Trainingslager sind anstrengend und manchmal auch eintönig. St. Paulis Kapitän Fabian Boll schrieb ein Tagebuch über eine Woche in Österreich. Lest hier alles, was ihr immer schon über Herzblatthubschrauber, Baywatch-Zeugwarte und Guns ‚n Roses wissen wolltet.
Der folgende Text ist eine gekürzte Version der Tagebuch-Einträge auf Fabian Bolls Facebook-Seite. Lest am Mittwoch im zweiten Teil, was in den Tagen 5 bis 8 passierte.
TAG 1
Hallo Freunde! Herzlich Willkommen zu einer neuen Episode: „Das spannende Leben eines Fußball-Profis im Trainingslager“.
Heute war das letzte Mal Aufwachen im eigenen Bett angesagt. Vorfreude auf fremde Hotelbetten ist irgendwie anders! Bene (Benedikt Pliquett, Torwart, d. Red.): nichts gegen dich, aber es ist irgendwie schöner, neben meiner Frau aufzuwachen. Doch du bist in dieser Kategorie meine eindeutige Nummer Zwei!
Um die Mittagszeit machte sich der „Gute-Laune-Dampfer“ mit seiner Crew von Fuhlsbüttel aus zur Überfahrt nach Österreich auf. Von Salzburg dann flugs noch im Bus rüber ins Hotel Pichlmayrgut, unserem eigentlichen Ziel. Der Busfahrer begrüßte uns überschwänglich übers Bord-Mikro – ich glaube bzw. hoffe zumindest, dass er uns begrüßt hat, denn verstanden hab ich nichts davon, was er im feinsten Österreichisch von sich gab! Auch die Suche nach Videotext-Tafel 150 verlief erfolglos!
Ich kann mir nicht helfen, aber bei diesem Akzent muss ich notgedrungen immer an den jungen Reinhard Fendrich und die Sendung „Herzblatt“ denken: „Sie und ihre Begleitung fliegen mit dem HBH ins malerische Pichlmayrgut, wo Sie sich nach Herzenswünschen von Timo R. (Timo Rosenberg, Athletiktrainer, d. Red.) schleifen lassen und so auch ihren Partner bei den gemeinsamen Sport-Aktivitäten näher kennenlernen können“.
Bene, ein Traum! Ich freu mich! Du bist hier mein Herzblatt!
(Übrigens für die Unwissenden unter uns: „HBH“ ist natürlich die offizielle Abkürzung für Herzblatthubschrauber)
Unterhalten oder ein Buch lesen? Nix da!
Im Hotel angekommen dann erst einmal das reinste Chaos! Das W‑LAN funktioniert auf den Zimmern nicht. Und jetzt? Sich etwa unterhalten, Karten spielen oder sogar ein Buch lesen? Nix da!
So lange rumdoktern bis das Gedöns (zumindest bei Bene und mir auf dem Zimmer) endlich funktioniert! Dann kurz in die (neuen) Trainingsklamotten geschmissen! Sieht aber auch verdammt gut aus dieses freche Schwarz. Wenn diese roten Stutzen nicht wären, könnte man fast meinen, wir wären die legitimen Nachfolger von diesen „Jungs“ hier. Oder etwa nicht? Bitte? Was? Na, gut. Ich denke, wir sollten vorher lieber noch etwas an unserer Choreo feilen – aber ansonsten passt’s!
Knapp bekleidete Badegäste am Zaun
Pünktlich zum Training fing es an zu regnen. So ein Mist, könnte man jetzt meinen. Aber nein, weit gefehlt! Die Glückseligkeit übermannte mich förmlich, denn von unserem letztmaligen Aufenthalt wusste ich noch: Bei schönem Sommerwetter (wie damals) ist das unmittelbar an den Trainingsplatz angrenzende Freibad sehr gut besucht, was dann leider zur Folge hat, dass meist (äußerst) knapp bekleidete Badegäste sich dazu genötigt fühlen, mit Pommes und Cola eine kurze Verschnaufpause vom stressigen Bade-Alltag direkt am Zaun abzuhalten und sich dann der Beobachtung unseres Trainings hingeben!
Wenn man nun also auf der anderen Zaunseite seine Kraftübungen, Sprints, Zweikämpfe und Läufe absolviert und dann mit Puls 200 das unregelmäßige Wasserplatschen von nebenan hören muss, ist das eigentlich schon genug. Wenn dann aber der Pommes-Geruch und das Cola-Schlürfen noch hinzukommen langt es eindeutig! Insofern nochmal: DANKE Regen!
Mein persönlicher Dolmetscher
Nach Trainingsende dann ganz gemütlich mit Timo R. zurück zum Hotel! Die letzten Missverständnisse aus Husumer Zeiten wurden in diesem Siebeneinhalb-Minuten-Fußweg endgültig ausgeräumt! Der Beginn einer Freundschaft? Wenn der Trainingsplan der nächsten Tage so durchgezogen wird, wie er es bei unserem Gespräch durchblicken ließ, wohl eher nicht.
Dann kurz auf’s Zimmer, unter die Dusche und ab zum Abendessen. Und das war es dann auch schon fast. Denn nach’m Essen gab es noch eine kurze Teamsitzung. Die Wahlen zum Mannschaftsrat und des Captains standen an. Nun darf ich hier voller Freude und höchstexklusiv verkünden, dass ich (mit einem Wahlergebnis, wie es sich sämtliche Parteien dieses Erdballs nur wünschen – Ausnahme vielleicht damals die SED) in meinem Amt bestätigt wurde und Braun-Weiß auch diese Saison wieder aufs Feld führen darf! Hoffentlich etwas öfter als letzte Saison.
Da hier auch nicht ansatzweise ein Deich in der Nähe ist, fällt in dieser Woche der allseits beliebte morgendliche 7:30-Uhr-Lauf aus! Schade eigentlich, hatte diese spaßige Morgen-Aktivität doch in letzter Zeit so einiges an Spektakel zu bieten!
Euch allen erstmal eine erholsame Nachtruhe!
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TAG 2
Der Wecker klingelt heute erst um 8:15 Uhr! Das ist ja fast wie ausschlafen, dachte ich zunächst. Was ich allerdings nicht wusste: Der hoteleigene Weckdienst startet mit dem Rundruf aufs Zimmertelefon bereits um 7:35 Uhr! Danke dafür. Ist ja schließlich nicht so, dass hier jede Sekunde Schlaf zählen würde, um sich durch die unzähligen Einheiten zu manövrieren!
In Husum (beim vorigen Trainingslager, d. Red.) kam das zwar auch ab und an mal vor, aber das war eher unproblematisch, da das Zimmertelefon direkt neben dem Bett stand. Da reichte dann also ein kurzes „Anlupfen“ des Hörers im Halbschlaf, um wieder seine Ruhe zu haben! Um nun aber genau dem Unterfangen entgegenzuwirken, hat sich ein schlauer Mensch von der österreichischen Weckdienst-Mafia (anders kann ich es mir nicht erklären) gedacht, dass er die Telefonbuchse genau in die Ecke des Zimmers installiert, die am weitesten von meinem Bett entfernt ist.
„Die beruhigen sich irgendwann wieder!“
Nach den ersten fünf Mal Klingeln dachte ich zunächst noch: „Ach komm, die beruhigen sich irgendwann wieder!“ Aber der Weckdienst ist hier echt hartnäckig! Ich meine, ausgemacht zu haben, dass das Telefon ab dem zehnten Klingeln trotz Kissen überm Kopf etwas an Fahrt aufgenommen hat und auch im Unterton langsam aber sicher aggressiver wurde. Deswegen entschloss ich mich nach dem 15. Klingeln spontan dazu, quer durchs Zimmer zu schlurfen und den Hörer abzuheben. Man will ja dem oder der Anrufenden letztlich auch mal selbst seinen Respekt für dieses Durchhaltevermögen auf Champions-League-Niveau zollen!
Wer nun aber denkt, man wird bei Gesprächsannahme am anderen Ende der Leitung von einer netten Dame mit engelsgleicher Stimme begrüßt und gefragt, ob man gut geschlafen hätte, ob man bereit für einen sorgenfreien und erfolgreichen Tag sei oder ob frische Brötchen nebst duftendem Kaffee ans Bett gebracht werden dürfen, der kennt die hiesige Weckdienst-Mafia aber schlecht! Es gibt als Guten-Morgen-Gruß lediglich ein dumpfes und monotones „Tuut, Tuuuut, Tuuuuuuuut“! Na herzlichen Dank! Kann ein Tag schöner beginnen? Eher nicht.
Wendeläufe frei nach Sepp Herberger
Zum Training: Was soll ich Euch sagen? Timo R. hatte an der Einheit seine helle Freude. Mehr dazu bedarf es eigentlich schon nicht, aber zum besseren Überblick in Kürze:
Kraftübungen gepaart mit Sprints und Wendeläufen frei nach Sepp Herbergers Kicker-Almanach von 1954 „Meine schönsten Laufübungen“ . Zum Abschluss gab’s für die ohnehin schon aufgepumpten Propeller noch ein gepflegtes Vier-gegen-vier-Turnier auf zwei unterschiedlich großen Feldern gratis oben drauf!
Zumindest gewinnt meine Truppe mit Halste (Marcel Halstenberg, Abwehr, d. Red.), Okan (Okan Kurt, Mittelfeld, d. Red.) und jeweils einer Person aus der spielfreien Mannschaft in überzeugender Art und Weise mit einem Punkt Vorsprung! Der Hauptgewinn: Wir durften heute Abend als erstes zum Buffet! WOW! Früher gab’s auch mal ‚nen freien Morgen! Naja, der Schulle (Timo Schultz, Co-Trainer, d. Red.) ist jetzt halt auf die „dunkle Seite der Macht“ gewechselt. Er hat sich irgendwie verändert, denke ich mir meinen Teil.
Zu allem Überfluss war während des Trainings erstaunlich gutes Wetter, was konsequenterweise bereits nach wenigen Minuten die ersten Freibad-Freunde „von drüben“ auf den Plan rief. Zwar nicht mit Pommes und Cola bewaffnet – das wäre ja auch etwas zu viel des Guten, morgens um 10:30 Uhr – aber ein Eis durfte es dann schon sein! Ach, sei es ihnen gegönnt! Ich wäre genauso.
Nach circa zwei Stunden und 15 Minuten war die Einheit dann auch schon zu Ende! Durch nur eine Trainingseinheit wird der gestrige Schulterschluss mit Timo R. also quasi mir nichts dir nichts ad absurdum geführt! Und ich hatte so sehr gehofft, es könnte sich mehr zwischen uns entwickeln.
Nach dem Training dann noch kurz eine Abkühlung in den reißenden Fluten des angrenzenden und wirklich sehr kalten Flusses mitgenommen und dann war auch schon wieder Mittag und Kissenabdruck im Gesicht angesagt!
Nach’m Aufstehen und Anziehen der Trainingssachen kurz gewundert, wer die Steine eingenäht hat! Das Aufstehen fällt nach heute morgen tatsächlich schwer! Timo R. hat wirklich ganze Arbeit geleistet…
„Höhentrainingslager“ neben der Reeperbahn
Oder liegt es an der Höhenluft hier? Kann eigentlich nicht sein. In weiser Voraussicht – um uns an die Bedingungen hier vor Ort zu gewöhnen – hatten wir am Wochenende vor der Abreise nämlich noch extra ein mannschaftsinternes (nächtliches) „Höhentrainingslager“ am Hamburger Berg anberaumt! Es scheint – warum auch immer – seine Wirkung verfehlt zu haben!
Zum Nachmittags-Balltraining ging es dann mit dem Bus ins etwas weiter entfernte Schladming zum dortigen Sportplatz. Grund: bessere Platzverhältnisse! Zunächst hieß es noch wir bewältigen die Strecke mit dem Rad! Aber aus Respekt vor Mr. Pink kann ich gerade noch dahingehend einwirken, dass die Fahrt doch mit dem Bus absolviert wird! Ich wollte „Pinky“ nicht noch einmal hintergehen! Und schon gar nicht mit einem dieser neumodernen Mountainbikes wie sie hier zu haben sind.
Auf dem Platz wurde dann eher im defensiv-taktischen Bereich gearbeitet, während Timo R. sich den Verletzten (Dennis Daube und Flo Mohr) annahm und mit diesen und den unsäglichen Mountainbikes die schönsten Tour de France-Etappen der letzten 20 Jahre nachspielte! Ein besonderer Spaß für Groß und Klein – und besonders für den (dopingfreien!!!) Timo „Lance Armstrong“ R.
Nachwehen vom Schlager-Move?
Und jetzt lieg ich auch schon wieder im Bett (was auch sonst)!
Ein Wort noch zu meinem „Herzblatt“ hier: ich weiß ja nicht, was mit ihm genau passiert ist vor dem Trainingslager, aber anstatt mit der sonst typischen Best-of-Ibiza-Opening-House-Musik werde ich seit Neuestem mit Mary Roos und Vicky Leandros auf dem Zimmer empfangen!
Weiß da jemand mehr? Fange an, mir Sorgen zu machen! Vielleicht Nachwehen vom Schlager-Move.
Gute Nacht…
TAG 3
Gestern noch auf die Schnelle ein Brainstorming mit der zwölfköpfigen Task-Force „Weckdienst-Mafia“ einberufen! Nach stundenlangem Gedankenaustausch einen in meinen Augen genialen Plan ausgetüftelt. Ergebnis: Hörer vorm Schlafengehen einfach neben das Telefon legen! Es geht doch nichts über kreative Denker in den eigenen Reihen. Und das Beste daran: Es funktioniert auch noch!
Haben wir tatsächlich erst den dritten Tag? Erst ein Blick auf den Kalender hilft uns ansatzweise auf die Sprünge. Es dürfte zumindest Juli sein, ist die einhellige Meinung, was einige jedoch unter Verweis auf das zeitweilige Wetter bis zum Schluss vehement bestreiten!
Der Baywatch-Zeugwart
Das Highlight (ach, sorry: „Schmankerl“) des Trainings ist unsere Torhüter-Kombo, die zwei Bälle beim Torschuss über den Fangzaun jagt und zielgenau im angrenzenden Fluss versenkt! Das war zunächst noch nicht so spektakulär (obwohl: das muss man bei der Höhe des Fangzauns auch erst einmal schaffen), aber der darauffolgende Versuch, zumindest den ersten Ball noch unter Einsatz ihres Lebens irgendwie aus den reißenden Fluten zu bergen, war das Eintrittsgeld (im Freibad) schon wert!
Die Gesichtszüge unseres Zeugwarts Siggi K. (der Meister der Bälle) entgleisen darüber hinaus zusehends, als er die Flugkurve des Balles verfolgt, bis er letztlich im Wasser aufschlägt. Während unsere „Greifer“ allerdings beim zweiten Ball schon zeitig das Tempo rausnehmen und folglich sogar ganz aufgeben sowie sich in Gedanken bereits von diesem Geschoss verabschieden, will Siggi K. nochmal alles raushauen, was geht, um zumindest den zweiten Ball zu retten!
„Ich wollte nochmal alles raushauen, was geht, um zumindest den zweiten Ball zu retten!“, diktiert er später den Medienvertretern in ihre Notizblöcke! Ein Teufelskerl! Ich schwöre, ich habe einen 59-jährigen noch nie so schnell sprinten sehen.
Woran erinnerte mich Siggi in seinem roten Funktionsteam-Shirt dabei bloß? Ich weiß: es fehlte eigentlich nur noch die passende Baywatch-Boje, um das Gesamtbild abzurunden!
Guns ‚n Roses? Nie gehört!
Vor dem Mittagessen dann noch eine kurze Besprechung zum Spiel heute Abend gegen den österreichischen Pokalsieger und damit Europa-League-Vertreter aus Pasching. Im Besprechungsraum läuft zunächst noch ein wenig Musik: Guns ‚n Roses, „November Rain“. Schulle (Timo Schultz, Co-Trainer) nutzt die günstige Gelegenheit für ein kleines erheiterndes Quiz. Aufgabestellung: „Nennen Sie bitte Interpret oder wahlweise den Song-Titel.“ Was sich nun abspielt, ist ein wahres Dilemma! Erheiterung? NEIN, zumindest nicht bei mir!
18 der 25 im Raum anwesenden Personen haben nicht den blassesten Hauch einer auch nur ganz leisen Ahnung (um es mal gemäßigt auszudrücken)! Bei einigen schrubben sich die Synapsen zwar ‚nen Wolf, aber letztlich ebenfalls ohne zufriedenstellendes Ergebnis! Die meisten haben dieses Lied ohnehin noch nie gehört.
Der Raum hängt voller Fragezeichen. Ich gucke verschämt auf den Boden und nehme alle Kraft zusammen, um nicht in Tränen auszubrechen! „Ist das überhaupt Musik?“, wird dann auch noch überflüssigerweise gefragt. Aber Jungs. Hauptsache wir hören vor dem Spiel in der Kabine immer Musik wie im Autoscooter!
Ich weine mich in den Schlaf!
Um die Situation noch einigermaßen zu entschärfen, fragt Schulle schnell noch, ob denn bekannt sei, dass Deutschland mal zweigeteilt war. Kurzes aufgeregtes Getuschel in der Runde, dann nicken einige – wenngleich etwas fragend und irritiert schauend. Ich kann meine Tränen nicht zurückhalten. Was mache ich hier?
Ernüchtert geht’s zum Mittag und dann aufs Zimmer. Ich weine mich in den Schlaf!
Danach geht es dann zum Test nach Pasching! Nach 160 km und über zwei Stunden Busfahrt schäle ich mich und meinen Muskelkater aus dem Bus. Das Spiel ist in erster Linie ein Kampf gegen sich selbst! Vielleicht hätte ich den Bussitz nicht mit aufs Feld nehmen sollen. So fühle ich mich zumindest, als der Schiri zum Anpfiff ins Horn bläst. Letztlich langt es aber doch noch zu einem 0:0 (0:0) der besseren Sorte, wobei wir auch durchaus hätten gewinnen können! War eigentlich ganz ordentlich das Spiel, aber ob diese 90 Minuten meinem körperlichen Wohlbefinden entgegenkamen, wird sich wohl erst morgen beim Aufstehen zeigen.
Ich befürchte aber, das Gegenteil wird eintreten!
Ach übrigens: übermorgen geht’s dann geschmeidige 120 Kilometer nach Burghausen. Ich kann es kaum erwarten. Einfach toll diese Busfahrten…
TAG 4
…beginnt eigentlich noch mit Tag 3. Gegen 1:15 Uhr nachts strandet der Partybus endlich an der Hotelanlage!
Partybus? Jaja, richtig gelesen! Mein persönlicher Dank geht dabei im Speziellen nochmal an Flo Kringe, der für die zeitliche Überbrückung dieser ach so lustigen und kurzweiligen Ausfahrt sein Soundsystem mit in den Bus genommen hat. Durch seine gut sortierte Liedsammlung und seinen darüber hinaus auch noch extrem ausgefeilten Musikgeschmack ermöglicht er nicht nur mir eine Zeitreise zurück in die Jugend!
Nirvana und Co
Meine Tränen vom gestrigen Mittag sind so gut wie getrocknet, als Nirvana und Co vom Band laufen. Aber auch Vicky Leandros‘ „Ich liebe das Leben“ darf mittlerweile natürlich nicht fehlen! Unseren Mallorca-Fahrern sei dank. Die Stimmung kocht zeitweise über (zumindest im hinteren Teil des Busses). Liebe mitreisende U23-Fraktion (im vorderen Teil des Busses): DAS war bzw. ist Musik!
Zusammen mit Schachter (Sebastian Schachten) und Flo – teilweise gesellen sich auch noch Schnecke (Jan-Philipp Kalla, d. Red.), Gonni (Sören Gonther, d. Red.) & Bene (Benedikt Pliquett, d. Red.) hinzu – fliege ich textsicher durch die Lieder. Dieses Mal drehen sich die anderen Jungs irritiert zu uns um – ich nehme vereinzeltes Kopfschütteln wahr. Ach kommt, bitte…
Mir wird in dem Moment schlagartig klar, dass es dieses Jahr ein noch schwierigeres Unterfangen werden dürfte, einen gemeinsamen (Musik-)Nenner zu finden!
Pünktlich um 07:55 Uhr bricht der Klingel-Sturm über uns herein. Ich hechte geistesgegenwärtig zum Telefon, um das Übel gleich im Keim zu ersticken! Zumindest mein Herzblatt soll noch etwas schlafen können. Ich hingegen entschließe mich am besten gleich wach zu bleiben. So hab ich zumindest zwei Stunden für die morgendliche Vorerwärmung. Das könnte unter Umständen reichen.
Und wie es reicht!
Beim morgendlichen (regenerativen) Training stehen jeweils 20 Minuten laufen, stretchen mit Kräftigungsübungen und Fußballtennis auf dem Programm!
Die Fußballtennis-Demonstration
Was bei Letzterem folgt, ist eine Art Fußballtennis-Demonstration! Über dieses Match wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren noch gesprochen werden! Ich selbst werde es irgendwann mal meinen Kindern erzählen, und die werden es wiederum ihren Kindern erzählen usw. Wäre dieses Match aufgezeichnet worden, man hätte es getrost verpacken und unmittelbar als Lehrbeispiel an den DFB bzw. ÖFB verschicken können, denn „Alt“ mit Schulle, Fin (Fin Bartels), Nöthi (Christopher Nöthe, d. Red.) und mir deklassiert „Jung“ um Ziere (Philipp Ziereis, d. Red.), Robin (Robin Himmelmann, d. Red.), Okan und Gregerl nach Strich und Faden mit 24:11! Ach, was rede ich: Das war kein Deklassieren mehr, das war schon ein regelrechtes Ausradieren! Tja, wer uns mit mangelhaften Musik-Kenntnissen reizt, bekommt halt irgendwann die gerechte Quittung dafür!
Aber faire Sportsmänner wie wir „Alten“ nunmal sind, geben wir den mit hängenden Köpfen vom Centre-Court schleichenden Jungs noch ein aufrichtiges und ehrliches „Es kommen auch wieder leichtere Gegner“ mit auf den Weg! In ihren Augen zeichnet sich nun wieder ein wenig Hoffnung ab!
Der Rest des Tages ist eigentlich schnell erzählt, weil relativ ereignisarm! Erst wie gehabt ein wohliges Mittagsschläfchen, danach um 16:30 Uhr mit dem Bus nach Schladming zum Training. Dort wird heute ausnahmsweise mal ausschließlich (!) mit Ball trainiert. Eine willkommende Abwechslung für jede Fußballmannschaft.
Den Abschluss der Trainingseinheit bildet dann der allseits beliebte „Weitschuss-Contest“. Dabei hat jeder Spieler einen Ball, den er zunächst aus 40 Metern, danach aus 25 Metern sowie abschließend sowohl von der rechten als auch von der linken Eckfahne (in etwa) als Flugball ins Tor befördern muss, ohne dass der Ball zuvor vor der Torlinie aufkommt! In der Historie des FC St.Pauli gelang dabei bislang nur einem einzigen Spieler das perfekte Spiel (also vier Schüsse, vier Tore). Es ist kein geringerer als Ausnahmetechniker Ralph Gunesch. „Tja, war ja klar, wer sonst?“, mag sich das Publikum jetzt wohl denken. Er ist daher auch völlig zurecht (noch) das einzige Mitglied an der heimischen „Wall of Fame“.
Der Mitarbeiter des Monats
Heute gewinnt Lenny (Lennart Thy) zwar verdientermaßen, kann Ralle (Ralph Gunesch) aber auch nicht das Wasser reichen! Letztlich kosten ihn zwei Fehlversuche die Aufnahme an die „Wall“. Aber vielleicht reicht es ja zumindest für den Mitarbeiter des Monats. Ich trudele schließlich mit drei Fehlversuchen als guter Fünfter ins Ziel! Das war es dann auch schon wieder für heute. In diesem Sinne gute Nacht, Ihr da draußen!
Kurz vorm Einnicken sickert von der Task-Force noch eine Entscheidung durch: Es soll heute noch der Telefonstecker komplett aus der Buchse gezogen werden!
Bene vollzieht es. Tja, liebe Mafia, wie gefällt das?
…der Boller