Mario Götze, waren Ihre Eltern die klassischen Sportlereltern und bei jedem Jugendspiel mit dabei?
Mario Götze: Natürlich haben sie viel dafür getan, dass wir spielen konnten. Sie haben uns immer zum Training gebracht, sind ständig gefahren, entweder meinen Bruder oder mich. Dadurch waren sie natürlich oft dabei. Aber irgendwann war klar, dass es das ist, was ich will und gute Chancen habe, im Fußball auch etwas zu erreichen.
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Wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie das Zeug zum Profi haben?
Mario Götze: Das ist noch gar nicht so lange her. Erst nach der Weltmeisterschaft mit der U17 war ich mir sicher, dass ich es um jeden Preis als Fußballer versuchen will.
Und vorher?
Mario Götze: Da war es eher so, dass ich einfach gespielt habe. Der wirkliche Moment, an dem mir klar wurde, dass ich es schaffen kann und auch schaffen will, kam erst vor ungefähr zwei Jahren.
Gab es ein besonderes Spiel oder einen Moment, wo auch Sie keinen Zweifel mehr hatten, dass Sie um Längen besser sind als andere?
Mario Götze: Nein, sowas liegt doch ohnehin immer im Auge des Betrachters.
Na gut, aber ein Fußballer braucht doch auch das Selbstbewusstsein zu erkennen, was er kann. Sonst wären Sie wohl kaum dazu in der Lage, vor 80.000 Menschen im Stadion zu zaubern.
Mario Götze: Natürlich. Es wäre schlecht, wenn ich das nicht hätte.
Ihr älterer Bruder Fabian spielt nach einer leidlich erfolgreichen Zeit beim FSV Mainz nun in der 2. Mannschaft des VfL Bochum und lebt das Leben eines Durchschnittsprofis. Beneiden Sie ihn manchmal um die normale Taktung des Profi-Alltags?
Mario Götze: Natürlich wünsche ich mir auch manchmal eine Auszeit, aber ich bin vollkommen zufrieden damit, wie es gelaufen ist. Wäre ich jetzt an Fabians Stelle, wäre ich nicht Meister geworden. Manche Spieler brauchen ihre Zeit, entwickeln sich später und manche eben früher. Julian Draxler ist auch erst 17, bei Arsenal gibt es Jack Wilshere, in Brasilien Neymar. Alles Spieler, die man als Shootingstars bezeichnen kann.
Brüder stehen oft in Konkurrenz zueinander. Wie geht Fabian damit um, dass der Kleine viel erfolgreicher ist?
Mario Götze: Wir haben zusammen in der A‑Jugend gespielt, sind immer zusammen zum Training gefahren und haben uns dabei wie Brüder verstanden. Das war eine richtig gute Zeit, und ich habe mich sehr für ihn gefreut, als er nach Mainz gewechselt ist. Als es dort nicht so geklappt hat, konnte ich leider nicht für ihn da sein, was mir leid getan hat. Aber er kriegt das schon gebacken. Es ist eigentlich weniger Konkurrenz zwischen uns als viel mehr Freude für den anderen. Es ist nicht so, dass er mich beneidet.
Ihr Bruder Fabian kann nach wie vor unbehelligt ins Restaurant gehen. Fehlt Ihnen das?
Mario Götze: Manchmal denke ich schon, dass ich doch lieber ein „normaler“ Junge wäre, aber ich lebe gerade meinen Traum, und die Abstriche, die ich da machen muss, sind nicht so gravierend, dass ich dass Gefühl habe, es entgeht mir was. Ich denke, ich bin ziemlich glücklich.
Gab es in der zurückliegenden Saison eine Situation, in der Ihnen jemand sagen musste: „Mario, jetzt heb mal nicht ab“?
Mario Götze: Nee, eigentlich weniger. Es gab ja auch keine Zeit durchzudrehen: In der Hinrunde ging es Schlag auf Schlag mit den Spielen in der Bundesliga und in der Europa League. Als im Winter Zeit war abzuschalten, war schon klar, dass wir Meister werden wollen, und da macht man sich weniger Gedanken über sich selbst als über die Mannschaftsleistung.
Dennoch ließ Jürgen Klopp den Medien mitteilen, sie sollten sich hinsichtlich Ihrer Person beherrschen und hat Ihnen zwischenzeitlich eine Mediensperre auferlegt.
Mario Götze: Da passierte auf meine Initiative hin, weil mir bewusst wurde, dass es besser ist, mal keine Interviews zu geben. Durch diese Sperre hatte ich Zeit, mich langsam an das Interesse der Öffentlichkeit zu gewöhnen.
Die Presse zieht immer wieder Vergleiche zwischen Ihnen und Lionel Messi. Haben Sie konkrete Vorbilder?
Mario Götze: Zinedine Zidane, Cristiano Ronaldo, Lionel Messi – das sind auf jeden Fall Vorbilder. Was sie leisten, ist außergewöhnlich. Zu sowas schaut jeder Spieler auf. Aber auch wenn ich zur Nationalmannschaft komme, stelle ich fest, dass es da Profis gibt, bei denen ich mir noch einiges abgucken kann. Ich treffe auf Leute, die ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte – und denen begegne ich natürlich mit viel, viel Respekt.
Auf wen haben Sie sich bei der DFB-Elf besonders gefreut?
Mario Götze: Auf die Bayern-Spieler, die 2010 im Champions-League-Finale gestanden haben, oder auch auf Mesut Özil oder Sami Khedira, die bei Real spielen. Das ist natürlich schon etwas Besonderes.
Haben Sie Buddies bei der Nationalelf?
Mario Götze: Ich verstehe mich gut mit den jungen Spielern: Toni Kroos, Marco Reus, André Schürrle.
Auf Ihrer Facebook-Seite zählen Sie auch Pep Guardiola zu Ihren Lieblingssportlern.
Mario Götze: Er war eher Defensivspieler, so gesehen ist er vielleicht nicht als Aktiver ein Vorbild, aber natürlich als Trainer. Die Philosophie, die er der Mannschaft gibt, seine Statistik mit zehn Titeln in drei Jahren. An so einem Erfolg hat ein Trainer einen großen Anteil.
Das heißt, Sie waren beim Champions League Finale auf Seiten des FC Barcelona?
Mario Götze: Eindeutig, ja.
Muss ein junger Profi den Fußball heute global betrachten?
Mario Götze: Jeder sucht seine Vorbilder, und das muss nicht nur innerhalb von Deutschland sein. Der englische und auch der spanische Fußball sind momentan vielleicht noch ein Stück attraktiver als die Bundesliga, und da schaue ich mir sehr gerne die Spiele an.
Nach so einer Saison musste Ihr Berater bestimmt einige Angebote aus dem Ausland für Sie ablehnen, oder?
Mario Götze: Nicht, dass ich wüsste.
Gibt es denn einen Traum-Verein für Sie?
Mario Götze: Meine Lieblingsmannschaften sind der FC Arsenal und der FC Barcelona.
Sie stammen aus dem Allgäu, spielen aber seit zehn Jahren für den BVB. Wie stark ist die Verwurzelung mit dem Klub?
Mario Götze: Im Moment bin ich einfach glücklich, dass ich bei diesem Verein, bei dieser Mannschaft, bei diesem Trainer bin. Ich möchte auch möglichst lange bleiben und viele Titel gewinnen. Man weiß jedoch nie, was kommt. Nuri Sahin stammt auch aus der eigenen Jugend – und jetzt? Jetzt spielt er bei Real Madrid.
Mario Götze, wie fällt Ihre persönliche Bilanz des Jahres aus? Abgesehen vom Fußball – was war das Highlight in der Saison 2010/11? Ein Urlaub mit der Freundin, irgendein besonderes Leseerlebnis, eine Party?
Mario Götze: Also eine Freundin habe ich nicht. Aber die Zeit mit meinen Freunden war großartig, auch der Urlaub mit meinem Bruder im Winter auf Teneriffa oder Weihnachten bei meinen Großeltern.
Wie ist das denn, wenn man in der Winterpause nach so einer Hinrunde bei seinen Großeltern aufschlägt?
Mario Götze: Anfangs drehte sich natürlich alles um mich. Aber ich habe dann irgendwann gesagt, dass es mir lieber wäre, wenn wir zur Tagesordnung übergingen und dass ich noch zwei Brüder habe, die ebenfalls zu Besuch seien. Und das wurde dann auch so gehandhabt.
Und Oma hat Ihnen zum Abschied so wie früher 20 Euro in die Hand gedrückt?
Mario Götze: Nein, das gab es nicht mehr.
Was haben Sie sich denn von der Meisterprämie geleistet?
Mario Götze: Ein paar Sachen zum Anziehen, aber keine Rolex oder ein schnelles Auto.