Nach einer Saison ohne Niederlage wollten die Trainer der TuS Grünenbaum die Euphorie in der Mannschaft dämpfen. Dann gewann sie das Auftaktspiel in der Bezirksliga mit 22:0. Doch nun stehen sie trotzdem ohne Punkte da.
Das erste Spiel der Saison. Alles ist möglich, die Erwartungen sind hoch. Ein vorsichtiges Abtasten des Gegners, eine erste Standortbestimmung in der Liga. Die TuS Grünenbaum verlor bei ihrem Aufstieg in die Bezirksliga Nord kein einziges Spiel, die Spieler gingen selbstbewusst in die neue Saison. Zu selbstbewusst, fanden die Trainer und versuchten die Euphorie vor dem Anpfiff zu dämpfen. 90 Minuten später hatte ihre Mannschaft 22 Tore geschossen. Ihr Gegner, Fortuna Hagen, meldete die Mannschaft umgehend vom Spielbetrieb ab.
Als Aufsteiger war die neue Liga für die TuS Grünenbaum eine große Unbekannte. Das Trainerteam und die Spieler hatten die Vorbereitungsspiele ihres Auftaktgegners verfolgt. Drei Testspiele gegen Kreisligisten, alle drei verlor Fortuna Hagen. „Wir haben schon gemerkt, dass das bei denen nicht ganz so rund läuft, aber wir haben gedacht, die werden schon noch ein paar starke Spieler aus dem Hut zaubern“, sagt Tom Herberg aus dem Betreuerstab von Grünenbaum.
„Wie eine Hobby-Truppe“
Doch die starken Spieler kamen nicht. Zwar machte die Mannschaft beim Aufwärmen keine schlechte Figur, aber dass ihr Gegner nicht unbedingt konkurrenzfähig war, merkte Grünenbaum schon vor dem Anpfiff, weil Fortuna Hagen bei der Mannschaftsbesprechung die Türe offen ließ: „Das war echt unwirklich, das wirkte eher wie eine Hobby-Truppe als eine Bezirksliga Mannschaft. Da hieß es nur: ›Du spielst heute mal auf links und du schaust, dass du da nicht direkt daneben stehst‹“, so Herberg.
Es folgte ein Spiel auf ein Tor. Trotzdem dauerte es eine halbe Stunde, bis Grünenbaum zum ersten Mal traf. Danach brachen alle Dämme. 7:0 zur Pause, 15 Tore in der zweiten Halbzeit. Alle drei Minuten ein Tor. „Wir haben uns in einen Rausch gespielt. So ein Spiel habe ich noch nie erlebt – nicht mal im Jugendbereich“, sagte Herberg und fügte an: „Für uns war das alles unbegreiflich.“ Das Trainerteam hatte sich das erste Spiel nach dem Aufstieg anders vorgestellt: „Wir sind letzte Saison ungeschlagen aufgestiegen. Vor der Saison haben wir versucht den Spielern klar zu machen, dass das jetzt ne ganz andere Hausnummer ist und dann so ein Spiel“, sagt Herberg.
Besser als Amerikanisch-Samoa
Trotzdem mache er sich keine Sorgen, dass die Mannschaft jetzt komplett abhebt, das Ziel sei nach wie vor der Klassenerhalt: „Ich denke, die Spieler wissen, dass die nächsten Gegner etwas schwerer werden und wir nicht jedes Spiel so klar gewinnen können.“ Nach dem Spieltag stellte der Verein vier der fünf besten Torschützen der Liga, Ömer Yilmaz stand mit sechs Toren auf Platz ein. Doch keine 24 Stunden später hatte Fortuna Hagen ihre Mannschaft vom Spielbetrieb abgemeldet. Das Spiel wird nicht gewertet. Die Spieler seien jetzt ein wenig enttäuscht, dass sie nicht Tabellenerster sind und die Tore wieder vom Konto gestrichen werden, sagt Herberg.
Bei Fortuna Hagen hatten nach dem Klassenerhalt viele Spieler und auch der Trainer den Verein verlassen. Neue Spieler kamen nicht und so wurde die zweite Mannschaft schon in der Sommerpause zurückgezogen. Im Spiel gegen die TuS Grünenbaum spielte drei Altherrenspieler, einer 48, der andere 53. Hagen bietet ihren Spielern an, in der dritten Mannschaft weiterzuspielen. In der Kreisliga C‑2. Auf Facebook postete der Verein einen Appell: „Du bist Fortuna, wenn die Liga nur eine untergeordnete Rolle spielt.“ Doch allzu sehr sollten sich die Hagener wegen der Klatsche nicht geißeln. Selbst Nationalmannschaften verloren in Pflichtspielen schon höher als sie: Der pazifische Inselstaat Kiribati verlor 2001 gegen Fidschi mit 24:0, für die Cookinseln gab es in Tahiti ein 30:0 und Australien besiegte Amerikanisch-Samoa mit 31:0. Nebensächlich, dass Amerikanisch-Samoa weniger als ein Drittel der Einwohner von Hagen hat.