Die fran­zö­si­sche Natio­nal­mann­schaft steht seit der WM 1998 im Mit­tel­punkt poli­ti­scher Debatten. Damals schwärmte man von ihrer inte­gra­tiven Kraft, bei der WM 2010 in Süd­afrika kippte das völlig. Bis heute hat sich die Équipe Tri­co­lore davon noch nicht wirk­lich erholt. Fré­déric Valin beschreibt in seinem langen Essay Zidane schweigt“ die Ver­bin­dungen von Fuß­ball und Politik in Frank­reich. Ein Auszug.

Für die extreme Rechte ist das Fiasko von Knysna (als die Spieler bei der WM 2010 streikten, d. Red.) ein Geschenk des Him­mels. Die Stra­tegen des Front National hätten sich ein paar Jahre zuvor nicht träumen lassen, wie schnell der Kon­flikt eska­liert. Es beginnt mit Malek Boutih, Vor­stands­mit­glied der Sozia­listen und Ex-Vor­stand von SOS Racisme, der moniert, alle Spieler ver­ständen sich zwar als Fran­zosen, reprä­sen­tierten aber nicht gemeinsam die­selbe Nation. Ein Sozia­list, der spricht, als wäre er ein Rechter. Als hätte der Front National schon immer recht gehabt.

Ganz Europa lacht über die Natio­nal­mann­schaft“

Es folgt Fin­kiel­krauts Auf­tritt: ein berühmter Phi­lo­soph, eher der Linken zuge­ordnet, kon­tro­vers, frei­lich, wobei mir das ein Syn­onym für eitel zu werden scheint. Jeden­falls: medial zu prä­sent, um immer dif­fe­ren­ziert zu sein. Bereits fünf Jahre zuvor hat er in einem Zei­tungs­in­ter­view mit Haa­retz beklagt, die fran­zö­si­sche Natio­nal­mann­schaft sei kei­nes­wegs ›black blanc beur‹, son­dern nur noch ›black black black‹, und ganz Europa lache dar­über.

Der Wider­spruch von damals wird ihn wohl ange­sta­chelt haben, denn nun bedient er sich lust­voll am Arsenal der klas­sen­be­wussten Ras­sisten. Er nennt die Mann­schaft einen Haufen Strolche“ („une bande de voyou“), der keine andere Moral kenne als die der Mafia. Mit Zidane habe man noch geträumt, heute aber kriege man das Kotzen ange­sichts dieser Gene­ra­tion Gesindel“. Es sei auch Zeit, die Zukunft dieser Mann­schaft nicht sol­chen arro­ganten und dummen Tage­dieben in die Hände zu legen. 

Ribéry als Schul­hof­schläger

Außerdem müsse man auch auf die eth­ni­schen und reli­giösen Zer­würf­nisse in der Mann­schaft reagieren, und dürfe nicht tatenlos zusehen, wie der Klas­sen­beste“ (gemeint ist der Mit­tel­feld­spieler Gour­cuff) aus­ge­schlossen werde. In einer Repor­tage geht L’É­quipe in die gleiche Rich­tung und stellt Ribéry als Schul­hof­schläger vor, vor dem sich der fein­füh­lige, gebil­dete Gour­cuff weg­ge­duckt habe: Anlass war, dass Gour­cuff im Spie­ler­tunnel wäh­rend eines Inter­views dem Mann­schafts­ka­me­raden Platz gemacht hatte, damit der durch­konnte.