Das Gericht des Norddeutschen Fußballverbandes hat einen Berufungsantrag des SV Babelsberg nach den Ausschreitungen im Derby gegen Energie Cottbus und einem haarsträubenden Urteil abgelehnt. Der Grund: eine Formalie.
Sie sind geschwungen und am Ende schnell abgehackt. Manchmal mit einer künstlerischen Betonung, einer Note, auf dem ersten Buchstaben. Im legasthenischen und pragmatischen Fall sind auch nur die Initialen zu erkennen. Vor Hotels campieren hunderte Fans, um ein paar von ihnen zu erhaschen. Dann heißt es, den lauwarmen Edding im richtigen Moment bereithalten und dann – zack! – Autogramm.
Es hätte keiner Kunst bedurft, damit der SV Babelsberg heute weniger Ärger hätte. Nur ein einziger Name auf einem Dokument. Und ob der überhaupt nötig ist, daran zerbrechen sie gerade die Klügsten ihre Köpfe.
Am 28. April war Energie Cottbus im Karl-Liebknecht-Stadion zu Gast gewesen. Dort, wo noch die betongegossenen Stehplätze das Bild regieren und auf den Werbebanden gerne mal eine Regenbogenfahne oder der Spruch „Refugees Welcome“ installiert werden. Ein bisschen alternativ, meistens romantisch.
Beigeschmack bei der Begründung
Mit der Romantik war es aber an diesem Nachmittag recht schnell Essig. Um es kurz zu machen, und den Hässlichkeiten nicht noch weiter Raum zu geben, Cottbus-Fans begannen Nazi-Parolen zu rufen und den Arm zum Hitlergruß zu strecken. Widerliche Symbole dort, noch widerlichere Sprüche hier. Die Folge: ein aufgebrachter Babelsberger Block, Leuchtraketen aus beiden Blöcken und Urteile des NOFV-Sportgerichts.
Doch die Urteile ließen Kopfschütteln beim neutralen Beobachter zurück. Während Cottbus mit 16.000 Euro und einem Geisterspiel in Verrechnung mit weiteren Vergehen in der Vergangenheit bestraft wurde, sollte auch Babelsberg 7.000 Euro zahlen. Der Grund laut Urteil: „Eine Person mit rotem Punkerhaarschnitt (rief) aus dem Babelsberger Fanblock in Richtung des Cottbusser Fanblockes: ›Nazischweine raus‹.“ Fad wird der Beigeschmack jedoch erst, weil im gesamten Urteil des Gerichts mit Vorsitz von Stephan Oberholz nicht mit einem Wort auf die widerlichen Parolen des Cottbuser Blocks eingegangen worden war.
Nun ist Deutschland ein Rechtsstaat, nicht benannt nach seiner versprenkelten politischen Gesinnung, sondern wegen der Verlässlichkeit, dass gültiges Recht auch durchgesetzt wird. Und ein jeder das Recht besitzt, ein Urteil anfechten zu können.
Sind die Hände gebunden?
Und genau das tat der SV Babelsberg. Allein: das übergeordnete Verbandsgericht wies den Antrag zurück. Aus formalen Gründen.
„Uns sind die Hände gebunden“, versichert der vorsitzende Richter Jürgen Lischewski, „wir müssen uns an das geltende Recht halten.“ Und das besagt: Anträge, die formal nicht richtig sind, dürfen gar überprüft werden. Seien die Urteile auch noch so verkehrt. Nur: war der Antrag überhaupt formal zu beanstanden?
„Nein“, sagt Archibald Horlitz, Präsident des SV Babelsberg 03. Sein Verein hatte den Berufungsantrag maschinell unterschrieben „Mit blauweißbunten Grüßen, SV Babelsberg 03 e.V. Vorstand“ und durch ein elektronisches, passwortgeschütztes Rechtspostfach verschickt. Den Richtern war das nicht genug. „Zu einem Antrag gehört ein Name. Jemand, der die Verantwortung trägt für das Geschriebene“, sagt Richter Lischewski. Also berichtete das Gericht dem Verein, dass sie erhebliche Einwände hätten, dass der Berufungsantrag formal richtig sei. Und fragten, ob Babelsberg ihren Antrag nicht freiwillig zurücknehmen wolle. Babelsberg wollte nicht. Also wiesen die Richter ab.