12 Stunden lang „Sky Austria“ gucken – kann man das als Nichtösterreicher heil überstehen? Unser Autor machte den todesverachtenden Selbstversuch.
10:00 Uhr
Der Auftrag vom Chef: 12 Stunden lang „Sky Austria“ gucken. Und mich dabei selbst beobachten. Eine außerkörperliche Erfahrung also. Ob mich danach Demi Moore ins Leben zurückholt? Ghost – Nachricht von Dirk.
10:03 Uhr
Die erste Erkenntnis: Noch nie hatte ich so wenig Lust auf etwas. Rede mir mit gewollter Energie ein, ich sei ein Pionier, werde immerhin der erste mir bekannte Mensch sein, der länger als drei Sekunden „Sky Austria“ geschaut hat. An diesem Sender zappt man sonst bestenfalls mal auf der Suche nach deutschem Fußball vorbei. Wie an „Sonnenklar TV“. Und selbst das würde ich jetzt vorziehen.
10:10 Uhr
Freundlicher- bzw. unfreundlicherweise hat mir der Chef eine Kiste österreichische Kraftbrause bereitstellen lassen. Nach dem Konsum sollen ja manche Menschen aus der Stratosphäre hinabgesprungen sein. Und tatsächlich: Nach nur einem Schluck spiele ich mit dem Gedanken, mich aus dem Fenster im Erdgeschoss in den Vorgarten zu werfen. Skyfall Austria.
10:17 Uhr
Stehe nun mit einer Dose Brause am Fenster, beobachte ein Rhododendron und räsoniere: Was weiß ich eigentlich über den österreichischen Fußball? Versuche, Edi Glieders Antlitz zu imaginieren. Aber das Rhododendron ist stärker.
10:18 Uhr
Das Ergebnis meiner internen Nachforschungen: Ich weiß nichts über den österreichischen Fußball. Ja, gut, äh, ich sag mal: Ein paar Vorurteile kriege ich dann schon zusammen. Dass sie hier die Werbung nicht auf der Brust, sondern auf dem Arsch tragen, zum Beispiel. Aber ich bin ja angetreten, um diese Vorurteile zu zerschlagen, nicht wahr?
10:30 Uhr
Schon im ersten Einspielfilmchen die entsetzliche Wahrheit: Sie tragen die Werbung tatsächlich auf dem Arsch. Aber auch auf der Brust, dem Gemächt, den Schultern, dem Bauch, dem Rücken und noch mal dem Arsch. Wenn sie dürften, sie würden wahrscheinlich sogar mit Reklamekappen auflaufen. Wie Niki Lauda.
10:31 Uhr
Apropos Niki Lauda. Der sagte einst: „Der Kurs in Budapest ist fast wie Monte Carlo, nur ohne Monte Carlo.“ Und das Programm von „Sky Austria“ ist fast wie Spitzenfußball, nur ohne Spitzenfußball.
10:45 Uhr
Immerhin: Das Studio sieht genauso aus, wie ich es vom deutschen „Sky“ her kenne – wie eine Systemgastronomie in einer Mall irgendwo in Abu Dhabi. Bloß dass die Anwesenden aussehen wie die Mitglieder der „Ersten Allgemeinen Verunsicherung.“
10:50 Uhr
Ob ich das Abdriften in den Wahnsinn beschleunigen kann, indem ich „EAV“-Gassenhauer summe? „Ba-Ba-Banküberfall … Ba-Ba-Banküberfall … Ba-Ba-Banküberfall … Das Böse ist immer und überall!“ Noch ’ne Dose Brause? Immer. Prost, Dirk! Du lässt mich nicht im Stich, oder? Hallo? Dirk?
11:15 Uhr
Jetzt zeigen sie hier eine Aufzeichnung vom vergangenen Spieltag der Ersten Liga. Bei der Ersten Liga handelt es sich übrigens, wie sich ganz beiläufig herausstellt, nur um die zweithöchste Spielklasse. Der dreisteste Euphemismus seit 11FREUNDE. Sollte ich diese Einzelhaft hier überleben, werde ich vorschlagen, unser Heft in „NULL FREUNDE – Magazin für Isolationskultur“ umzubenennen.
11:21 Uhr
Mein Vorteil: Da ich mich bislang nicht die Bohne für die österreichische Liga interessiert habe, kenne ich die Ergebnisse noch nicht, obwohl sie schon eine Woche alt sind. Mein Nachteil: Spannung stellt sich trotzdem nicht ein. Dafür aber Verzweiflung. Immerhin: Ich empfinde noch etwas.