Ein Bezahlsender, der mitverantwortlich an der Kommerzialisierung des Fußballs ist, strahlt eine Dokumentation über Ultras aus. Das konnte ja heiter werden.
„Die Kollegen auf der Arbeit, was die sich vorstellen… Da schüttel ich nur noch mit dem Kopf“, berichtet Alex Schulz, Fan und Ultra des FSV Mainz 05, in der Sky-Reportage „Fußball Ultras“. In der Dokumentation von Klaus Fiedler vor dem Freitagsspiel der Bundesliga sollte das zerfaserte Bild der Ultras erklärt und geradegerückt werden.
Das ist ein schnöder Titel unter dem alles hätte gezeigt werden können. Doch dem Bezahlsender Sky ist ohne größere Werbung ein beachtlicher Brückenschlag gelungen. Denn aus der knapp einstündigen Collage von Fans, Verbandsvertretern und Szenen der letzten eineinhalb Jahre ist ein neutrales Erklärstück geworden.
„Ein Versuch einer Annäherung“, lautet die von Fiedler ausgesprochene Maßgabe in der Einleitung für diesen Film. Dieser Satz steht vermutlich stellvertretend für die Kämpfe von Ultras wie Alex Schulz mit ihren Kollegen. Ein Ziel, an dem die großen Talkshows des Landes zwischen Maischberger und Plasberg noch vor einem knappen Jahr glorreich gescheitert waren. Und das soll jetzt funktionieren?
Der Film zeigt keinen langen historischen oder geografischen Abriss über die Begriffe Fanszene und Hooligans. Im Dialog mit Wissenschaftlern wie Sven Kathöfer (FH Dortmund) aus dem Forschungsprojekt „unter ultras“ kristallisiert sich schnell heraus: Die 25.000 Ultras in Deutschland stellen ein enormes Potential dar, das von humanen und zeitlichen Ressourcen geprägt ist, von dem so manches Jugendzentrum nur träumen mag. Doch schon an diesem Punkt endet die Dokumentation mit unnötiger Glorifizierung der Fanbewegungen. Vielmehr werden anhand der markantesten Stellen der letzten Monate die Meinungen über Pyrotechnik, Polizeigewalt und Platzstürmen gegenübergestellt. Nüchtern und leise darf sich so jeder zu Wort melden.
Ob BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke als augenscheinlicher Verfechter und Freund der Fans, DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig im teils entschuldigenden, teils verteidigenden Tonfall oder Innenminister Hans-Peter Friedrich, der sich über die aufkeimende Gewalt und die Entwicklung der Ultra-Bewegung stereotypisch „besorgt“ zeigt.
Das Image der Fanszenen wird mit diesem Film sicherlich aufpoliert. Ein Beispiel? Die aufgeblähte ZIS-Statistik (Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze) über die Gefahr in Fußballarenen wird anhand einer Zahlenrelativierung wie ein Ballon zerstochen. Die Einsatzstrategie der Polizei während des Ruhrderbys wird durch neutrale Augenzeugen bewertet und die Einseitigkeit der Medien kritisiert. Zugunsten der Ultras.
Und so gelingt dem Filmteam um Klaus Fiedler ein Lehrstück über die Krisenherde rund um die Fußballarenen der Bundesliga. Selbstverständlich löst er keines der aktuellen Problemthemen. Doch zumindest kann sich der Ottonormal-Fußballverbraucher ein differenziertes Bild beider Seiten machen, ohne maischbergerisches Gebrabbel und kriegsähnliche Polarisierung.
Alex Schulz und jedem anderen Blockgänger kann daher nur empfohlen werden, diesen Zusammenschnitt der verschiedenen Meinungen und kompetenten Erklärung den ahnungslosen Arbeitskollegen zu zeigen. Vielleicht verstehen sie anschließend.