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Am Ende war der Text auch noch anti­se­mi­tisch, bezie­hungs­weise ganz kurz davor. Der Ham­burger Blog Vert et blanc“ wies darauf hin, dass Kritik wie die an der Leip­ziger Geschäf­te­ma­cherei eine Bedin­gungs­mög­lich­keit für jenen struk­tu­rellen Anti­se­mi­tismus“ sei, der auch und gerade im Fuß­ball immer wieder in offenen Anti­se­mi­tismus umschlägt!“ Zack, so schnell ist man Weg­be­reiter des Anti­se­mi­tismus. Geahnt hatten wir das aller­dings schon vorher. Twit­terer und RB-Fan Ross K.“ hatte schließ­lich schon zu Beginn der Dis­kus­sion eine rei­zende his­to­ri­sche Kon­ti­nuität aus­ge­macht: Die Ver­trei­bung der Juden aus dem Fuß­ball und ne Hetze gegen RBL in einem Heft“.

Viel Gezeter und viele Hin­weise
 
Ansonsten erwiesen sich die Reak­tionen aus Leipzig als wenig über­ra­schend. Viel Gezeter, viele Hin­weise auf den zuvor dar­benden Fuß­ball­standort Leipzig, viele schau­er­liche Schil­de­rungen der Zustände bei Lok und Chemie und beson­ders viele Hin­weise auf rund 2000 Men­schen, die wohl vor einem halben Jahr mal nach Lotte gefahren sind.

Wirk­lich auf den Text ein­gehen, auf die faulen Tricks des Kon­zerns, ins­be­son­dere aber auf die auf­ge­stellten Kri­te­rien für eine leben­dige und authen­ti­sche Fan- und Fuß­ball­kultur, wollte hin­gegen nie­mand. Stell­ver­tre­tend schrieb Mat­thias Kieß­ling vom Rote­brau­se­blog“ in den Kom­men­taren des Che­mieb­log­gers Bas­tian Pauly vom absurden Geschäft, defi­nieren zu wollen, was Fan­kultur sein darf und was nicht“. Warum es ein absurdes Geschäft ist, in einem Magazin für Fuß­ball­kultur über die Bedin­gungen eben dieser Kultur zu spre­chen, führte Kieß­ling nicht weiter aus. Die Begrün­dung wäre ziem­lich schnell ziem­lich dünn geworden, ist zu ver­muten.
 
Erstaun­li­cher als die Leip­ziger Reflexe, deren mit­unter ziem­lich bär­bei­ßiger Ton sicher auch der Schärfe des Ursprungs­ar­ti­kels geschuldet war, ist etwas anderes, näm­lich die Tat­sache, dass es im Jahr 2014 offenbar unmög­lich ist, Pro­jekte wie RB Leipzig zu kri­ti­sieren, ohne von vielen blind­lings ins Lager der unver­bes­ser­li­chen Tra­di­tio­na­listen ein­ge­ordnet zu werden, die am liebsten noch die Schweins­blase über den Acker treiben würden.

Wein­reich möchte ana­ly­sieren – oder auch nicht

Wer nicht eil­fertig in den Kanon ein­stimmt, dass RB Leipzig letzt­lich nur eine wei­tere Spielart des ohnehin all­ge­gen­wär­tigen Kom­merz­fuß­balls ist, gilt als ewig gest­riger Beton­kopf und Stich­wort­geber für Hard­liner aus der Ultra-Szene. Jens Wein­reich etwa seufzte via Twitter: Hach, wenn ich Zeit und Geld hätte, würde ich die ideo­lo­gi­sche Story gern mal ana­ly­sieren“. Als wir ihn ein­luden, diesen Vor­wurf der Ideo­logie mal zu begründen und ihm dafür das benö­tigte Honorar anboten, trat Wein­reich übri­gens blitz­schnell den Rückzug an: Keine Zeit und kein Inter­esse!“

Ähn­lich reagierte Spiel­ver­la­ge­rungs-Mas­ter­mind Tobias Escher, der eben­falls via Twitter gähnte: Das Thema RB Leipzig lang­weilt mich schon jetzt zu Tode.“ Es sei lang­weilig, ständig inhalts­gleiche Artikel zu lesen, die alle paar Wochen neu auf­ge­wärmt werden“. Eine inso­fern bemer­kens­werte Aus­sage, als sich Artikel wie der aktu­elle in 11FREUNDE auch bei eif­riger Suche in Pres­se­da­ten­banken weder in den letzten Wochen noch in den letzten Monaten finden lassen. Statt­dessen zahl­lose Kuschel-Repor­tagen wie jene von Claus Vetter im Ber­liner Tages­spiegel“, die bei genauerem Hin­sehen RB Leipzig dann irgendwie doch urst sym­pa­thisch finden.

Eschers Abnei­gung lässt sich dann doch eher mit einer Hal­tung erklären, wie man sie inzwi­schen häufig antrifft. Genervt vom in der Tat bis­weilen uner­träg­li­chen Gegen den modernen Fußball“-Geblöke, wie es in man­chen Kurven immer noch en vogue ist, wird der Fuß­ball der Moderne nahezu aus­schließ­lich in seinen posi­tiven Aspekte wahr­ge­nommen.

Dass es die in Fülle gibt und sie die Nach­teile weit über­wiegen, sollte unter den­kenden Fans eigent­lich nicht mehr dis­ku­tiert werden müssen. Erstaun­lich den­noch, dass die Moder­nisten dabei in exakt die gleiche Abwehr­hal­tung ver­fallen, die sie den Tra­di­tio­na­listen vor­werfen. Da wird dann auch ein Pro­jekt wie RB Leipzig ver­tei­digt, das in seiner erz­ka­pi­ta­lis­ti­schen Ver­wer­tungs­logik eigent­lich alles andere als modern ist. 

Köster insze­niert sich als Grals­hüter“
 
In Rein­kultur hat diesen Stel­lungs­krieg der Vert et blanc“-Blogger hin­be­kommen, der sich in seiner Replik tat­säch­lich zur Fest­stel­lung ver­steigt: Köster insze­niert sich als Grals­hüter einer Fan­kultur, deren Mini­mal­kon­sens der Hass auf alles Moderne ist!“ Wo genau sich dieser Hass im Artikel Bahn bricht, kann er nicht belegen. Es gibt ihn näm­lich nicht.

Was nur den Schluss zulässt, dass der Kol­lege vor seiner Ent­geg­nung weder den Artikel gelesen noch die 11FREUNDE-Bericht­erstat­tung der letzten Jahre ver­folgt hat. Künst­ler­pech, dass der ganze Artikel auf der ver­queren Annahme fußt, man habe es bei diesem Artikel mit einer fuß­bal­le­ri­schen Hass­pre­digt zu tun. Der Rest ist dann heiße Luft, gut getarnt durch auf­dring­li­chen Sozio­lo­gen­sprech und alt­grie­chi­sche Ange­ber­vo­ka­beln wie das au­to­ch­thone (Fan-)Sein“. Wie­viele der flei­ßigen Ret­weeter das wohl nach­ge­schlagen haben?
 
Man kann das auch so schlicht aus­drü­cken wie der ein­gangs erwähnte Ross K“: Der schrieb später: Foot­ball is for you and me, not for f*cking Fuss­ball­kultur-Pro­pheten“. So schaut’s aus.