Die DFL hat Martin Kinds Übernahmepläne für Hannover 96 abgelehnt. Das Ende der Hannoverschen 50+1‑Posse? Mitnichten.
Vor ein paar Jahren machte ein wunderbarer Gag im Internet die Runde, und der geht so: Die US-Gesundheitsbehörde warb auf Plakaten für Präventivuntersuchungen bei Männern, mit dem Slogan: „Dieses Jahr werden tausende Männer wieder an ihrer Sturheit sterben.“ Darunter hatte ein anonymer Witzbold mit weißer Spraydose geschrieben: „Nein, werden wir nicht!“
Dieser jemand wird nicht Martin Kind gewesen sein, aber in Sachen Sturheit kann Kind es mit dem Plakat-Witzbold locker aufnehmen. Am gestrigen Mittwoch lehnte die DFL Kinds Antrag auf Ausnahmeregelung erneut ab, der Verein und Kind kündigten umgehend an, die Entscheidung rechtlich anzufechten. Was die Frage aufwirft: Was ist in Hannover in den letzten Jahren eigentlich passiert?
Die DFL sieht bei Kind keine maßgebliche Förderung
Kind ist seit 1997 Präsident von Hannover 96. Laut Ausnahmeregelung der DFL kann ein Investor die 50+1‑Regel umgehen und einen Verein zu mehr als 50 Prozent übernehmen, wenn er ihn seit mehr als 20 Jahren in erheblichem Maße fördert. Für Kind wäre 2017/18 also der Zeitpunkt gekommen, den Verein komplett zu übernehmen, indem er die Mehrheit der Anteile an der „Hannover 96 Management GmbH“ erwirbt.
Knackpunkt in Hannover: Die DFL sieht bei Kind keine maßgebliche Förderung. Bereits im Februar hatte Kind seinen Antrag auf Ausnahmeregelung ruhen lassen, bevor die DFL darüber entscheiden konnte, ihn Ende Mai aber wiederbelebt, weil er letzte Unklarheiten ausgeräumt sah. Die DFL lehnte nun trotzdem ab, laut offizieller Stellungnahme sei „das Kriterium der erheblichen Förderung als Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme von der 50+1‑Regel nicht erfüllt“.
Das Verhältnis zwischen Fans und Verein ist festgefahren
Bereits in der Vergangenheit wiesen diverse Gruppierungen, die Kind kritisch gegenüberstehen, darauf hin, dass von einer maßgeblichen Förderung nicht die Rede sein kann. Ohnehin scheinen die Verhältnisse in Hannover und das Verhältnis zwischen Fans und Verein festgefahren und unübersichtlich. Eine Übersicht über die 50+1‑Regel, wie und ob sie in Hannover Anwendung findet, gibt es hier. Auch ist das Konstrukt Hannover 96 an sich mittlerweile recht unübersichtlich, eine Erklärung gibt es hier.
Kinds Klageweg könnte nun vor dem Ständigen Schiedsgericht der Lizenzligen seine Fortführung finden, oder aber vor einem zivilen Gericht. Was sich dann zu einer Grundsatzfrage über die Zukunft von 50+1 auswachsen könnte. Kippt sie, weil sie das wirtschaftliche Handeln der Vereine irregulär einschränkt? Oder ist das Verbandsrecht von außen unantastbar? Die DFL hat dazu einen Prüfantrag beim Bundeskartellamt eingereicht, der die 50+1‑Regel bezüglich kartellrechtlicher Bedenken prüfen soll. Sicher ist eigentlich nur: Sollte das Kartellamt beschließen, dass die 50+1‑Regel unbedenklich ist, bliebe Martin Kind wahrscheinlich nur noch, „Nein, ist sie nicht!“ auf den Beschluss zu kritzeln.