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Nichts war vor ihm sicher. Alles umdrib­belte der kleine Junge mit dem Ball am Fuß: Gemü­se­kisten, Ton­krüge, Holz­körbe – ganz gleich, was sich ihm in den Weg stellte. Wenn der Nach­mittag über die süd­spa­ni­sche Klein­stadt Benal­ma­dena nahe Malaga her­ein­brach, mussten die Händler der Calle de las Flores ihre Waren schnell in Sicher­heit bringen. Wer es nicht recht­zeitig schaffte, musste mit den Kon­se­quenzen leben. Manchmal ging der ein oder andere Gegen­stand zu Bruch, lange böse konnte dem Kind aber nie­mand sein.

Zu auf­re­gend war das, was Fran­cisco Román Alarcón Suárez später auf dem zen­tralen Platz in der Stadt­mitte anstellte. Dort trafen sich die Kinder nach der Schule immer zum Fuß­ball­spielen. Fran­cisco, den alle schlicht Isco nannten, durfte anfangs nur mit­ma­chen, weil sich sein älterer Bruder für ihn ein­setzte. Das änderte sich schnell. Seine oft grö­ßeren Gegen­spieler umdrib­belte er wie vorher die klapp­rigen Gemü­se­kisten. Die Nach­barn applau­dierten. Isco, war der Lieb­ling der Leute.

Ich musste viel ein­ste­cken“

Daran hat sich bis heute nichts geän­dert. Inzwi­schen ver­zückt Isco nicht mehr nur seine Fans in Benal­ma­dena, die ganze Region Malaga jubelt ihm nun zu. Er ist der auf­ge­hende Stern des FC Malaga, dem Über­ra­schungs­klub, der Borussia Dort­mund zum Hin­spiel im Vier­tel­fi­nale der Cham­pions League emp­fängt.

An seine Zeit auf der Straße erin­nert sich Isco gern. Dort habe ich gelernt, was Fuß­ball aus­macht“, sagte er jüngst der spa­ni­schen Zei­tung El Pais. Ich musste viel ein­ste­cken, die anderen haben nach mir getreten, aber so lernte ich, mich durch­zu­setzen.“

Getreten wird immer noch viel nach ihm. Nicht wenige halten den 20 Jahre alten Offen­siv­spieler aktuell für das größte Talent des spa­ni­schen Fuß­balls. Fach­leute sehen in ihm den Nach­folger von Bar­ce­lonas Andres Iniesta, dabei ähnelt er von der Spiel­weise eher seinem heu­tigen Gegner Marco Reus. In der Offen­sive kann Isco bei­nahe jede Posi­tion spielen, im Laufe eines Spiels ist der quir­lige Angreifer mal auf den Außen­po­si­tionen und mal in der Mitte zu finden. In der Cham­pions League traf er drei, in der Pri­mera Divison acht Mal. Als Beloh­nung für seine starken Leis­tungen durfte der 20-Jäh­rige im ver­gan­genen Februar gegen Uru­guay sein Debüt in der spa­ni­schen Natio­nal­mann­schaft geben. Nach gut einer Stunde wurde er ein­ge­wech­selt. Raus­gehen musste dafür: Andres Iniesta. Natio­nal­trainer Vicente del Bosque ist von dem 1,77 Meter großen Angreifer über­zeugt. Abge­schlossen ist seine Ent­wick­lung aber noch nicht. Im Ver­gleich zu Marco Reus oder Mario Götze fehlt ihm die Kon­stanz. Isco ist noch nicht wie die beiden in der Lage, jede Woche Top­leis­tungen abzu­rufen“, sagt Pedro Luis Alonso von der Zei­tung Diario Sur.
Den Fans ist das egal, sie feiern ihn auch so. Für sie ver­kör­pert er trotz seiner fünf Jahre beim FC Valencia Hei­mat­ver­bun­den­heit und Iden­ti­fi­ka­tion. In Valencia kam Isco meist in der zweiten Mann­schaft zum Ein­satz, der Sprung ins A‑Team gelang nicht so richtig. Zu groß war die Kon­kur­renz, an David Silva, Juan Mata und David Villa gab es kein Vor­bei­kommen. Nach dem Abgang von Silva zu Man­chester City schien der Weg frei, doch der dama­lige Trainer Unay Emery war nicht wirk­lich von Isco über­zeugt. Ich schaue nicht im Groll zurück. In Valencia habe ich viel gelernt“, sagt Isco. Außerdem ermög­lichte mir der Klub die Rück­kehr in meine Heimat.“ Sechs Mil­lionen Euro über­wies Malaga im Sommer 2011 an Valencia. Dort dachte man erst, ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Davon kann inzwi­schen keine Rede mehr sein. Isco ist längst um die 25 Mil­lionen Euro wert.

Schnell stieg er zum Aus­häng­schild des Klubs auf. Der Junge aus der Region unter teuren Legio­nären – das kam an. Mit ihm hoffen die Fans auf eine erfolg­reiche Zukunft und Kon­ti­nuität. Vor allem von Letz­terem konnte in der jün­geren Ver­gan­gen­heit keine Rede sein. Seit Scheich Abdullah Al Thani aus Katar den Klub im Mai 2010 kaufte, herrscht hohe Fluk­tua­tion. Zuerst holte der neue Besitzer aller­hand inter­na­tional bekannte Namen für viele Mil­lionen Euro. Unter anderem kamen Martin Demi­chelis, Jeremy Toul­alan, Joa­quin oder Santi Cazorla. Al Thani wollte das his­to­risch unbe­deu­tende Malaga zur dritten Kraft in Spa­nien hinter Real Madrid und dem FC Bar­ce­lona machen. In der ver­gan­genen Saison wähnte man sich bereits auf dem Weg dorthin, Malaga qua­li­fi­zierte sich als Vierter erst­mals für die Cham­pions League, wo man in der Grup­pen­phase den AC Mai­land, Zenit St. Peters­burg und den RSC Ander­lecht hinter sich ließ. Im Ach­tel­fi­nale wurde dann der FC Porto durch ein 2:0 im Estadio La Rosa­leda aus­ge­schaltet. Dort sollte in naher Zukunft eigent­lich nicht mehr gespielt werden, ein neues Sta­dion und das größte Nach­wuchs­zen­trum Europas waren ange­dacht.

Malaga wurde zum Spiel­zeug

Davon will der Besitzer nicht mehr viel wissen, seines Spiel­zeugs ist der Geschäfts­mann längst müde. Im ver­gan­genen Sommer bot Al Thani den Klub zum Ver­kauf an, die Geld­zah­lungen stoppte er. Malaga konnte die hohen Gehälter nicht mehr stemmen und musste wich­tige Spieler wie Cazorla, José Rondon oder im Winter Nacho Mon­real ver­kaufen. Zwar kamen dafür unter anderem der aus der Bun­des­liga bekannte Roque Santa Cruz oder Javier Saviola, aber die haben ihre beste Zeit bereits hinter sich.

Mehr kann sich Malaga nicht leisten, der Verein ist ver­schuldet. Vor Al Thanis Über­nahme hatte der Klub gut 70 Mil­lionen Euro Schulden ange­häuft, das der neue Besitzer diese voll­ständig tilgte, ist ein Gerücht. Im Dezember belegte der euro­päi­sche Fuß­ball-Ver­band UEFA die Spa­nier im Rahmen des Finan­cial Fair­play mit einer Sperre, weil sie über ihren Mög­lich­keiten gewirt­schaftet hatten. Sollte sich Malaga in den kom­menden vier Jahren für einen inter­na­tio­nalen Wett­be­werb qua­li­fi­zieren, darf der Klub im ersten Jahr nicht teil­nehmen. Dagegen hat Malaga kürz­lich beim Inter­na­tio­nalen Sport­ge­richtshof CAS Ein­spruch ein­ge­legt, eine Ent­schei­dung dürfte aber nicht vor Juni fallen. Eine wei­tere Auf­lage Sei­tens der UEFA hätten die Anda­lu­sier laut eigener Aus­sage bereits erfüllt. Aus­ste­hende Zah­lungen ans Finanzamt, andere Ver­eine oder Mit­ar­beiter seinen begli­chen worden, ver­kün­deten die Ver­ant­wort­li­chen jüngst auf der Home­page des Ver­eins. Besser ist die finan­zi­elle Lage dadurch aber nicht.

Viel Geld würde nur Iscos Ver­kauf ein­bringen. Gegen einen Abschied seines talen­tier­testen Spie­lers wehrt sich aber Trainer Manuel Pel­le­g­rini. Nach dem Spiel gegen St. Peters­burg sagte der Chi­lene: Isco hat eine große Zukunft vor sich. Nie­mand weiß, wo seine Grenzen liegen. Wichtig ist nur, dass er in Malaga bleibt.“

Ohne den Jungen aus der Blu­men­gasse wäre das Pro­jekt FC Malaga wohl dem Ende geweiht.