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Vor der Saison 1977/78 war der große Paul Breitner von Real Madrid zu uns nach Braun­schweig gewech­selt. Vom ersten Tag an herrschte des­wegen eine Rie­sen­eu­phorie um unsere Mann­schaft. Alle wollten den Super­star mit der Natur­krause spielen sehen, wir wurden kur­zer­hand zum Mit­fa­vo­riten auf den Meis­ter­titel ernannt. Ein­tracht Braun­schweig war nun der Gejagte. Am ersten Spieltag reisten wir zum Außen­seiter 1. FC Kai­sers­lau­tern. Natür­lich brannte auf dem Bet­zen­berg die Luft. Die Stim­mung auf den Rängen war schon beim Warm­ma­chen der­maßen auf­ge­heizt, dass manch einer sich lieber wieder in den Mann­schaftsbus gewünscht hätte. Auch auf dem Rasen flogen von Beginn an die Fetzen. Beide Mann­schaften hauten auf den Gegner wie auf kaltes Eisen. Für uns lief aber alles nach Plan, denn Daniel Popi­voda brachte uns kurz nach Beginn der zweiten Halb­zeit in Füh­rung. Wir wollten den per­fekten Sai­son­start sichern und ver­tei­digten mit Mann und Maus. Doch in der 68. Minute pas­sierte es: Lau­terns Josef Pir­rung zog in Rich­tung Straf­raum und ließ sich plump fallen. Eine Schwalbe, dazu noch weit vor der Straf­raum­grenze. Wir drehten bereits ab, als plötz­lich der Pfiff von Schieds­richter Werner Bur­gers ertönte. Er gab tat­säch­lich Elf­meter! Eine Frech­heit!

Der Betze brennt

Auf den Rängen brach die Hölle los, wir Spieler stürzten pro­tes­tie­rend auf den Mann in Schwarz zu. Ich sehe noch Paul Breitner vor mir, wie er mit weit auf­ge­ris­senen Augen auf ihn ein­schreit, Franz Merk­hoffer und Wolf­gang Frank brüllten eben­falls so laut sie konnten. Auch ich wollte natür­lich meinen Senf dazu­geben und stürmte von hinten auf den Schiri zu. Wir waren wie ein Rudel gei­fernde Wölfe vor der hilf­losen Beute. Herr Bur­gers fühlte sich zu Recht bedrängt und trat die Flucht an. Er drehte sich hastig um, ich spürte noch etwas am Hals, dann gingen bei mir die Lichter aus. Klatsch, weg war ich. Als ich wieder auf­wachte, hörte ich wie durch Watte die Zuschauer toben. Ich öff­nete die Augen und blickte in ein besorgtes Gesicht. Was ist denn hier los“, fragte ich den fremden Mann über mir. Sie sind ohn­mächtig geworden. Wir sind in einem Kran­ken­wagen in den Kata­komben des Bet­zen­bergs.“ Ich hakte nach: Und wie steht’s?“ 1:1“, erwi­derte der Arzt. Hat der Sau­hund doch Elf­meter gegeben“, dachte ich bei mir. Der Arzt erzählte, dass Schiri Bur­gers mich tat­säch­lich mit einem Ell­bo­gen­check ins Reich der Träume geschickt hatte. Bei seiner Dre­hung hatte er mich offenbar direkt zwi­schen der Hals­schlag­ader und dem Kehl­kopf erwischt. Ein her­vor­ra­gender Treffer – wenn wir beim Kick­boxen gewesen wären.

Ich wusste nicht, dass Schieds­richter Spieler k.o. schlagen dürfen“

Im Kran­ken­haus erfuhr ich, dass wir zu allem Über­fluss auch noch 1:2 ver­loren hatten. Mein per­sön­li­cher Fehl­start in die neue Saison war somit per­fekt. Schieds­richter Bur­gers habe ich dann erst vor dem DFB-Sport­ge­richt wie­der­ge­troffen. Unser Heiß­sporn Paul Breitner hatte nach dem Spiel noch reich­lich Galle im Blut gehabt und einem Jour­na­listen gesagt: Ich wusste nicht, dass in Deutsch­land die Schieds­richter Spieler k.o. schlagen dürfen.“ Ein Eklat.

Zudem drängte mein Verein Ein­tracht Braun­schweig auf ein Wie­der­ho­lungs­spiel. Die Medien stürzten sich auf diese Geschichte, und so wurde der ganze Vor­fall viel schlimmer gemacht, als er am Ende wirk­lich war. Das Ergebnis: Das Spiel wurde nicht wie­der­holt, ich hatte eine leichte Gehirn­er­schüt­te­rung und durfte mir in den nächsten Wochen regel­mäßig dumme Sprüche von Mit- und Gegen­spie­lern anhören. Ach ja, Paul Breitner musste sogar 5000 Mark Strafe für seine Äuße­rung zahlen. Das hat ihn aber sicher nicht gejuckt, bei Real Madrid wird er schon das nötige Klein­geld ver­dient haben.