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Was immer der Pro­zess gegen Uli Hoeneß noch zu Tage bringen und wel­ches Urteil das Gericht am Ende fällen wird, für eines reicht die Phan­tasie nicht mehr aus: dass es für ihn noch eine Zukunft beim FC Bayern gibt. Inzwi­schen ist es nicht nur ange­sichts der bizarren Dimen­sionen des Falls unvor­stellbar, dass Hoeneß wei­terhin Prä­si­dent oder Auf­sichts­rats­vor­sit­zender des Klubs bleibt, der seinen Auf­stieg zu einem Welt­klub zu großen Teilen ihm ver­dankt. Früher hätte man viel­leicht alle Fünfe oder gar alle 27 Mil­lionen gerade sein lassen können, aber heute ist das kaum noch mög­lich. Die inzwi­schen am FC Bayern betei­ligten Kon­zerne haben zu strenge Vor­schriften ihren eigenen Mit­ar­bei­tern gegen­über, als dass sie diese bei Hoeneß lockerer aus­legen könnten.

So hatte die Frank­furter All­ge­meine Zei­tung“ bereits vor Pro­zess­be­ginn die Frage auf­ge­worfen, ob Hoeneß beim FC Bayern noch ein Macht­haber ist – oder schon ein Mas­kott­chen“. Die Ant­wort: Er hat sich ent­behr­lich gemacht.“ Das mag auf den ersten Blick wirk­lich so aus­sehen. Denn seit über vier Jahren ist Hoeneß nicht mehr Manager des Klubs, sein Nach­folger im November 2009 wurde mit wesent­lich weniger Kom­pe­tenzen aus­ge­stattet erst Chris­tian Ner­linger und dann Mat­thias Sammer. Damals wurde Hoeneß zum Prä­si­denten und in den Auf­sichtsrat gewählt, dessen Vor­sitz er ein halbes Jahr später über­nahm.

Powerk­om­mer­zia­li­sie­rung mit fami­liärem Geku­schel

Die Füh­rung des Ver­eins hat sich seitdem grund­le­gend ver­än­dert. Die drei von der Haupt­tri­büne, Rum­me­nigge, Hoeneß und Hopfner, bekannt von end­losen vielen Zwi­schen­schnitten bei Spielen des FC Bayern, gibt es als Tri­um­virat nicht mehr. Geblieben ist Karl-Heinz Rum­me­nigge als Vor­stands­vor­sit­zender der FC Bayern AG, der lang­jäh­rige Geschäfts­führer Karl Hopfner ist als stille Emi­nenz nur noch im Auf­sichtsrat und Hoeneß nun­mehr Prä­si­dent auf Abruf. Gefolgt sind ihnen glatte Profis, die kaum jemand kennt. Jan-Chris­tian Dreesen als Nach­folger von Hopfner kam von der Baye­ri­schen Lan­des­bank und war früher mal UBS-Deutsch­land­chef. Jörg Wacker, früher beim Wett­an­bieter bwin, soll als Stra­te­gie­vor­stand die Glo­ba­li­sie­rung des Klubs vor­an­treiben, der am 1. April in New York ein Büro eröffnen wird. Männer ohne Stall­ge­ruch, zu denen auch Mat­thias Sammer gehört, der zwar schon seit Jahren in Mün­chen wohnt, aber kei­nerlei Ver­gan­gen­heit bei dem Klub hat.

Damit hat der Klub seinen Weg ver­lassen, Powerk­om­mer­zia­li­sie­rung und fami­liäres Geku­schel mit­ein­ander zu ver­binden. Per­so­ni­fi­ziert hat den selt­samen Mix aus Eises­kälte beim Geschäft und Rück­sichts­lo­sig­keit bei der Durch­set­zung der eigenen Inter­essen mit echter Gefühls­du­se­lig­keit stets Uli Hoeneß. Genau das hat den FC Bayern gegen­über den übli­chen Geld­ma­schinen oder Olig­ar­chen­klubs des glo­balen Fuß­balls unver­wech­selbar gemacht. Es ist, wie man heute sagen würde, sein Mar­ken­kern.

Im Moment spielt die Rich­tungs­än­de­rung keine Rolle, weil die Bayern ihr Mia san mia“ dank Pep Guar­diola und eines phan­tas­ti­schen Spie­ler­ka­ders auf bis­lang unge­kannte Weise über­erfüllen. Aber wer greift ein, wenn es doch mal sport­liche Fehl­ent­wick­lungen geben sollte? Hoeneß hat seis­mi­sche Ver­wer­fungen früher oft als Erster erkannt und darauf nicht selten mit aller Härte reagiert. Im Moment ist nie­mand da, dem man diesen Instinkt zutrauen würde. Vor allem Mat­thias Sammer nicht mit seinem Talent für unglück­liche Aus­sagen.

Mehr noch wird Hoeneß aber als Wär­mepol im Verein fehlen. Rum­me­nigge ist eher ein kalter Macher, und sonst ist nie­mand mehr da, der die emo­tio­nale Seite des Klubs bedient. Ob als Manager, Auf­sichts­rats­vor­sit­zender oder Prä­si­dent, Uli Hoeneß war immer erster Fan des FC Bayern. Des­halb hat er sich oft genug sogar per­sön­lich mit Fans oder Ultras gestritten, wozu er sie gerne auch in sein Büro ein­be­stellt hat. Dann flogen die Fetzen, aber hin­terher war der Fami­li­en­frieden wie­der­her­ge­stellt. Und weil er die Fans auf dem nie­der­baye­ri­schen Dorf mit den Martin Win­ter­korns dieser Welt einte, hielt er den Verein zusammen. Hoeneß war stets sein Gesicht und mit­unter auch ein Alibi, dass sich doch gar nicht so viel ändert, wenn sich doch in Wirk­lich­keit vieles massiv änderte.

Aus dem FC Bayern wird die Deutsch­land AG

Nach Uli Hoeneß wird der FC Bayern ein anderer Klub werden. Im Auf­sichtsrat sitzt schon jetzt eine Art Deutsch­land AG aus Audi, VW, Telekom, Allianz und Adidas. Neben ihnen wirkte Bauch­mensch Hoeneß mit seinen wüsten Atta­cken, instink­tiven Ent­schei­dungen und seiner hem­mungs­losen Sen­ti­men­ta­lität wie aus der Zeit gefallen. Die Ära der Patrone im Fuß­ball scheint mit ihm end­gültig zu Ende zu gehen. Aber wie schwer sie sich beim FC Bayern damit tun, zeigte schon der Vor­lauf zu diesem Pro­zess, wo nie­mand im Verein von ihm lassen wollte.

Ange­sichts der gigan­ti­schen wirt­schaft­li­chen Vor­teile, die Hoeneß seinem Klub ver­schafft hat, wird das neue Zeit­alter nicht weniger erfolg­reich sein. Aber Fuß­ball bleibt ein emo­tio­nales Geschäft, und der Moment wird kommen, an dem die Bayern und ihre Anhänger Uli Hoeneß noch ver­missen werden.