Vor dem Madrider Stadtderby bahnt sich Ärger bei den „Königlichen“ von Real an – wegen der konfusen Transferpolitik des selbstherrlichen Präsidenten Florentino Perez.
Carlo Ancelotti klang, wie ein Trainer eben klingt, wenn seine Mannschaft gerade 2:4 verloren hat. Und das nach einer 2:0‑Führung. „So kann es nicht weitergehen und so wird es nicht weitergehen“, sagte der Trainer von Real Madrid nach der ersten Saisonniederlage in San Sebastian. Hinter dem vermeintlichen Nullachtfünfzehn-Ausspruch steckte aber mehr.
Ancelotti hat tatsächlich die Nase voll. Nicht von seinen Spielern, sondern von Reals Präsident Florentino Perez, der dem Trainer das Leben mit seiner Einkaufspolitik in diesem Sommer noch einmal ein bisschen schwerer gemacht hat. Für 80 Millionen Euro kam Kolumbiens WM-Star James Rodriguez vom AS Monaco, etwas günstiger war Bayerns Toni Kroos (30 Millionen Euro) zu haben. Von Manchester United wurde Javier „Chicharito“ Hernandez ausgeliehen, ein Stürmer. Alle drei sind auf ihre Art großartige Fußballer und werden Reals Offensive beleben. Aber darum ging es Ancelotti nicht. Er hatte um keinen der Spieler wirklich gebeten. Madrids Trainer wollte einen anderen Spielertyp verpflichten: einen körperlich starken, athletischen defensiven Mittelfeldspieler, der für Luka Modric mitlaufen würde. Gemessen an dieser Aufgabe ist Kroos ist nicht der Richtige, aber Ancelotti ließ sich überzeugen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis war beim Deutschen einfach unschlagbar. Trotzdem ging es dem Trainer in erster Linie darum, das Gleichgewicht zwischen Künstlern und Rollenspielern besser auszutarieren. Auch bei den Außen- und Innenverteidigern sah Ancelotti Handlungsbedarf.
Özil wurde abgegeben – obwohl ihn sein Trainer behalten wollte
„Diesen Positionen schenkt Perez kaum Aufmerksamkeit“, sagt Diego Torres, der für die Zeitung „El Pais“ schreibt und zu den renommiertesten Journalisten in Spanien gehört, die über Real Madrid berichten. Von ihm erschien zuletzt ein Buch über die Ära Mourinho („Preparense para perder“ – zu deutsch etwa: „Die Vorbereitung der Pleite“). „Stattdessen werden bei Real seit Jahren die gleichen Spielertypen verpflichtet“, sagt Torres. Das seien entweder schnelle Außenangreifer wie Ronaldo, Bale und di Maria. Oder kreative offensive Mittelfeldspieler wie James, Kroos, Isco, Illarramendi, Modric oder Özil.
Ancelotti muss aus dieser Mischung, die keine ist, eine Mannschaft formen und nicht nur sportliche Interessen berücksichtigen. Erfahrung besitzt er in dieser Disziplin reichlich. Schon in der vergangenen Saison hatte der Italiener seine liebe Mühe mit dem Kader, holte aber das Beste raus. Wunschspieler wie Arturo Vidal wurden ihm nicht bewilligt, dafür musste er mit Isco und Asier Illarramendi haushalten, die er nie haben wollte. Mesut Özil dagegen wurde abgegeben, obwohl Ancelotti sich für den Deutschen stark gemacht hatte. Es ging zu wie auf dem Basar und der Trainer hatte immer das Nachsehen. Nach einigen Startschwierigkeiten gewann Real am Ende trotzdem den spanischen Pokal und die Champions League. Vor dem Hintergrund der Transferpolitik sind diese Titel gar nicht hoch genug zu bewerten.
Dem Präsidenten fehlte die Eleganz
So richtig glücklich war Perez aber trotzdem nicht. In der Ehrenloge bemängelte er angeblich die fehlende Eleganz im Spiel seiner Mannschaft. Statt der um die 70 Millionen Euro teuren Isco und Illarramendi spielte der Dauerläufer Angel di Maria und nach überstandener Verletzungspause auch noch Sami Khedira – Spieler, die beim Präsidenten nicht die allergrößte Wertschätzung genießen oder genossen.
Für Perez stehen in Sachen Aufstellung und Kaderzusammensetzung nur selten sportliche Aspekte im Vordergrund. Bleiben die teuren Neuzugänge auf der Bank, empfindet er das als geschäftsschädigend. Gerade durch James und Hernandez erhofft er sich eine Ausweitung der Südamerika-Geschäfte. Kroos und Modric sollen möglichst gemeinsam spielen, am besten mit Isco. Der Schönheit wegen.