Anfang Juli wurden Zdravko und Zoran Mamic, Präsident und Trainer von Dinamo Zagreb, verhaftet. Die Brüder sollen von einem System von Korruption und Untreue profitiert haben.
Es ist der Morgen nach dem großen Spiel, und Zdravko Mamic ist so zufrieden wie schon lange nicht mehr. Der Boss von Dinamo Zagreb sitzt in seinem Büro und liest die Zeitungen, die voll des Lobes sind über den Auftritt seiner Mannschaft vom Vorabend, an dem sie sich mit einem Sieg gegen den albanischen Vertreter Skënderbeu Korça für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert hat. Es ist ein doppeltes Glück: Dem Verein ist der Einzug ins Gelobte Land des europäischen Klubfußballs gelungen, und Zdravko Mamic ist wieder in Freiheit, vorerst jedenfalls.
Danach hatte es noch vor ein paar Wochen nicht ausgesehen, sportlich und auch sonst. Die Qualifikationsrunde hatte mit einem beschämenden Remis gegen Fola Esch aus Luxemburg begonnen. Zdravko Mamic kann sich gut an diesen Abend erinnern, denn er traf gerade rechtzeitig zum Anstoß im Maksimir-Stadion ein, nachdem er kaum zwei Stunden zuvor zusammen mit seinem Bruder Zoran und Damir Vrbanovic aus dem Gefängnis entlassen worden war. Zoran spielte in seiner aktiven Zeit unter anderem für Bayer Leverkusen und den VfL Bochum und ist heute sowohl Sportdirektor als auch Cheftrainer von Dinamo. Vrbanovic arbeitet beim kroatischen Fußballverband HNS, war aber früher ebenfalls ein hohes Tier bei Dinamo.
Korrupte Finanzbeamte
Das Trio ist von der USKOK – der Nationalen Behörde zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität – der Veruntreuung, Steuerhinterziehung und Bestechung angeklagt worden. Die Mamic-Brüder sollen sich an lukrativen Auslandstransfers persönlich bereichert und den Verein damit um mindestens 15 Millionen Euro geschädigt haben. Hinzu kommt eine mutmaßlich siebenstellige Summe, die mithilfe korrupter Finanzbeamter am Fiskus vorbeigeschleust worden sein soll. Nach elf Tagen in Untersuchungshaft wurden alle drei gegen Zahlung einer Kaution zunächst auf freien Fuß gesetzt. Zwar war der ursprüngliche Antrag aus Sorge vor der Beeinflussung von Zeugen abgewiesen worden, doch hatte ein Berufungsgericht diese Entscheidung gekippt.
Die Ermittlungen dauern derweil an. Die Staatsanwaltschaft versucht zu beweisen, dass die drei Männer ein ausgeklügeltes System entwickelt haben, bei dem beträchtliche Teile der Transfersummen zunächst bei den betreffenden Spielern und dann über Umwege auf den Konten der Mamic-Brüder landeten. Von den Machenschaften betroffen sind auch Stars wie Luka Modric von Real Madrid und Dejan Lovren vom FC Liverpool, die im Zuge der Untersuchung als Zeugen vernommen wurden. Darüber hinaus verwendeten die Mamic-Brüder offenbar vereinseigenes Geld, um geschäftliche Unternehmungen zu finanzieren – sowohl eigene als auch die dritter Personen, darunter eines hochrangigen HNS-Funktionärs.
Ihre Anwälte bestreiten übrigens nicht einmal, dass einige dieser Transaktionen stattgefunden haben, sondern lediglich, dass sie im juristischen Sinne verboten gewesen seien. Der Gedanke, vielleicht aus moralischen Gründen zurückzutreten, ist beiden zu keinem Zeitpunkt gekommen.
Einstündige Monologe auf Pressekonferenzen
Gewiss treibt die Brüder angesichts der unklaren Lage die Sorge um, was die Zukunft für sie bereithalten mag. Nach der Qualifikation für die Champions League waren sie aber einstweilen gehobener Stimmung. Zoran verschwand Sekunden nach dem Schlusspfiff in den Katakomben des Maksimir, um Zdravko zu herzen, wie er später berichtete. „Der Boss ist gut drauf“, erklärte derweil ein Angestellter des Klubs einem Reporter, der am Stadioneingang auf ein Statement wartete.
Dieses Statement kam ausnahmsweise nicht von Zdravko Mamic persönlich, der sich sonst keine Gelegenheit entgehen ließ, seine Sicht der Dinge kundzutun. Berüchtigt seine Pressekonferenzen, die bisweilen zu einstündigen Monologen gerieten, in denen er sich über die „Kommunisten“ in der Regierung und die „Medien-Mafia“ ausließ, die es allesamt nur darauf anlegten, ihn zu verleumden und einen „Genozid“ gegen ihn, seine Familie und Dinamo planten, nur weil er ein stolzer kroatischer Patriot sei, der keine Angst davor habe zu sagen, was er denke, während „sie“ nichts so sehr verachteten wie den Erfolg.