Fußballer ist am besten über Aufklärung und die Schaffung von Angstszenarien zu packen“. Dann pausierte er kurz, und schloss mit dem Satz ab: „Ich denke, so funktionieren Menschen am ehesten.“
Spieler, für die der Begriff „Sturmtank“ erfunden wurde
Jahrzehntelang hatten die Unförmigen und Übergewichtigen ihren Teams gute Dienste geleistet. Das kleine dicke Müller schoss in seiner Karriere so viele Tore wie kein anderer deutscher Fußballprofi. Dabei beschränkte sich sein Aktionsradius auf etwa 16 mal 14 Meter, und doch gab es niemanden, der ihm nach dem Spiel die gelaufenen Kilometer verlas und ihn auf futuristische Apparate setzte. Ähnlich war es beim Dicken, der uns hilft: Uwe Seeler. Auch er sah nicht gerade aus wie ein American Gladiotor, doch auch er schoss Tore am Fließband. Die Reihe ließe sich bei Angreifern endlos fortsetzen, von Ailton über Dieter Hoeneß zurück zu Dieter Schatzschneider, Spieler, für die der Begriff „Sturmtank“ erfunden wurde.
Doch auch Torhüter trugen nicht selten einige Kilo zu viel mit sich herum. Erinnert sei hier nur an Henry „Fatty“ Foulke. Der Mann wog zu Hochzeiten 150 Kilogramm und brachte trotzdem Stürmer und gegnerische Fans zur Verzweiflung. In fremden Stadien schütteten sie ihren Spott über ihn. „Who ate all the pies?“, riefen die Fans. Der Mann mit dem Körper eines Bisons reagierte mit sanfter Gemütlichkeit: „Es ist mir ganz gleich, wie sie mich rufen. Hauptsache, sie rufen mich nicht zu spät zum Mittagessen.“
Fettige Schweinshaxe und Eintopf zum MIttag
Nicht zu vergessen die Mittelfeldspieler und Wasserträger mit ihren o- und x‑förmigen Beinen, mit ihren kastenartigen Oberkörpern. Dieter „Hoppy“ Kurrat etwa sah aus wie ein Tetrisstein, doch er spielte hervorragenden und zweckgerichteten Fußball. Er gewann mit den Teilzeitfußballern von Borussia Dortmund 1966 gegen die Vollprofis und Athleten des FC Liverpool den Europapokal der Pokalsieger.
Oder die Mittelfeldgenies des HSV in den achtziger Jahren: Wolfram Wuttke und Miroslav Okonski. Die Wohlstandswampe schlappte über die Hosenbündchen, die Goldkette verhedderte sich im haarigen Dickicht des kleinen Männerbusens. Sie entdeckten die Langsamkeit im Spiel ohne Ball, und die Schnelligkeit im Spiel mit ihm – den One-Touch-Fußball. Man ließ sie machen, sie konnten sich sogar Zigarette rauchend zum Interview einfinden und dort öffentlich verkünden, dass sie täglich fettige Schweinshaxe oder Eintopf verspeisten.
Wie weit weg all das klingt – dabei ist es kaum 25 Jahre her.